«Möchtest du, dass ich dich zum Arzttermin begleite?» oder «Soll ich für dich einkaufen gehen?»: Kleine Alltagshilfen wie diese können für Menschen, die in einer psychischen Krise stecken, enorm wertvoll sein. Denn sie geben ihnen das Gefühl, nicht alleine zu sein, wie Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, erklärt.
Ob nun in der Familie oder im Freundes- oder Bekanntenkreis: Die Unterstützung von Menschen in psychischen Krisen fängt schon viel früher an. Und zwar damit, als außenstehende Person Verhaltensänderungen zu erkennen und ernstzunehmen. Das können Häfner zufolge etwa der Rückzug von sozialen Aktivitäten sein, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit oder Schlafstörungen.
In Freundeskreisen droht der Bystander-Effekt
«In solchen Momenten ist es wichtig, nicht lange abzuwarten, sondern in einem ruhigen und privaten Moment das Gespräch zu suchen», rät Häfner, der ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau ist. Er warnt davor, dass sich gerade in Freundeskreisen schnell der sogenannte Bystander-Effekt entwickeln kann («bystander» engl. für Zuschauer): Alle verlassen sich darauf, dass schon jemand anders den Anfang machen wird - und am Ende sucht niemand das Gespräch.
Einsteigen kann man dabei mit Fragen wie «Ich habe bemerkt, dass du dich verändert hast, möchtest du darüber sprechen?» oder «Wie geht es dir wirklich?». Das gibt der betroffenen Person Raum, sich zu öffnen. Rückfragen signalisieren dabei ehrliches Interesse - das kann Betroffenen in so einer Situation guttun.
Warum Stille in Gesprächen auch hilft
Und wie geht man mit der Ratlosigkeit um, die sich einstellt, wenn der Freund oder die Freundin etwa von düsteren Gedanken oder unendlicher innerer Leere berichtet?
Häfner stellt klar: In so einer Situation geht es gar nicht darum, schnelle Lösungen oder Antworten zu finden. «Manchmal ist das einfache Zuhören die größte Unterstützung, die Angehörige geben können», so der Facharzt. «Dabei kann schon ausreichend sein, einfach nur präsent zu sein und die Stille auszuhalten.» Genau die kann nämlich dabei helfen, Gedanken zu sortieren - ohne den Druck, sofort Worte dafür finden zu müssen.
Freundinnen und Freunde können zwar bei psychischen Krisen Halt geben. Behandeln können seelische Erkrankungen aber nur Profis. Häfner rät daher, Betroffene sanft dazu zu ermutigen, Hilfe durch Psychotherapeutinnen und -therapeuten oder in entsprechenden Kliniken zu suchen.