Im Schatten der prachtvollen Pont Alexandre III stehen die olympischen Triathleten morgens auf der Startbrücke und blicken in die Seine. Reinspringen dürfen die Sportlerinnen und Sportler auch am letzten Trainingstag vor ihren Wettkämpfen nicht. «Das ist schon schade», sagte Laura Lindemann, eine der deutschen Medaillenanwärterinnen. «Ich hoffe mal, dass dann am Renntag alles passt mit den Werten. Ich bin gespannt.»
So wie die routinierte Berlinerin und ihre fünf deutschen Teamkollegen bleiben auch alle anderen Triathleten bei den Sommerspielen von Paris im Unklaren, ob und wie ihre Wettkämpfe ausgetragen werden können. Wegen weiterhin zu schlechter Wasserqualität war auch das zweite und letzte Training im Fluss am Montag abgesagt worden.
Deutsche setzen auf Zweckoptimismus
Können die Events in der französischen Hauptstadt damit überhaupt wie geplant stattfinden? Am Dienstagmorgen steht das Männer-Rennen an, einen Tag später sind die Frauen unterhalb der historischen Brücke zwischen Invalidendom und Grand Palais an der Reihe. «Die Hoffnung ist groß», sagte Bundestrainer Thomas Möller der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sind da gelassen, aber sicherlich auch ein bisschen zweckoptimistisch.»
Der Triathlon mit den Schwimm-, Rad- und Laufstrecken mitten in Paris soll eines der vielen Highlights der Spiele sein. Um den Fluss sauberer - und damit auch wettkampftauglich für Olympia - zu machen, investierte Paris in den vergangenen Jahren 1,4 Milliarden Euro in Kläranlagen und das Abwassersystem. Medienwirksam sprang sogar Bürgermeisterin Anne Hidalgo vor Beginn der Spiele in den Fluss, um zu zeigen: Seht her, hier kann geschwommen werden. Neben den Triathleten sollen auch die Freiwasserschwimmer in der Seine antreten.
Letzte Entscheidung im Morgengrauen
Dann aber regnete es am Freitag und Samstag heftig - und schon gerieten die Veranstalter in die Bredouille. Niederschläge verschmutzen den Fluss, sodass die mikrobiologischen Tests bislang nicht die vom Triathlon-Weltverband geforderten Werte erreichten. Die Gesundheit der Athletinnen und Athleten habe Priorität, hieß es. Sollten die Werte für das Männern-Rennen wider Erwarten bis Dienstag um 4.00 Uhr morgens nicht passen, wird der Wettkampf auf Freitag verschoben. Am 5. August ist die Mixed-Staffel vorgesehen.
Die Triathlon- und Schwimmevents zwischen Pont Alexandre III, Invalidenbrücke und Pont de l'Alma sind zum Politikum geworden. Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra äußerte sich am Montagmorgen beim Sender CNews zuversichtlich. Die aktuellen Schwierigkeiten seien durch die Regenfälle zu erwarten gewesen. Doch das Wetter sei inzwischen ja wieder blendend, sodass sie keine Sorgen um die Events habe.
Die Sauberkeit der Seine ist das eine Thema. «Wenn wir ins Wasser dürfen, dann heißt das, dass die Qualität gut ist», sagte der Bonner Olympia-Debütant Lasse Lührs pragmatisch.
Sorgen auch um Strömung
Mehr Gedanken machen sich die Athletinnen und Athletinnen um die Strömung. Die ist nämlich - ebenfalls wegen der Regenfälle - deutlich höher als erhofft und als die Sportler beim olympischen Testwettkampf im vorigen Jahr erlebt hatten.
Bundestrainer Möller erklärte: «Wir haben hier aktuell Fließgeschwindigkeiten im Hauptstrom von einem Meter pro Sekunde.» Freizeitschwimmer kämen dagegen nicht an. Aber auch die Topsportler müssen kämpfen. «Unsere Athleten schwimmen etwa eineinhalb Meter pro Sekunde. Entscheidend ist, dass es in den Randbereichen der Seine eher weniger Gegenströmung gibt. Da wird es dann einfacher sein.» Und dort werden natürlich alle Sportlerinnen und Sportler versuchen, die beste Linie zu finden. Für die 1500-Meter-Strecke muss zweimal gegen die Strömung und zweimal mit der Strömung geschwommen werden.
Vorfreude dennoch da
«Wir konnten jetzt nicht testen, wie stark sich die Strömung anfühlt, wie man um die Bojen schwimmen muss, wo es einen raus drückt und wie man dagegenhalten kann», haderte Ex-Europameisterin Lindemann. Die 28-Jährige war bereits 2016 in Rio und 2021 in Tokio am Start. Die Wirren versucht sie auszublenden - und das Event zu genießen. «Die Situation ist für alle gleich. Und meine Vorfreude auf Olympia mindert sich dadurch nicht.»