Ob Travestiekünstlerin, Rollstuhlfahrerin, Kind oder Geflüchtete, Schwarze oder Weiße - fast 100 sehr verschiedene Menschen haben am Mittwochabend in Hamburg mit einem gemeinsamen tiefen Brummton ein Bild entstehen lassen, das als Zeichen von Inklusion um die Welt ziehen soll. Klangkünstler Kymat hat aus den Klangwellen des mehrstimmigen Tones ein digitales Mandala kreiert. Die Singenden standen dabei in einem Stuhlkreis inmitten der ansonsten leeren Barclay-Arena und hielten gemeinsam auf das Wort «Du» einen langen Ton.
Initiator Jan Schierhorn sagte am Mittwoch zu dem Klangexperiment: «Alle in dieser Runde sind im besten aller Sinne «gleich gültig». Alle Menschen sitzen in der ersten Reihe und niemand in der Zweiten, alle sind gleich. Auch das ist Inklusion.» Die Ansprachen waren simultan auf Englisch und für Gehörlose sowie Blinde übersetzt worden.
Die Musiker Joja Wendt, Stefan Gwildis und Rolf Claussen (Söhne Hamburgs) leiteten die Gäste als Chorleiter an. Unter den rund 100 Teilnehmern waren auch Prominente, etwa Travestiekünstlerin Lilo Wanders, Schauspielerin Sandra Quadflieg, der Hamburger Landesrabbiner Shlomo Bistritzky sowie Rollstuhlbasketballerin und Parakanutin Edina Müller. Sie alle summten, brummten und lachten zusammen für das gemeinsame, bunte Mandala.
Klangkünstler Kymat alias Sven Meyer beschreibt, wie die Stimmen zu einem Bild werden: «Der Ton der 100 Menschen wurde übersetzt durch einen kleinen Lautsprecher, auf dem ein Flaschendeckel mit Wasser darin sitzt. Und das Wasser gerät in Schwingung. Und so sehen wir den Sound, den wir machen. Also Schallwellen werden zu Wasserwellen.» Und diese Wellen und ihre Lichtreflexionen ergeben schließlich das symmetrische Mandala, das während der Aktion direkt auf drei Leinwänden gezeigt wurde.
Das Mandala «We are One» soll für Zusammenhalt stehen und Gemeinsamkeit zeigen und nun als Zeichen der Inklusion symbolisch um die Welt gehen - auch über die sozialen Netzwerke der Teilnehmenden. Initiator Schierhorn sagte dazu: «Und wenn das klappt, wäre es das größte Geschenk nicht nur für Weihnachten, sondern ich glaube auch für die Inklusions-Szene.»
Zu den Gästen gehörte auch Masoumeh Khaze Tabriz. Sie ist gehörlos und hatte ihre Gebärdendolmetscherin dabei. Obwohl sie nicht direkt mitsingen konnte, war sie beeindruckt von dem Projekt: «Was ich in mir gefühlt habe, war tatsächlich vor allem, dass wir alle eins sind. Dass ich als gehörlose Person Teil des Ganzen sein darf und einfach diese Bilder zu erleben, das war für mich etwas unglaublich Schönes.» Sie wünscht sich, dass Menschen durch dieses Bild erleben können, dass Inklusion funktioniert und dass niemand einen unterschiedlichen Wert hat, sondern dass sich alle auf Augenhöhe begegnen können. «Das würde ich mir wünschen, dass dieses Bild dafür stehen kann.»
Auch Travestiekünstlerin Lilo Wanders zeigte sich begeistert von dem Gemeinschaftserlebnis. «Ich bin, um das hohe Wort zu gebrauchen, ein bisschen beseelt. Es war toll.» Sie hofft nun, dass sich viele Menschen mit den Gedanken, die dahinter stecken, beschäftigen. Das sei vor allem: «Harmonie! Dass wir friedvoll miteinander umgehen wollen.»
Die Klang- und Bildinstallation ist eine Aktion von Fame Forest. Im Rahmen dieses Naturschutz- und Gesellschaftsprojektes der Barclays-Arena wird für jeden Auftretenden ein Baum gepflanzt. So sind bereits rund 25 Hektar Wald und Blühwiesen entstanden.