Der oscarprämierte Regisseur Orlando von Einsiedel („Die Weißhelme“) lässt in Die verlorenen Kinder die Hauptakteure der dramatischen Rettungsaktion zu Wort kommen, die 2023 die kolumbianische Öffentlichkeit wochenlang in Atem hielt. Entstanden ist ein faszinierender Dokumentarfilm, der nicht nur das wundersame Überleben der vier Kinder zeigt, sondern auch die Brutalität des Dschungels und die Naturverbundenheit der indigenen Bevölkerung.
Die wahre Geschichte hinter Die verlorenen Kinder erstreckt sich nicht nur über die 40 Tage des Überlebenskampfes im Dschungel. Auch die dramatischen Nachwirkungen der tragischen Ereignisse spielen eine wichtige Rolle.
Die verlorenen Kinder: Die wahre Geschichte zur Netflix-Doku
Am 1. Mai 2023 stürzt im Süden Kolumbiens eine Cessna 206 in den Dschungel. Der Pilot Hernando Murcia Morales und Herman Mendoza Hernández, ein Anführer einer indigenen Gruppe, kamen bei dem Absturz ums Leben. Das Flugzeug war auf dem Weg von Araracuara ins 350 Kilometer entfernte San José del Guaviare. Um 7:34 Uhr setzte der Pilot wegen eines Motorschadens einen Notruf ab, danach brach der Kontakt ab. Sofort eingeleitete Rettungsmaßnahmen der kolumbianischen Luftwaffe bleiben erfolglos.
Währenddessen spielt sich im Dschungel eine Tragödie ab. Magdalena Mucutuy Valencia hat den Absturz schwer verletzt überlebt. Auch ihre vier Kinder sind am Leben, aber im Gegensatz zu ihrer Mutter so gut wie unverletzt. Vier Tage lang kämpft Magdalena ums Überleben, doch sie verliert: Am 5. Mai sagt sie ihrer ältesten Tochter Lesly (13), sie solle mit ihren drei Geschwistern die Unfallstelle verlassen und Hilfe holen. Kurz darauf stirbt sie. Der genaue Todeszeitpunkt ist unbekannt. Die vier Geschwister sind nun auf sich allein gestellt – traumatisiert, aber am Leben. Lesly ist mit 13 Jahren die Älteste, gefolgt von Soleiny (11) und Tien (6). Die Jüngste ist Cristinique. Sie ist erst elf Monate alt.
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Der entscheidende Vorteil der Kinder
Die Herausforderung ist gewaltig. Denn im kolumbianischen Dschungel lauern viele Gefahren: Giftige Schlangen und Spinnen, Moskitos und sogar Jaguare verstecken sich im Dickicht. Aber die vier Kinder haben einen Vorteil. Sie gehören zum indigenen Volk der Witoto, auch Uitoto und Huitoto genannt. Die Angehörigen dieses Volkes bezeichnen sich selbst als Komini.
Schon von klein auf lernen die Uitoto, im Dschungel Essbares zu finden. Dieses Wissen haben auch die vier Kinder. Als Älteste übernimmt Lesly die Führung. Sie leitet die Kinder nach dem Tod der Mutter auf der Suche nach Hilfe in den Dschungel. Bei sich tragen sie zwei kleine Taschen mit Kleidung, ein Handtuch, eine Taschenlampe, zwei Handys, eine Musikbox und eine Wasserflasche. Außerdem haben sie Fariña, oder auch Maniok-Mehl genannt, dabei. Davon ernähren sie sich hauptsächlich.
Mit der Wasserflasche sammeln sie Trinkwasser. Lesly füttert Cristinique mit der übrig gebliebenen Babymilch. Nachts verstecken sie sich in hohlen Baumstämmen, in der Hoffnung, nicht von wilden Tieren oder Mitgliedern der kolumbianischen Guerillaorganisation FARC entdeckt zu werden. Sie ernähren sich von Früchten und verschiedenen Samen. Zwischendurch feiern sie sogar den ersten Geburtstag von Cristinique. Wenn sie nach einer Pause weiterziehen, hinterlassen sie absichtlich Spuren, damit mögliche Retter:innen sie finden können.
