Portugal gegen Frankreich, das Duell der Superstars zweier Generationen. Cristiano Ronaldo, 39 Jahre alt, Europameister 2016, gegen Kylian Mbappé, Weltmeister 2018 und Vizeweltmeister 2022. Beide sind die Kapitäne ihrer Mannschaft, beide stehen immer mehr im Fokus als alle ihrer Mitspieler. Doch ein Ronaldo braucht Helfer, ein Mbappé ebenfalls. Wenn die beiden Nationen an diesem Freitag (21.00 Uhr) in Hamburg um den Einzug ins EM-Halbfinale womöglich sogar gegen Deutschland spielen, wird das nicht anders sein.
Frankreichs Dauerläufer mit besonderer Lebensgeschichte
Wenn er redet, redet er leise. Und er lächelt höflich. N'Golo Kanté ist kein Selbstdarsteller. N'Golo Kanté ist das Gegenteil. Einer, der sich komplett in den Dienst der Mannschaft stellt. Das war auch 2018 so, als er mit Frankreich Weltmeister wurde. Oder besser: Als Frankreich auch dank Kanté im Mittelfeld neben dem schillernden Paul Pogba Weltmeister wurde. 2022 verpasste er die WM verletzungsbedingt. 2024 ist er bei der EM dabei, und wie!
«N'Golo läuft immer noch», scherzte Nationalcoach Didier Deschamps jüngst nach der Gruppenpartie gegen die Niederlande (0:0). 41,2 Kilometer legte Kanté in den bisherigen vier EM-Partien zurück. Er ist in der Form seiner Glanzzeiten, als mit Leicester City sensationell 2016 englischer Meister wurde oder mit dem FC Chelsea 2021 die Champions League gewann. Dabei hatten ihm das nach seinem Wechsel in die saudi-arabische Liga nicht alle zugetraut.
«Warum die ganze Welt N'Golo Kanté liebt», schrieb vor Jahren schon mal das Magazin «France Football». Wegen seiner Leistung und wegen seines Charakters. Und der wurde auch durch schwere Schicksalsschläge geprägt. 2002 starb sein Vater, 2018 sein Bruder. Kanté, dessen Eltern aus Mali stammen, wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Als Profi erlebte er Berichten zufolge auch schon brutale Schattenseiten des Business. Mit vorgehaltener Pistole soll er mal aufgefordert worden sein, seinen Berater zu wechseln.
Der Franzose, der auf Spanisch wütend wird
Antoine Griezmann stand im verlorenen EM-Finale vor acht Jahren in Paris auf dem Platz, er wurde danach Weltmeister und Vizeweltmeister, er kommt auf über 130 Länderspiele für Frankreich. Hätte er seine bisherigen Chancen bei dieser EM besser genutzt, wären zu den 44 Toren für die Équipe Tricolore sicher drei, vier weitere Treffer hinzugekommen.
«Ich liebe es, große Spiele zu bestreiten. Früher habe ich sie mir im Fernsehen angesehen, und so denke ich natürlich immer daran zurück, wie ich als Kind die Spiele im TV gesehen habe und jetzt selbst dabei bin», sagte Griezmann vor der EM in einem UEFA-Interview. Gegen Polen ließ Deschamps ihn aber sogar erstmal draußen, so richtig hat Griezmann diesmal seine Position neben Mbappé noch nicht gefunden.
Dabei kann er als Vorlagengeber für Mbappé ebenso wie Verwerter ein kongenialer Partner im Angriff sein. Wie sehr die bisher für ihn nicht optimale EM den spanischen Geist in ihm weckt, ist noch offen. «Ich denke auf Französisch, werde aber auf Spanisch wütend», sagte er einmal: Atlético-Profi Griezmann wechselte vor 19 Jahren nach Spanien.
Ein portugiesisches Duo aus Manchester - einer von City, einer von United
Im Verein sind sie Rivalen in derselben Stadt: Bernardo Silva vom englischen Serienmeister Manchester City und Bruno Fernandes von Manchester United. Beide sind Jahrgang 1994. Beide sind unverzichtbar im Ensemble der portugiesischen Nationalmannschaft. Silva kommt auf 92 Länderspiele, Fernandes auf 70.
Als «essenziell» bezeichnete Portugals spanischer Nationalcoach Roberto Martínez seinen Offensivakteur Fernandes bereits. «Wenn er in der Nationalmannschaft ist, hat er so viele Spieler, die auf der gleichen Wellenlänge sind.» Es sei sehr schwer, Spieler wie Fernandes zu finden.
Und auch von Silva schwärmt der Trainer. «Er hat diese Qualität, ein Spiel zu verstehen. Wenn ein Spieler spielt, versteht er normalerweise seine eigene Rolle. Bernardo versteht auch, was die anderen machen und wie er den anderen um ihn herum mit seinem Stellungsspiel helfen kann.» Ohne Zweifel werde Silva als Trainer arbeiten, wenn er seine Karriere als Spieler beende.
Der Wegbegleiter in Portugals Abwehr
Sie scherzen beim Aufwärmen miteinander, sie sind Wegbegleiter. Pepe ist ein bisschen wie Ronaldos Bodyguard - wenn auch deutlich weiter hinten in der Abwehr der Portugiesen. Der 41-Jährige, der seinen Kompagnon notfalls auch verbal verteidigt, gehörte zu den EM-Gewinnern, die Ronaldo vor acht Jahren nach einer frühen Verletzung im Finale zum Titel anfeuerte. «Ich höre auf, wenn Cristiano aufhört», sagte Pepe bereits. Er ist über 41 Jahre alt, Ronaldo über 39.
Ronaldo spielt mittlerweile in Saudi-Arabien, Pepes Vertrag beim FC Porto wurde nicht verlängert. Ein schwerer Fehler von Pepe hätte Portugal beinahe das Aus im Achtelfinale beschert, als er kurz vor Ende der Verlängerung den Ball verlor. Am Ende aber konnten er und Ronaldo, der seinerseits einen Foulelfmeter verschossen hatte, sich aber doch noch in die Arme fallen.