Ein Obdachloser erzählt, er sei ein außerirdischer Superheld ohne Superkräfte. Ein Jugendlicher glaubt ihm. Plötzlich finden sich alle Beteiligten im Fokus der organisierten Kriminalität wieder. Wir hatten Spaß mit „Archenemy“ trotz der Ecken und Kanten, die der Actionfilm hat – oder gerade deswegen? Das erfährst Du in der featured-Filmkritik zu Archenemy!
Wenn Du einen Marvel-Blockbuster suchst, solltest Du Dich woanders umschauen. Archenemy ist kleines, fast schon intimes Indie-Kino und reitet sattelfest durchs Gemüsebeet des Genrefilms – von Action über Sci-Fi bis Mystery. Und wir steigen gerne auf.
Max Fist: Der Held von Chromium
Hamster (Skylan Brooks) will für ein trendiges Online-Magazin schreiben. Auf der Suche nach der perfekten Story findet er einen abgewrackten Trinker, der sich selbst Max Fist (Joe Manganiello) nennt und eine aberwitzige Geschichte erzählt: Früher war Max ein intergalaktischer Superheld und beschützte das Reich Chromium. In einem dramatischen Gefecht gegen seine Erzfeindin Cleo Ventrik (Amy Seimetz) wurde er in eine parallele Dimension und auf die Erde geschleudert. Dabei verlor er all seine Superkräfte.
Hamster will diese abgefahrene Geschichte glauben. Vor allem, weil sich Max auch ohne Superkräfte wie ein Held benimmt. Zum Beispiel legt er sich mit dem lokalen Drogensyndikat an. Dabei zieht er die Aufmerksamkeit eines mysteriösen Dealers auf sich, der nur „Der Manager“ (Glenn Howerton) genannt wird.
Aber ist Max wirklich ein kraftloser Superheld oder einfach nur ein sehr verzweifelter Obdachloser?
Ein bisschen B-Movie, Retro-Stil und die Action-Blaupause
Für Regisseur und Autor Adam Egypt Mortimer ist Archenemy bereits der dritte Film, der pure Retro-Vibes mit B-Movie-Charme auf den Bildschirm bannt. In dem Streifen treffen ein körniges Bild, plakative Gear-up-Montagen und überholte Action-Charaktere auf oft nicht so glaubwürdige Effekte. Gekrönt wird das von den pumpenden Synthesizer-Beats von Electro-Künstler Umberto. Da ist es kein Wunder, dass Archenemy das Publikum eigentlich nur spalten kann.
Obendrauf drängt sich folgender Gedanke auf: kenne ich die Geschichte nicht schon? Denn hinter der Maske dieses vermeintlichen Superheld:innen-Films, läuft ein recht simples Szenario ab, das Du womöglich zig mal gesehen hast. Ein verbitterter Held beschützt Unschuldige vor dem Drogenmob. Das ist die Blaupause zahlreicher Actionfilme wie „The Equalizer“ oder der Marvel-Figur „Punisher“. An diesen erinnert Archenemys Protagonist Max Fist übrigens mehr als einmal. Wir unterstellen mal Absicht.
Leere Straßen, aber eine starke Atmosphäre
Auf der andere Seite überzeugt Archenemy mit einer Intimität, die vielleicht in den Grenzen des Budgets wurzelt: Kaum Menschenmengen, leere Hinterhöfe, verlassene Wohnungen, lange Einstellungen, manchmal auch Leerlauf oder Platzhalter-Dialoge. Da drängt sich uns der Gedanke auf, ob nicht womöglich schon 80 Minuten reichen würden, um die Geschichte zu erzählen – vielleicht wären aber auch zwölf Episoden zu kurz. Soll heißen: Die einzelnen Elemente der Geschichte sind absolut austauschbar, inklusive der Hintergrundgeschichte vom außerirdischen fliegenden Superhelden, der Max einmal gewesen sein will. Aber so wie sie Regisseur Adam Egypt Mortimer arrangiert, machen sie Lust auf mehr.
Dazu trägt auch der Cast rund um Hauptdarsteller Joe Manganiello („Justice League“, „Magic Mike“) bei. Newcomer Skylan Brooks („Unsolved“) als Hamster und Zolee Griggs („Wu-Tang: An American Saga“) als dessen Filmschwester Indigo liefern immer wieder ordentliches Drama ab. Dabei overacten sie fast in manchen Szenen, aber das ist im Kontext des Retro-Feelings von Regisseur Mortimer womöglich sogar gewollt.
Neontraum: Grün, Rot, Pink und Zeichentrick
Produziert wurde Archenemy unter anderem von SpectreVision. Die Genre-Film-Schmiede, in der auch Elijah Wood federführend ist, hat in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Indieperlen von sich reden gemacht. Darunter „Mandy“, „Die Farbe aus dem All“ und „Der Killer in mir“. Archenemy passt hervorragend ins Portfolio. Wenn das grobkörnige Bild fast von den Neonfarben aufgefressen wird, ist es gerade grün, pink oder rot genug. Ob Dir das zusagt, ist vor allem Geschmackssache. Aber wenn Du diesen Stil magst, wird Archenemy es Dir besonders leicht machen.
Ein beträchtlicher Teil dieses Neon-Overkills geht auf das Konto von animierten Sequenzen. Rückblenden aus Max’ vermeintlicher Vergangenheit kommen als Zeichentrick daher und verschmelzen immer mal wieder mit der Realität. Eine hübsche Idee, die dem Medium Comic noch einmal Tribut zollt.
Archenemy in der featured-Filmkritik: Ein Must-See für Comic- und Indie-Fans
Archenemy liefert ein ruppiges und imperfektes Action-Drama, verkleidet als Superheld:innen-Geschichte. Nun gibt es Serien wie „The Boys“ und Filme wie „Brightburn: Son of Darkness“ oder „Watchmen“ – um wirklich frisch zu sein, kommt Archenemy knapp zehn Jahre zu spät. Dafür liefert er dem oder der geneigten Zuschauer:in eine dichte Atmosphäre, wundervolle Farben und natürlich authentischen Retro-Charme.
Ein featured-Filmtipp für Fans von Mandy (2018), „Beyond the Black Rainbow“ (2010), Die Farbe aus dem All (2019), Der Killer in mir (2019) und „Super – Shut up, Crime!“ (2010).
P.S.: Regisseur und Autor Adam Egypt Mortimer bestätigte, dass der Vorgängerfilm Der Killer in mir und Archenemy im gleichen Filmuniversum angesiedelt sind und zusammen mit einem kommenden Film die Vortex-Trilogie bilden werden – einem Genre-Hybrid aus Cosmic Horror und Cosmic Action.
Archenemy | |
Originaltitel: | Archenemy |
Genre: | Superheld:innen / Action |
Bundesstart: | 17. Februar 2022 (Video on Demand) 24. Februar 2022 (Blu-ray, DVD) |
Laufzeit: | 90 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren freigegeben |
Regie: | Adam Egypt Mortimer |
Original-Drehbuch: | Adam Egypt Mortimer, Luke Passmore |
Post-Credit-Szene: | Nein |
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