Von Yoga über Meditation bis zu der indischen Heilkunst Ayurveda – bundesweit bietet ein gemeinnütziger Verein aus Nordrhein-Westfalen hierzu Kurse, Ausbildungen und Seminare an. Mitglieder des Yoga Vidya e.V. leisten als sogenannte Sevaka spirituelle Dienste. Dass sie dafür teils Anspruch auf Mindestlohn statt nur Taschengeld haben, entschied das Bundesarbeitsgericht im vergangenen Jahr in zwei Fällen. Der Verein legte dagegen Verfassungsbeschwerden am Bundesverfassungsgericht ein – und scheiterte.
Wie das Gericht mitteilte, nahm der Karlsruher Senat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung an. Sie würden den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht gerecht und es fehle an einem Annahmegrund, hieß es zur Begründung. Die Entscheidungen seien nicht anfechtbar. (Az. 1 BvR 2244/23; 1 BvR 2231/23)
Priesterin gewann Klage in Erfurt
Am höchsten deutschen Gericht wollte Yoga Vidya sich gegen zwei Urteile aus Erfurt wehren. Das Bundesarbeitsgericht hatte im April 2023 unter anderem entschieden, dass eine ehemalige Priesterin aus dem Verein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn statt nur ein Taschengeld hat. Die damals erfolgreiche Klägerin - eine Juristin und geweihte Priesterin mit der Befähigung, bestimmte Rituale zu vollziehen - war von 2012 bis 2020 Mitglied des Yoga Vidya. Als Sevaka war sie nach eigenen Angaben 42 Stunden die Woche etwa in der Seminarplanung und im Onlinemarketing tätig. Sie war gesetzlich sozialversichert, erhielt Unterkunft und Verpflegung gratis sowie ein Taschengeld.
Der Erfurter Senat entschied, die Klägerin habe weder als Vereinsmitglied noch als Mitglied einer weltanschaulichen Gemeinschaft, sondern als Arbeitnehmerin Dienste erbracht. Ihr stehe Mindestlohn zu, weil sie weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit geleistet habe (Az. 9 AZR 253/22). Ähnlich ging auch die Klage eines zweiten Mitglieds des Ashrams aus (Az. 9 AZR 254/22).
Grundrecht auf Religionsfreiheit?
Yoga Vidya sah durch die Urteile des Arbeitsgerichts sein Recht auf freie Religionsausübung verletzt. Der Verein sieht sich als «spirituell-religiöse Gemeinschaft». Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur, man erhoffe sich, dass der Karlsruher Senat den Verein als Religionsgemeinschaft behandeln und den gemeinnützigen Seva-Dienst als religiöse Handlungen und nicht als Arbeit bewerten würde. «Wir möchten unseren Glauben uneingeschränkt und im Einklang mit dem deutschen Recht leben können.»
Ob die Annahme des Bundesarbeitsgerichts, dass es sich bei dem Verein nicht um eine Religionsgemeinschaft handelt, mit der im Grundgesetz verankerten Glaubensfreiheit vereinbar ist, könne offen bleiben, entschied nun das Bundesverfassungsgericht. Schließlich sei weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die von den Klägerinnen geleisteten Dienste zur Aufrechterhaltung des Beherbergungs- und Seminarbetriebs und des Vertriebs von Yoga-Produkten, um die es hier ging, für sich genommen religiös geprägt waren.