Das Problem lässt sich gut in einem Vergleich von drei Zahlen ausdrücken. Weltweit betrachtet teilt sich die Wasser-Nutzung wie folgt auf: 10 Prozent entfallen auf Privathaushalte, 20 Prozent auf die Industrie und 70 Prozent auf die Landwirtschaft.
Die Landwirtschaft sei «deshalb auch hauptverantwortlich für die globale Wasserkrise». So bringen die Dokumentarfilmer Manuel Daubenberger und Felix Meschede schon nach wenigen Augenblicken die Aussage ihres Filmes «Wohin die Flüsse verschwinden» auf den Punkt. Ausgestrahlt wird er am Dienstag (9. Juli) um 20.15 Uhr auf Arte.
Wasser ist knapp, aber der weltweite Bedarf steigt exponentiell. Man spricht von «extremem Wasser-Stress», wenn in einer Region mehr als 40 Prozent des Wassers genutzt wird, was durch Niederschläge oder Flüsse verfügbar ist. Mittlerweile sind mehr als ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Flächen in wassergestressten Regionen, wie geschildert wird.
Manche örtlichen Planer versuchen, die Folgen abzumildern - und erreichen damit zuweilen das Gegenteil. Beispiel Ägypten: Dort hat die Regierung im Nildelta Betonkanäle ziehen lassen, damit Wasser mit möglichst wenig Verlusten die Siedlungen und Felder erreicht. Journalistin Nada Arafat schildert die negativen Folgen: «Der Boden wird nicht mehr ausgewaschen. Deshalb steigt der Salzgehalt. Außerdem sinkt der Grundwasserspiegel, weil das Wasser nicht mehr in den Boden eindringen kann.»
Landwirt Mohamed el-Gogary ist Kartoffelbauer in Ägypten. «Natürlich mache ich mir Sorgen. Wir sind ein Agrarland», sagt er. «Jeden Tag hören wir von Wasserproblemen, von Dürren und Wasserkrisen in anderen Ländern. Wir leiden unter Problemen bei der Bewässerung und einem Rückgang der Niederschläge. Das alles sollte uns sehr beunruhigen.»
Entlang von sechs Flüssen auf vier Kontinenten geht die Dokumentation der Frage nach, warum die existenzielle Ressource Wasser immer knapper wird und wer dafür die Verantwortung trägt. Ein Großteil des Süßwasserverbrauchs geht zum Beispiel in die Produktion von Futtermitteln. Übermäßiger Fleischkonsum ist also mitverantwortlich dafür, dass mächtige Flüsse wie der spanische Ebro oder der Colorado in den USA und Mexiko austrocknen. Große Agrarkonzerne verdienen unterdessen damit Milliarden.
Mit der Übernutzung von Wasser geht häufig auch die Verschmutzung dieser überlebenswichtigen Ressource einher. Europa hat seine schmutzigsten Industriezweige in Länder wie Indien ausgelagert. Etwa 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung geht auf die Textilindustrie zurück, wie die Doku vorrechnet. Der Film gewährt seltene Einblicke in die indischen Fabriken und das Leben entlang ihrer Abwässer.
Doch die Arte-Doku zeigt nicht nur Probleme auf, die Macher treffen auch Menschen mit Lösungsansätzen: In Frankreich werden Staudämme abgerissen, um Flüsse wiederzubeleben, in einer ägyptischen Oase experimentieren die Bewohner mit Hydrophonik, also Anbau im Wasser, ohne Erde. Und in Indien nutzt der sogenannte Wassermann eine jahrtausendealte Technik, um mitten in der Wüste Flüsse wieder fließen zu lassen, die Jahrzehnte ausgetrocknet waren. Zeichen der Hoffnung.