Die Suche nach den Kindern beginnt
In der Zwischenzeit suchen die Helfer:innen fieberhaft nach dem Flugzeug und den Insassen. Erst 15 Tage nach dem Absturz werden das Wrack und die drei Leichen gefunden. Von den Kindern fehlt jede Spur. Dennoch besteht die Hoffnung, dass sie überlebt haben, wenn sie sich von der Absturzstelle entfernen konnten.
Deshalb wird die Suche intensiviert. Soldat:innen werfen Proviant im Dschungel ab, in der Hoffnung, dass sich die Kinder davon ernähren können. Nachts wird die Suche mit Fackeln erleichtert. Dazu sind viele Retter:innen mit Lautsprechern ausgestattet. Diese spielen eine Nachricht der Großmutter ab, die den Kindern sagt, dass sie an einem Ort bleiben sollen.
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Doch die Kinder sind unauffindbar. Dabei sind ihnen ihre Retter:innen inzwischen so nah. Die Kinder hören Stimmen und sehen Bewegungen im Urwald. Aus Angst vor Bestrafung verstecken sie sich vor den Fremden. Irgendwann treffen sie sogar auf einen Suchhund namens Wilson, der zwei Tage nach der Entdeckung der Absturzstelle den Suchmannschaften entlaufen ist. Wilson begleitet die Kinder mehrere Tage, verschwindet dann aber wieder. Bis heute fehlt jede Spur von ihm.
Das emotionale Ende der 40-tägigen Suche
Über 150 Soldat:innen nehmen an der Suche teil. Viele Angehörige der indigenen Bevölkerung schließen sich an. Zeitweise sind über 200 Personen aktiv. Auch Manuel Ranoque, der Vater der beiden jüngsten Kinder, beteiligt sich an der Suche. Die kolumbianische Öffentlichkeit verfolgt die Rettungsaktion mit großer Anteilnahme. Selbst Präsident Gustavo Petro äußert sich regelmäßig zum Stand der Suche. Aber die Hoffnungen schwinden. Immer mehr Helfer:innen werden abgezogen.
Dann ist es endlich soweit: Am 9. Juni 2023, 40 Tage nach dem Absturz, werden die vier Kinder rund fünf Kilometer von der Unglücksstelle entfernt gefunden. Alle sind völlig erschöpft. Sie müssen per Hubschrauber geborgen werden.
Die wahre Geschichte hinter Die verlorenen Kinder: Der aktuelle Stand
Die vier Kinder werden in ein Krankenhaus in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá gebracht, um sich dort zu erholen. Sie sind abgemagert, dehydriert und erschöpft, ansonsten aber gesund. Nach einigen Tagen beginnt Lesly von ihrer Zeit im Dschungel zu erzählen. Erst jetzt wird die Tragik des Unglücks deutlich. Denn bis jetzt waren die Helfer:innen davon ausgegangen, dass die Mutter der Kinder beim Absturz ums Leben gekommen war und nicht erst Tage danach. Präsident Petro gibt ein emotionales Statement ab:
Sie sind Kinder des Dschungels, und jetzt sind sie auch Kinder Kolumbiens.
Doch die wahre Geschichte hinter Die verlorenen Kinder geht noch weiter und nimmt eine düstere Wendung: Es entbrennt ein Streit um das Sorgerecht für die Kinder. Die Großeltern der Kleinen wollen sie zu sich holen, doch Manuel Ranoque, der Vater der beiden jüngsten Kinder, beansprucht das Sorgerecht für seine leiblichen Nachkommen. Allerdings erhebt der Vater von Magdalena Mucutuy Valencia, Narciso Mucutuy, schwere Vorwürfe der häuslichen Gewalt gegen Manuel Ranoque. Er darf seine Stiefkinder Lesly und Soleiny zu diesem Zeitpunkt nicht sehen.
Einige Monate nach der Rettung wird Manuel Ranoque verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, seine Stieftochter Lesly jahrelang sexuell missbraucht zu haben.
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Das ist das vorerst letzte Kapitel der wahren Geschichte hinter Die verlorenen Kinder. Ein Jahr nach der Rettung befinden sich die Kinder in staatlicher Obhut. Über den aktuellen Stand des Verfahrens gegen Manuel Ranoque gibt es keine verlässlichen Informationen. Es wird also noch eine Weile dauern, bis alle Beteiligten endgültig mit dem Unglück abschließen können.
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