Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist wenige Tage vor der Olympia-Eröffnung ziemlich sauer auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Mit der vorgezogenen Parlamentswahl kurz von den Spielen habe der Staatschef «die Feier versaut», schimpfte Hidalgo. Die ungewisse politische Zukunft ist auch nach dem Ausgang der Wahlen weiter Thema Nummer eins im Land - die am 26. Juli startenden Sommerspiele sind es hingegen nicht.
Statt Vorfreude auf das Weltereignis dominiert Sorge vor einem unregierbaren Frankreich die Medien. Hidalgo wetterte, der kollektive Moment der Freude und der Zuversicht, den die Spiele bedeuteten, sei zunichtegemacht worden.
Aber wirkt sich der Ausgang der Parlamentswahl überhaupt auf die Sommerspiele aus, die mit einer feierlichen Zeremonie auf der Seine im Herzen der französischen Hauptstadt eröffnet werden, zumal der erwartete Rechtsruck nun ausgeblieben ist? Entwarnung gaben in dieser Frage bereits die Olympia-Organisatoren, die französische Regierung und auch die Bürgermeisterin.
Keine Störung der Spiele durch politische Entwicklung
«Es besteht kaum die Gefahr, dass es zu Störungen bei der direkten Organisation der Spiele kommt», sagte der Pariser Organisationschef der Spiele, Tony Estanguet, bereits, als die Wahl angekündigt wurde. Der politische Kalender werde die Vorbereitungen auf die Spiele nicht beeinträchtigen.
«Wir haben Ansprechpartner, auch auf staatlicher Ebene, die feststehen.» Dies seien der Polizei- und Regionalpräfekt und der interministerielle Delegierte für die Spiele, die einen kontinuierlich guten Austausch der staatlichen Stellen mit den Organisatoren der Spiele gewährleisteten und mit denen die Vorbereitung der Wettkämpfe und Feierlichkeiten koordiniert werde, so Estanguet. «Und man hat uns garantiert, dass sich diese Ansprechpartner bis zu den Spielen nicht ändern werden.»
Hohe Sportfunktionäre zeigten sich bei der Ankündigung der Wahlen gelassen. Diese würden die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele nicht beeinträchtigen, er erwarte einen reibungslosen Ablauf, sagte IOC-Präsident Thomas Bach.
Als vereinzelt Medien über eine mögliche Verschiebung oder sogar Absage der Spiele wegen der politischen Turbulenzen spekulierten, dementierten die Olympia-Macher umgehend. «Dies ist offensichtlich Teil der laufenden Desinformations-Kampagne gegen Frankreich, das IOC, seinen Präsidenten und die Olympischen Spiele», teilte das IOC mit.
Von schwierigen Rahmenbedingungen angesichts der politischen Situation sprach zwar DOSB-Präsident Thomas Weikert vor einigen Tagen. Er habe aber großes Vertrauen in einen guten Ablauf der Spiele.
In Planungen wird nicht mehr eingegriffen
Und auch Bürgermeisterin Hidalgo meinte, dass die politische Lage keine Auswirkungen auf die Olympischen Spiele haben werde. Diese wären von einer politischen Machtverschiebung nicht beeinträchtigt. Alle Vorbereitungen seien im Zeitplan und in Planungen und Abläufe werde nicht mehr eingegriffen, sagte Hidalgo.
Das Pariser Innenministerium betonte, dass die Olympischen Spiele unter der Zuständigkeit der Präfekten vor Ort organisiert werden. Das operative Geschäft der Spiele unterliege insbesondere kurz vor dem Start nicht wirklich politischen Willkürentscheidungen, sagte ein Ministeriumssprecher der Zeitung «Les Échos». Die Politik werde bei den Spielen erst dann die Richtung vorgeben, wenn es zu schwerwiegenden Vorfällen wie etwa einem Anschlag komme.
Nach Wahlumfragen und den Ergebnissen der ersten Wahlrunde hatte Frankreich sich zunächst auf einen Sieg des rechtsnationalen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen eingerichtet und war von der Möglichkeit eines historischen Rechtsrucks ausgegangen. Die Sorge nicht nur der Menschen in Frankreich war, dass eine neue rechte Regierung so ein internationales Ereignis wie die Olympischen Spiele vielleicht doch noch umkrempelt.
Hidalgo: Spiele in Paris stehen der Welt offen
Angesichts der politischen Lage und der kurzfristig angesetzten Parlamentswahlen habe sie aus aller Welt Anfragen erhalten, was in Frankreich los sei und was passiere, falls die extreme Rechte an die Macht komme, sagte Hidalgo, kurz nachdem die Wahlen angesetzt wurden. Trotz politischer Wirren ermunterte sie Menschen aus aller Welt aber zum Besuch der Spiele. «Die Spiele in Paris werden der Welt offen stehen.» Paris sei «eine Stadt, die trotz der chaotischen und unruhigen Zeiten eine Stadt der Hoffnung ist», meinte sie.
Mit dem Sieg des neuen Linksbündnisses bei der Wahl ist zumindest die Sorge verflogen, dass es zu anhaltenden Krawallen und Unruhen in Frankreich bis hinein in die Zeit der Olympischen Spiele kommt, die insbesondere bei einem Sieg der Rechtsnationalen befürchtet wurden. Zwar gab es am Wahlabend Ausschreitungen in etlichen Städten, danach aber blieb es ruhig. Und dass sich die Regierungsfindung unter dem Linksbündnis oder als große Koalition verschiedener bürgerlicher Parteien möglicherweise noch über die Sommerpause bis zum Herbst hinziehen kann, sieht niemand als eine Beeinträchtigung der Olympischen Spiele an.