Es ist eine der jüngsten Preisträgerinnen, die die deutlichsten Worte findet: «Ich wünsche mir, dass Deutschland aufwacht», sagt Schauspielerin Jella Haase, nachdem sie beim Bayerischen Filmpreis in München als beste Darstellerin ausgezeichnet worden ist. Bei dem Rechtsruck in der deutschen Politik «stockt mir der Atem, mein Herz überschlägt sich».
Haase: «Ich wehre mich aus der Tiefe meines Herzens»
«Ich wehre mich aus der Tiefe meines Herzens», sagt Haase und spricht sich «gegen das Normalisieren und Verharmlosen von rechter Gesinnung» aus und gegen die «Verrohung im Miteinander». Sie wünsche sich, «dass die Politik aufhört, vermeintliche Feindbilder» zu schüren, sagt die 32-Jährige, die für ihre Rolle in «Chantal im Märchenland» geehrt wird und für ihre Dankesrede langen Applaus und auch einige Standing Ovations erhält.
Haase ist bei weitem nicht die einzige, die den Glamour-Abend nutzt, um sich in einer Zeit, in der sich der Ton im Bundestagswahlkampf verschärft und sich Parteien nach der Gewalttat von Aschaffenburg mit Forderungen nach scharfen Konsequenzen überbieten, gegen den Rechtsruck in Politik und Gesellschaft zu wehren.
Schauspielerin Katja Bürkle, die der Regisseurin Ayşe Polat den Regiepreis für ihren Film «Im toten Winkel» überreicht, sieht eine Zeit, «in der Politik in plumpesten Populismus abschmiert». Polat spricht von «Spaltung, Hass und Wahnsinn», gegen die man sich entschlossen wehren müsse. Sie hoffe, «dass Menschlichkeit, Empathie und Respekt uns wieder zusammenführt», sagt sie.
«Lasst uns unsere Demokratie verteidigen»
«Lasst uns unsere Demokratie verteidigen», sagt die 80 Jahre alte Ehrenpreisträgerin Uschi Glas, nachdem ihr ein kniender Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zur Porzellangestalt «Pierrot» gratuliert hat. Ihre Reaktion darauf: «Den Kniefall hätt's nicht gebraucht.»
«Wir haben uns überlegt, wie wir damit umgehen sollen», sagt Moderatorin Sandra Rieß zu Beginn der Veranstaltung. Man habe aber dann - trotz der schrecklichen Messerattacke in Aschaffenburg, die seit dieser Woche die politische Debatte bestimmt und verschärft, «mit der Bayerischen Staatskanzlei zusammen beschlossen, dass der Bayerische Filmpreis stattfinden soll».
Söder, der in der Debatte der letzten Tage laut mitgemischt hat, verpasst Haases Appell. Aber er hat Platz genommen im Prinzregententheater, als die für ihren KI-kritischen Film «Eternal You» ausgezeichneten Dokumentarfilmer Hans Block und Moritz Riesewieck ansetzen zu einem flammenden Appell für die gesellschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur.
Dokumentarfilmer warnt vor Spiel mit dem Feuer
«Kürzungen sind kein reines Rechenspiel», sagt Block und an Söder gerichtet: «Schön, dass auch die Verantwortlichen heute Abend angekommen sind.» Sein Kollege Riesewieck fügt hinzu: «Wir erleben in diesen Tagen, wie sich Big Tech einem Demagogen anbiedert und die wichtigsten Werte der offenen Gesellschaft über Bord» geworfen würden. Künstliche Intelligenz werde immer mächtiger, produziere «Propaganda en masse». «In so einer Situation auf die Idee kommen, an der Kultur zu sparen - das ist mit dem Feuer spielen.» Standing Ovations gibt es dafür im Saal. Söder bleibt sitzen.