Am Ende seiner EM-Karriere war Cristiano Ronaldo erst einmal selbst als Tröster gefragt. Nach dem verlorenen Elfmeter-Drama gegen Frankreich nahm der 39-Jährige den weinenden Pepe in den Arm. Statt Ronaldos Portugiesen erreichten die Franzosen um Topstürmer Kylian Mbappé um kurz vor Mitternacht das Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft und treffen dort auf Deutschland-Bezwinger Spanien.
Im Duell der Superstars setzten sich die Franzosen nach 120 torlosen Minuten in Hamburg mit 5:3 im Elfmeterschießen durch. Der EM-Rekordspieler und -Rekordtorschütze Ronaldo hatte bereits vor diesem Spiel angekündigt, bei der nächsten Europameisterschaft 2028 in Großbritannien und Irland nicht mehr dabei zu sein.
Während Ronaldo im Nervenduell vom Punkt seine Aufgabe erledigte, setzte João Félix den Ball nur an den Pfosten. Die Franzosen verwandelten dagegen alle Versuche eiskalt. «Ich bin total glücklich. Es war nicht einfach. Wir haben gegen ein tolles Team gespielt. Beim Elfmeterschießen haben wir nicht gezittert», sagte Frankreichs Torwart Mike Maignan.
Die Équipe Tricolore um ihren Anführer Mbappé darf somit weiter auf den dritten EM-Titel nach 1984 und 2000 hoffen. Im Halbfinale am Dienstag (21.00 Uhr) in München geht es nun gegen die Spanier, die Gastgeber Deutschland zuvor mit 2:1 nach Verlängerung bezwungen hatten.
Vor 47.789 Zuschauern beim letzten EM-Spiel im Volksparkstadion erspielten sich die Portugiesen in der Anfangsphase leichte Vorteile. Viel lief dabei über die linke Seite mit dem dribbelstarken Rafael Leão. An Ronaldo ging das Spiel indes vorbei. Sein französisches Pendant Mbappé wurde von den Teamkollegen immer wieder gesucht. Dabei fungierte der 25 Jahre alte künftige Profi von Real Madrid zumeist mehr als Ballverteiler. An seiner Seite in der Sturmspitze spielte der Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani.
Zumeist dominierten beide Abwehrreihen. Théo Hernández prüfte als erster Portugals Torhüter Diogo Costa aus 18 Metern (20.). Kurz darauf war der Held aus dem Elfmeterschießen der Portugiesen im Achtelfinale gegen Slowenien bei einer Hereingabe von Mbappé gefordert (22.). Rafael Leão stellte Frankreichs Schlussmann Mike Maignan nur einmal mit einem Schuss aufs kurze Eck vor eine größere Aufgabe (30.).
Nach der Pause nahm die Partie endlich an Fahrt auf. Einen Schreckmoment gab es für die Franzosen: Nach einem Kopfball von Portugals Bernardo Silva blieb Kapitän Mbappé liegen (54.). Der Ball war direkt seitlich auf seine Gesichtsmaske geflogen, die er wegen seines Nasenbeinbruchs trägt.
Nach einer Stunde wurde es in beiden Strafräumen spektakulär: Erst scheiterte Portugals Bruno Fernandes an Maignan (61.), zwei Minuten später war Maignan gegen Vitinha zur Stelle. Auf der Gegenseite verhinderte Verteidiger Rúben Dias mit einer Grätsche den Rückstand für sein Team durch Kolo Muani (66.). Eduardo Camavinga verzog wenig später aus kurzer Distanz vor Portugals Tor (70.). Die Einwechselung von Ousmane Dembélé für Antoine Griezmann belebte zumindest kurzfristig das Spiel der Franzosen.
Eine Entscheidung konnte keines der Teams erzwingen. So ging es wie im ersten Viertelfinale des Tages in die Verlängerung. Und schon in der dritten Minute hatte Ronaldo die große Chance zur Führung, drosch den Ball aber aus kurzer Entfernung weit über das Tor.
Die Portugiesen bemühten sich weiter, der klare Abschluss fehlte. Frankreich baute auf Konter, unter anderem über den schnellen Dembélé. Wenn es gefährlich wurde für die Portugiesen, räumte der 41-jährige Pepe alles weg. Zur zweiten Halbzeit der Verlängerung blieb Mbappé draußen. Der Starspieler behandelte sein Gesicht auf der Bank mit einem blauen Kühlbeutel, jubelte dann aber ausgelassen, nachdem es seine Teamkollegen im Elfmeterschießen auch ohne ihn gerichtet hatten.