Der Torjubel verriet vieles. Cristiano Ronaldo hielt sich beide Hände vor das Gesicht und fiel vor der Tribüne auf die Knie. So verharrte Portugals Superstar eine gefühlte Ewigkeit. Mehr als zwei Teamkollegen kamen aber zunächst nicht dazu.
Für Ronaldo war es das 900. Tor seiner langen Profikarriere - erzielt am Donnerstagabend beim 2:1 (2:1)-Sieg in der Nations League gegen Kroatien. Er selbst sprach hinterher von einem «einzigartigen Meilenstein». Portugals Nationaltrainer Roberto Martinez nannte ihn ein «Vorbild für die anderen Spieler und die jüngere Generation».
Das große Pathos in Jubel und Reaktion zeigt aber auch: Es sind vor allem solche persönlichen Bestmarken, die den fünfmaligen Weltfußballer mit seinen 39 Jahren noch immer antreiben. «Ich breche keine Rekorde, sie verfolgen mich», sagte Ronaldo. «Nur ich und die Menschen um mich herum wissen, wie schwer es ist, jeden Tag zu arbeiten, körperlich und psychisch fit zu sein und 900 Tore zu schießen.»
Diese 900 Karrieretreffer verteilen sich auf weit über 1000 Pflichtspiele für Portugals Nationalteam (131 Tore) sowie für seine Vereine Real Madrid (450), Manchester United (145), Juventus Turin (101), Sporting Lissabon (5) und seinen aktuellen Club Al-Nassr in Saudi-Arabien (68).
Zum Vergleich: Sein Dauerrivale Lionel Messi steht aktuell bei 844 Treffern, wenn man seine Tore für die zweite Mannschaft des FC Barcelona in den Jahren 2004 und 2005 hinzuzählt.
1000. Tor mit 42?
Der junge Ronaldo schoss seine beiden ersten Tore schon im Oktober 2002 im Alter von 17 Jahren für Sporting in der portugiesischen Liga gegen Moreirense FC. Und rechnet man die Zeitabstände zwischen seinem 700. Karrieretor im Oktober 2019, dem 800. im Dezember 2021 und dem 900. am Donnerstagabend im Benfica-Stadion von Lissabon hoch: Dann müsste Ronaldo noch mit 42 Jahren spielen, um auch die 1000 Tore vollzumachen.
Vorstellbar ist das bei ihm. «Davon habe ich geträumt, und ich habe noch mehr Träume», schrieb Ronaldo bei Instagram nach seinem 900. Tor. «Vielen Dank euch allen!»
Ob das auch für Portugals Nationalteam eine gute Nachricht ist, bleibt zweifelhaft. Denn die Würdigung von Ronaldos nächstem Karriere-Highlight drängte nur kurz eine Debatte in den Hintergrund, die bereits seit der WM 2022 und der EM 2024 tobt: Ist dieser Ausnahmestürmer in seinem Alter immer noch Anführer oder mehr Belastung für sein Team?
Auch gegen Kroatien blieb mit Diogo Jota vom FC Liverpool wieder ein hochveranlagter Stürmer auf der Bank, damit CR7 glänzen konnte. Der 23 Jahre alte Gonçalo Ramos von Paris St. Germain fehlte diesmal verletzt. Ihn haben die Portugiesen aber auch noch in der Hinterhand.
«Er ist jemand, den wir brauchen!»
Ronaldo selbst hatte bereits vor dem Start der Nations League betont, nicht eine Sekunde an einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft gedacht zu haben. Sein Satz «Wenn ich kein Mehrwert mehr bin, werde ich der Erste sein, der geht», klang eher nach Koketterie als nach einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dieser Frage.
Und auch sein Nationaltrainer Martinez scheint bis zur WM 2026 in Amerika noch mit seinem Kapitän und Rekordspieler zu planen. «Cristiano bringt die Leute immer zum Reden, aber das Wichtigste ist sein Engagement für die Nationalmannschaft», sagte der Spanier. «Er ist ein sehr intelligenter Spieler im Strafraum und das heutige Tor zeigt seine Bewegungen auf höchstem Niveau. Er ist jemand, den wir brauchen!»