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Ermittler gehen von versuchtem Terroranschlag in München aus

Ein 18-Jähriger schießt beim israelischen Generalkonsulat mit einem Gewehr auf Polizisten. Die Beamten schießen zurück und töten ihn. Ermittler gehen von einem terroristischen Motiv des Mannes aus.
Polizeieinsatz in München
Polizeieinsatz in München
Nach Polizeieinsatz in München - Durchsuchung bei Salzburg

Nach dem Schusswechsel nahe dem israelischen Generalkonsulat in München gehen Ermittler von einem versuchten Terroranschlag des getöteten Schützen aus. Nach derzeitigen Erkenntnissen sehe man bei dem Angriff des mit einem Gewehr bewaffneten 18-jährigen Österreichers einen «Bezug zum Generalkonsulat des Staates Israel», teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft München mit. 

Polizisten hatten am Donnerstagvormittag gegen 9.00 Uhr in der Maxvorstadt den mit einem älteren Karabiner samt Bajonett bewaffneten Mann entdeckt. Er schoss laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gezielt auf die Polizisten, die das Feuer erwiderten. Fünf Beamten waren laut einem Polizeisprecher an dem Schusswechsel beteiligt.

Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus ermittelt

Die Ermittlungen unter Federführung der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus konzentrieren sich demnach auf das genaue Motiv des jungen Mannes. Er wurde bei dem Schusswechsel mit der Polizei schwer verletzt und starb noch am Ort. Infolge des Vorfalls waren in der Münchner Innenstadt rund 500 Polizisten im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte. Abgesehen von dem Schützen wurde laut Polizei niemand verletzt.

«Die Hintergründe der Tat müssen noch aufgeklärt werden», sagte Herrmann. Allerdings: «Wenn jemand hier unmittelbar in Sichtweite zum israelischen Generalkonsulat parkt, dann mit dem Gewehr um dieses Generalkonsulat herum geht, da mit dem Schießen beginnt», sei das «sicherlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Zufall».

Söder: Zusammenhang mit Attentat-Jahrestag möglich

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach mit Blick auf den zeitgleichen Jahrestag des Olympia-Attentats in München von einem schlimmen Verdacht. «Ein Zusammenhang ist möglicherweise gegeben. Es muss noch geklärt werden», sagte der CSU-Politiker in der Nähe des Tatorts.

Bei dem Terroranschlag bei den Olympischen Spielen in München hatten am 5. September 1972 palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf zwei Männer erschossen und neun Geiseln genommen. Rund 18 Stunden später endete ein Befreiungsversuch mit dem Tod der neun israelischen Geiseln, eines Polizisten und von fünf der Attentäter.

Schütze war Behörden in Österreich als mutmaßlicher Islamist bekannt 

Gegen den jungen Mann aus dem Salzburger Land war nach Angaben der österreichischen Polizei vergangenes Jahr ermittelt worden - wegen des Verdachts, dass er sich religiös radikalisiert sowie für Sprengstoff und Waffen interessiert hatte. Für den Mann mit bosnischen Wurzeln wurde ein Waffenverbot verhängt. 

Der damals noch 17-Jährige war den Behörden nach einer Drohung gegen Mitschüler und einer Körperverletzung aufgefallen. In diesem Zusammenhang sei ihm die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden, hieß es. Laut Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA wurde Propaganda der Terrororganisation Islamischer Staat auf seinem Mobiltelefon gefunden. Doch die Staatsanwaltschaft Salzburg habe die Ermittlungen im April 2023 eingestellt, hieß es von der Polizei. Seither sei der 18-Jährige nicht mehr polizeilich in Erscheinung getreten.

Nach dem mutmaßlichen Anschlagsversuch wurde sein Wohnort im Salzburger Land durchsucht. Zahlreiche Beamte rückten nach Neumarkt am Wallersee aus, um Beweise und Spuren zu sichern. Das teilte ein Salzburger Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur mit.

Der 18-Jährige hatte in Neumarkt zusammen mit seinen Eltern gewohnt. Zur Sicherheit sei das Wohnhaus und die benachbarten Gebäude evakuiert worden, sagte der Polizeisprecher. Im Nachhinein habe aber sich herausgestellt, dass keine Gefahr bestanden habe. 

Schusswechsel dauerte nur wenige Minuten

Der 18-Jährige war nach Polizeiangaben gegen 9.12 Uhr getroffen worden. Schon nach wenigen Minuten habe er keine Gegenwehr mehr leisten können, sagte der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel. Innerhalb kürzester Zeit waren rund 500 Polizistinnen und Polizisten in der Innenstadt im Einsatz, wie Bayerns Innenminister Herrmann berichtete. Darunter waren laut Polizei auch Spezialkräfte und ein Hubschrauber. Der Bereich um das Konsulat war über Stunden weiträumig abgesperrt.

Österreich verschärft Sicherheitsmaßnahmen

Österreich erhöhte danach seine eigenen Sicherheitsmaßnahmen. Die Staatsschutzbehörde DSN habe deswegen bereits mit der israelischen Botschaft und der israelischen Kultusgemeinde Kontakt aufgenommen, sagte Innenminister Gerhard Karner. «Die österreichischen Sicherheitsbehörden sind in intensivem Austausch mit den deutschen Kollegen.»

Dank an Münchner Polizei

Von allen Seiten kam Dank für die Einsatzkräfte der Münchner Polizei, unter anderem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): «Die schnelle und entschlossene Reaktion der Münchner Polizei hat heute einen Attentäter gestoppt und womöglich eine terroristische Gewalttat verhindert. Den Einsatzkräften gilt unser großer Dank und Respekt.»

Israels Staatspräsident spricht von Terroranschlag

Israels Staatspräsident Izchak Herzog sprach von einem «Terroranschlag heute Morgen in der Nähe des israelischen Konsulats in München» und verurteilte die Tat. Er danke den deutschen Sicherheitsdiensten für ihr schnelles Eingreifen, schrieb Herzog auf der Plattform X nach einem Telefonat mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf der Plattform X: «Die schnelle Reaktion der Einsatzkräfte in München hat heute womöglich Grausames verhindert. ... Ich sage es ganz deutlich: Antisemitismus und Islamismus haben bei uns keinen Platz.»

Israelitische Kultusgemeinde: Unsicherheitsgefühl wird sich verfestigen

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte: «Das Unsicherheitsgefühl nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft wird sich nach diesem Vorfall noch einmal verfestigen. Der Auftrag für die politisch Verantwortlichen ist deshalb sehr klar: Gewalttätiger Extremismus muss wieder aus dem öffentlichen Raum zurückgedrängt werden, alles andere wäre das Ende unserer offenen Gesellschaft.»

Das Generalkonsulat in München sei zum Zeitpunkt des Vorfalls wegen des Gedenkens zum Jahrestag des Olympia-Attentats geschlossen gewesen, schrieb die Generalkonsulin des Staates Israel für Süddeutschland, Talya Lador-Fresher, auf der Plattform X. «Dieses Ereignis zeigt, wie gefährlich der Anstieg des Antisemitismus ist. Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit ihre Stimme dagegen erhebt.»

© dpa ⁄ Frederick Mersi, Britta Schultejans und Simon Sachseder
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