Yoga ist längst mehr als ein Trend. Yoga hat sich in der westlichen Welt etabliert. Eine Bewegungslehre mit einer Vielzahl von möglichen Auslegungen wie Spiritualität, Meditation, Atemtechnik, Kräftigung, Schmerztherapie und Lifestyle.
Doch egal, ob jemand Yoga aus sportlichen, geistigen oder gesundheitlichen Gründen betreibt: Es ist auch ein riesiges Geschäft und hat Schattenseiten, wie Filmemacherin Franziska Mayr-Keber in der Dokumentation «Yoga – Lifestyle mit Nebenwirkungen» zeigt.
Für ihre Recherchen hat Mayr-Keber zahlreiche Gesprächspartner getroffen, die Einblicke in ihre jeweilige Vorstellung von Yoga geben. Zu sehen ist der 50-minütige Beitrag am Mittwoch (3. Juli) um 20.15 Uhr bei 3sat.
Menschen mit Yoga-Matte unter dem Arm sind zum alltäglichen Straßenbild geworden. Yoga-Bücher, Yoga-Kurse, Yoga-Kleidung, Yoga-Ausrüstung, Yoga-Schulen, Yoga-Urlaube: Mit der aus Indien stammenden Lehre verbinden viele Menschen eine Vorstellung von einem gesünderen, moderneren und zufriedeneren Leben. Yoga hat teilweise das Image eines Allheilmittels.
Von den gesundheitlichen Effekten berichten die Mediziner Holger Cramer aus Tübingen und Judith Schäfer aus Prien am Chiemsee. Die Ärztin behandelt einen Schmerzpatienten, der über positive Auswirkungen staunt. Niemals habe er sich vorstellen können, Yoga zu machen, bekennt er. Doch die Übungen täten ihm gut.
Beim Yoga nähmen die Menschen Haltungen ein, die sie aus dem Alltag nicht gewohnt sind. So würden andere Reize gesetzt, was wohltuend sei, sagt die Ärztin. Wichtig sei allerdings, die Übungen korrekt auszuführen, um keine negativen Nebeneffekte zu erleiden.
Yogalehrer und Influencer Marcel Clementi aus Tirol bietet Kurse an und will seinen Kunden dabei Yoga als Achtsamkeitsübung nahebringen. Ihm ist wichtig, dass es nicht nur für eine wohlhabende Bürgerschicht zugänglich und leistbar ist, sondern für jeden. Mit seinen Angeboten nimmt er vor allem Männer in den Blick, denn die hätten eher noch Hemmungen, sich an Yoga heranzuwagen.
Auch die britische Yoga-Expertin Nadia Gilani sagt, dass es eher von bestimmten Gesellschaftsschichten ausgeübt werde. Auch deshalb betrachtet sie den anhaltenden Yoga-Boom kritisch.
Wenn junge, elastische Frauen vor beeindruckenden Landschaften spektakuläre Posen einnehmen, sei das einschüchternd und ausgrenzend, findet sie. Yoga gleiche einem Leistungssport für Menschen ohne Geldsorgen. Zudem gingen die kulturellen Wurzeln des Yoga verloren, sagt Gilani und spricht von «kultureller Aneignung».
Kritisch verfolgt auch der Religionswissenschaftler Jens Augspurger die Yoga-Szene. Der Forscher hat selbst viele Jahre Yoga praktiziert und widmet sich inzwischen der Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs in Yoga-Schulen.
Dokumentarfilmerin Mayr-Keber besucht ein «Sivananda Zentrum» in Österreich. In der Gemeinschaft wird Yoga spirituell gelebt. Die Lehrenden tragen auch spirituelle Namen. Mantra-Singen für den Weltfrieden ist Teil des gemeinsamen Übens. Und gegen einen bereits gestorbenen Lehrer der Gemeinschaft in Indien gab es Missbrauchsvorwürfe.
Eher als Aerobic mit Achtsamkeitsübungen bietet eine junge Yoga-Lehrerin Kurse an: In ihrer Schule gibt es Yoga zu Popmusik und Discolicht. Es ist eine von vielen Yoga-Facetten.