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Chaos und Intrige im erfolgreichsten Sportverband

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung steckt in einer Krise - wirtschaftlich und personell. Bei der Suche nach einem neuen Präsidenten sehen Fachmagazine eine «Schlammschlacht».
Paris 2024 - Pferdesport
Martin Richenhagen US-Landmaschinenhersteller AGCO
Isabell Werth

Die olympischen Goldmedaillen überstrahlten einige Tage alles andere. Aber längst ist bei Deutschlands erfolgreichstem Sportverband wieder der Alltag eingekehrt - und der ist bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) bestimmt von gravierenden Finanzproblemen, der dringlichen Suche nach neuem Führungspersonal und damit verbundenen Intrigen.

Unbeeindruckt vom Chaos im Verband feierte das Team vor der Traumkulisse des Schlosses von Versailles vier goldene und eine silberne Medaille. Schon damals waren das Vorjahres-Defizit von 976.000 Euro bekannt, der Finanz-Geschäftsführer entlassen sowie der Präsident und ein Präsidiumsmitglied zurückgetreten. Doch die Turbulenzen gingen nach Olympia weiter. Inzwischen gab es unter anderem eine «Schlammschlacht» bei der Suche nach einem neuen Präsidenten, wie übereinstimmend die Fachmagazine «Reiterjournal» und «St. Georg» urteilten. Dazu kam noch ein weiterer Rücktritt im Präsidium.

Nachdem zunächst der Ex-Manager Martin Richenhagen (AGCO) sein Interesse an der Präsidentschaft kundgetan hatte, gab es Mitte August mit dem ehemaligen Top-Banker Stefan Unterlandstättner (DKB) einen weiteren Interessenten. Doch dann wurde «in Reiterkreisen ein Foto lanciert», wie das «Reiterjournal» berichtete, das den Amateur-Springreiter Unterlandstättner in einer unvorteilhaften Position auf einem Pferd zeigte.

«Kampagne gegen einen Kandidaten»

Unterlandstättner zog entnervt seine Kandidatur zurück, bevor sie überhaupt offiziell wurde. Und mit Holger Wulschner trat wegen der Intrige ein weiteres Mitglied des Präsidiums zurück. «Ich gehe, weil es gerade eine Kampagne gegen einen von mir vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Präsidenten gibt», erklärte der Nationenpreis-Reiter. «Wie hier vorgegangen wurde, hat mich sehr betroffen gemacht.»

Immerhin: Seitdem hat die Findungskommission des Verbandes neben Richenhagen zwei weitere Kandidaten gefunden: Heinrich Bottermann und Hans-Jürgen Meyer. Vor knapp zwei Wochen hat sich das Trio den Delegierten der Mitgliederversammlung vorgestellt. Im Oktober nun soll der Beirat Sport entscheiden, wer sich im November zur Wahl stellen darf. Auf den Gewinner wartet viel Arbeit, denn nicht nur Richenhagen sieht in der FN einen «Sanierungsfall», wie er als Herausgeber im Magazin «Reiterrevue» schrieb.

Zwei Geschäftsführer gesucht

Viel wichtiger als die Wahl eines ehrenamtlichen Präsidenten dürfte daher wohl die Suche nach gleich zwei Geschäftsführern sein. Neben einem neuen Finanz-Geschäftsführer benötigt der wirtschaftlich angeschlagene Verband bald auch einen neuen Generalsekretär als Nachfolger für Soenke Lauterbach. Der hauptamtliche Boss bezeichnete sich selbst als «Belastung für die FN», will aber bis September 2025 im Amt ausharren. Präsidentschafts-Kandidat Richenhagen hatte kürzlich im «Reiterjournal» gesagt: «Herr Lauterbach muss definitiv weg.»

Zu den prominentesten Kritikerinnen des Verbandes gehört Isabell Werth. Die achtmalige Olympiasiegerin äußerte zuletzt in der «Sportschau» ihre Sorgen, dass die finanziellen Probleme negative Auswirkungen auf die zukünftigen Erfolge haben. «Gerade der Nachwuchsbereich braucht den Verband», sagte Werth.

Sport-Geschäftsführer Dennis Peiler sagte dazu: «Wir sind dank der Unterstützung von Bund und Ländern sowie unserer Verbandspartner im Nachwuchsleistungs- und Spitzensport gut aufgestellt.» Er sei trotz erforderlicher Einsparungen «sehr zuversichtlich, dass es uns weiter gelingt, international auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu bleiben». Zu den weiteren Problemen des Verbandes will sich der für Sport zuständige Geschäftsführer nicht äußern.

 

© dpa ⁄ Michael Rossmann, dpa
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