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Überragender Wirtz: Zauberer im «Erlebnispark BayArena»

Bayer Leverkusen hat 40 Pflichtspiele nicht verloren. Zwei Titel sind greifbar nah, ein dritter ist möglich. Das ist die Leistung eines Kollektivs. Und doch sticht ein Spieler klar hervor.
Florian Wirtz
Spielt mit ganz kleinen Schienbeinschonern: Leverkusens Florian Wirtz. © Marius Becker/dpa

Im «Erlebnispark BayArena» ist Zauberer Florian Wirtz derzeit der Hauptdarsteller. Der 20-Jährige ragt aus den Überfliegern von Bayer Leverkusen noch einmal deutlich heraus.

Fast in jedem Spiel liefert der Nationalspieler gerade eine Gala ab, fast nach jedem Spiel ist er das große Gesprächsthema, fast in jedem Spiel gelingt ihm etwas Besonderes. Beim 4:0 im Pokal-Halbfinale gegen Zweitligist Fortuna Düsseldorf war Wirtz wieder der überragende Spieler, im 141. Pflichtspiel für Leverkusen gelang ihm sein erster Doppelpack, zudem verwandelte er seinen ersten Elfmeter im Profifußball.

Mitspieler und Gegner verneigen sich verbal derzeit wöchentlich vor dem Offensivspieler, dem kürzlich im Nationaltrikot auch noch das schnellste Tor der deutschen Länderspiel-Geschichte gelungen war. Und dabei scheint bei ihm kaum ein Superlativ zu hoch gegriffen.

Xhaka: «Er ist ein ganz, ganz besonderer Spieler»

«Er steht auf jeden Fall ganz oben», antwortete Granit Xhaka (31), der bis Sommer sieben Jahre im Star-Ensemble des FC Arsenal spielte und für die Schweiz bei fünf Welt- oder Europameisterschaften dabei war, bei Sky auf die Frage, wo Wirtz in seinem persönlichen Ranking stehe: «Er liefert mit 20 Jahren ab, jeden dritten Tag, ist so konstant. Er ist gefährlich mit dem Ball, gefährlich ohne den Ball. Er läuft sehr viel, so clever auch ohne den Ball.» Sportchef Simon Rolfes erklärte: «Er ist ein ganz, ganz besonderer Spieler. Er zeigt es nicht nur in den Spielen, sondern auch jedes Training.» 

So führt er Bayer derzeit von Sieg zu Sieg. Die Meisterschaft angesichts von 13 Punkten Vorsprung auf den FC Bayern und der Pokalsieg angesichts von Zweitligist 1. FC Kaiserslautern als Finalgegner am 25. Mai scheinen quasi sicher. Und über die Europa League, wo Leverkusen im Viertelfinale auf West Ham United trifft, winkt sogar ein Triple.

Auf der Gegenseite schwenken die Rivalen regelmäßig zwischen Frust und Verehrung. Auf die Frage, ob Wirtz der beste Spieler sei, gegen den er je gespielt habe, antwortete Fortuna-Torhüter Florian Kastenmeier mit einem klaren «Ja, absolut. Das ist wie im Wilden Westen. Da muss man gar nichts sagen. Seine Statistik, seine Eins-gegen-eins-Duelle, seine Übersicht - ich könnte noch eine Stunde weiterreden.»

Düsseldorfs Trainer Daniel Thioune erklärte: «Wenn man Wirtz kurz aus den Augen verliert, trifft man sich zehn Sekunden später an der Mittellinie wieder.» Nämlich zum Anstoß nach einem Tor. Thioune sprach angesichts der Leverkusener Dominanz auch hochachtungsvoll vom «Erlebnispark BayArena».

Bayer setzt langfristig auf Wirtz

Im ZDF-Interview sorgte Wirtz dann aber für Verwirrung, als er kurz angebunden und ausweichend auf seine Zukunft antwortete. «Ich glaube, wir sind heute da zum Feiern. Deswegen brauche ich mich zu solchen Sachen auch gerade nicht äußern», sagte er. Mögliche Abwanderungs-Gedanken? Eher nicht. Sein Vater und Berater hatte kürzlich erst versichert, dass Wirtz «grob» bis Vertragsende 2027 bei Bayer bleibe. 

Club-Chef Fernando Carro hatte erklärt, der Nationalspieler spiele «mit hundertprozentiger Sicherheit» auch in der nächsten Saison für die Werkself. Selbst ein unfassbares Angebot nach einer guten EM könnte das nur schwerlich verändern. Wirtz will seine Karriere nach und nach aufbauen und sieht die Champions League mit Bayer als nächsten Schritt.

Wirtz und die Mini-Schienbeinschoner

In Leverkusen genießt der Jungstar derzeit auch alle Sonderrechte, nicht nur bei Trainer Xabi Alonso. In der sogenannten Mixed Zone der schreibenden Journalisten lässt sich Wirtz diese Saison nicht blicken und auch beim Thema Schienbeinschoner umgeht er die offiziellen DFB-Vorgaben mit einem auch im Wortsinne kleinen Trick. «Sie sind relativ klein», sagte Wirtz lachend, als er live im TV-Interview seine winzigen Schoner präsentierte.

Manch einer hatte gar vermutet, der stets mit tief herunterhängenden Stutzen spielende Wirtz trage gar keine Schoner, doch das ist nicht erlaubt. «Ich versuche immer aufzupassen, dass mich nicht all zu viele erwischen», sagte Wirtz zum Sicherheitsaspekt: «Vielleicht hol' ich mir auch bald wieder größere. Aber solange nichts Schlimmeres passiert, behalte ich die erst mal.» Grundsätzlich gibt es derzeit wenig Grund für ihn, etwas zu ändern.

© dpa ⁄ Holger Schmidt, dpa
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