Julian Nagelsmann nennt seinen neuen Torjäger «einen coolen Fetzen mit lustigen Sprüchen». Nach einem Trikotwechsel im Anschluss an die Heim-EM im Sommer ist Deniz Undav aber gerade dabei, mit Thomas Müllers Rückennummer 13 nicht mehr nur der Spaßvogel im Nationalteam zu sein, sondern sich auch auf dem Platz unverzichtbar zu machen. Sein ungewöhnlicher Werdegang vom Kicker in der 3. Liga zum Nationalspieler macht den 28-Jährigen für die Fans zum Vorbild mit allen Zutaten zum Publikumsliebling.
Es müllert wieder in Länderspielen. Bei seinem Startelfdebüt im September gegen die Niederlande glückte Undav in Amsterdam beim 2:2 sein Premierentor im DFB-Trikot. Und nun konnte der Angreifer des VfB Stuttgart in seinem fünften Länderspiel in Zenica gegen Bosnien-Herzegowina seinen ersten Doppelpack bejubeln. «Ich bin froh, zwei Tore gemacht zu haben. Wir haben drei Punkte geholt. Es war ein schöner Abend», sagte der Matchwinner.
«Der Müller stand auch immer goldrichtig»
Zweimal war Undav im richtigen Moment am richtigen Ort. Eiskalt verwertete er die Vorlagen erst von Florian Wirtz und dann von VfB-Kollege Maximilian Mittelstädt. «Der Müller stand auch immer goldrichtig - und ich heute auch», scherzte Undav angesprochen auf Müller.
Am Montag (20.45 Uhr/ZDF) wird der 35-jährige Müller im Nations-League-Topspiel gegen die Niederlande als einer von vier verdienten Nationalspielern neben Manuel Neuer, Toni Kroos und Ilkay Gündogan in der Allianz Arena verabschiedet. Und anschließend wird Undav in Müllers Wohnzimmer wieder im Trikot mit der 13 auflaufen, das jahrelang der Weltmeister von 2014 trug. Undav hatte sich die freigewordene Nummer nach der EM gesichert.
Müller geht, Undav startet durch - das Münchner Bild passt. «Es klappt gerade sehr gut», sagt Undav. Er genießt seinen Lauf - und seine Aufsteigerstory. «Ich bin übertrieben stolz. Ich versuche, mein Ding durchzuziehen und meine Geschichte noch besser zu machen.»
Jubelabsprache mit VfB-Sturmpartner Demirovic
Fußball ist für Undav vor allem Spaß. Nach seinen Toren in Zenica kopierte er den Jubel seines Stuttgarter Vereinskollegen Ermedin Demirovic, der sich nach Treffern mit den Händen das Trikot glatt streift. Als Sieger Undav und Verlierer Demirovic später im Stadion zusammen vor den Reportern standen, klärte Undav auf: «Ich hatte zu Demi gesagt: Wenn ich ein Tor mache, packe ich seinen Jubel aus. Und wenn er trifft, zeigt er meinen.»
Demirovic konnte Undavs Jubel zuvor auf dem Platz nicht kopieren. Der bosnische Angreifer schoss bei seiner besten Chance an die Latte und musste Gewinner Undav gratulieren: «Ich gönne Deniz jedes Tor, aber heute habe ich mich nicht gefreut.»
Nagelsmann: «Ihn nicht zu haben, wäre schlecht»
Umso mehr darf sich der Bundestrainer freuen. Nachdem in Jamal Musiala, Kai Havertz und Niclas Füllkrug gleich drei Offensiv-Asse verletzt fehlen, übernimmt halt Undav den Torjäger-Job im DFB-Team. «Deniz macht es sehr gut. Er braucht nicht viele Torchancen. Das ist der Schlüssel. Er ist sehr schlau, hat einen technisch starken Abschluss. Und er ist sehr schwer zu verteidigen, weil er einen so niedrigen Schwerpunkt hat», sagte Nagelsmann.
Undavs Status steigt, auch wenn Nagelsmann anmerkte: «Er hat eine gute Konkurrenz auf seiner Position. Aber wir haben ihn gerne bei uns.» Auch als Stimmungskanone. «Ihn nicht zu haben, wäre schlecht.» Als «positiver, lebensbejahender Typ» tue er der DFB-Gruppe gut.
Gut gelaunt stand Undav am Sonntag im windigen Herzogenaurach wieder auf dem Trainingsplatz. Für Spiel Nummer zwei in München hat er sich nochmal einiges vorgenommen: «Ein Sieg tut immer gut. Und gegen Holland wäre er umso schöner, auch für Thomas (Müller), Manu (Neuer) und die anderen, die zurückgetreten sind.»