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«Verteilungskämpfe»: Kultur in Zeiten der Finanzkrise

Schwierige Haushaltslagen gefährden viele Einrichtungen in ihrer Arbeit. Schnell trifft es dabei die Kulturszene mit ihren häufig freiwilligen Zuwendungen. Eine Zwickmühle für die Kulturpolitik.
Kultursenator Joe Chialo
Joe Chialo (CDU), Berlins Kultursenator, spricht im dpa-Interview. © Britta Pedersen/dpa

In Zeiten von Finanzkrisen landen öffentliche Mittel für Kultureinrichtungen besonders rasch auf der Streichliste. «Der größte Feind der Finanzierung in der Kultur ist das Thema freiwillige Aufgabe», sagte Katrin Budde, Vorsitze des Kulturausschusses im Bundestag, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Kultur als Staatsziel im Grundgesetz?

Der Bund sei bei der Kulturfinanzierung nur für bestimmte Bereiche zuständig. Der kooperative Kulturföderalismus mit den Ländern funktioniere gut. Grundproblem sei, «dass in den Kommunalverfassungen die Kultur als freiwillige Aufgabe steht», sagte die SPD-Politikerin. Bei Spardruck gehe es immer zuerst um Kultur, was auch von Landesrechnungshöfen so gefordert werde. «Da kann man auch nicht nur die Kommunen beschimpfen. Das ist halt nur ihre freiwillige Aufgabe.»

Budde will Kultur als «ein Stück Daseinsvorsorge» sichern: «Sehr wichtig wäre für die Finanzierung als Grundsatz die Stärkung von Kultur als Staatsziel im Grundgesetz.» Das stehe auch im Koalitionsvertrag. «Da haben wir mit Erschrecken im Ausschuss feststellen müssen, dass die CDU/CSU das nicht mehr will.»

Die Ausschussvorsitzende erhofft sich eine Festigung auch über das Grundgesetz hinaus. «Aus einem Staatsziel kann nicht jeder Verein oder jedes Theater seinen Finanzierungsanspruch ableiten. Aber in der Abwägung, wofür gebe ich Geld aus, müsste Kultur gestärkt werden und als eine Pflichtaufgabe von den Ländern in die Kommunalverfassungen geschrieben werden.»

«Nichts wird so bleiben, wie es ist»

Auch Berlins Kultursenator Joe Chialo gehört zu den Ressortchefs in den 16 Ländern, die um Finanzen für die Einrichtungen kämpfen müssen. «Ich habe ganz am Anfang gesagt: Nichts wird so bleiben, wie es ist», sagte der CDU-Politiker der dpa. Den Haushalt nennt er «eine Wegzehrung», um die Kultur widerstandsfähig zu machen, «aber er dient nicht dazu, weitere Träumereien in irgendeiner Form ausleben zu können». Chialo stellt Fragen: «Sind die Ausgaben, die wir in einer Kulturinstitution machen, wirklich notwendig? Sind die Stücke, die wir jetzt bisher ohne großes Nachdenken immer inszeniert haben, in der Form vielleicht anders umsetzbar? Kriegen wir die Emotionen auch noch anders hin?» Er will Doppelstrukturen hinterfragen und mit Kooperationen Geld sparen. «Macht es für große Kulturinstitutionen Sinn, mit der freien Szene in irgendeiner Form zusammenzukommen, sich zu überlegen, wie können wir diese Synergien sinnvoll nutzen?»

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth erwartet härtere Zeiten. «Die Verteilungskämpfe werden größer», sagte die Grünen-Politikerin der dpa. Notwendig sei «ein klares Bekenntnis des Staates auf allen Ebenen zur Bedeutung von Kunst und Kultur». Auch Roth bedauerte, dass Kultur noch nicht als Staatsziel im Grundgesetz verankern werden konnte. Ohne die Union gebe es nicht die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. «Weil Kultur eine freiwillige Aufgabe ist, schauen dort viele Gemeinden, wenn es um Einsparungen geht. Wir können mit einem Staatsziel Kultur im Grundgesetz niemanden verpflichten, aber es wäre eine wegweisende Verantwortungsbekundung.»

Kultur sei kein Luxus in guten Zeiten, «sondern gerade in Zeiten der Krise, gerade wenn es schwierig ist, ist Kultur von enormer Bedeutung», so Roth. «Verbände und Organisationen vieler gesellschaftlicher Gruppen sagen, dass kulturelle Integration und Kultur unglaublich wichtig sind für unsere Demokratie, für eine Gesellschaft, die vielfältig ist, die divers ist, eine Kultur, die diese Diversität auch abbilden sollte.»

Roth verwies auf die verbindende Funktion. «Kultur spielt eine zentrale Bedeutung in einer Gesellschaft, die gequält ist von Krisen und die auch bedroht ist von denen, die Krisen für Spaltungsversuche missbrauchen wollen.»

«Kulturpolitik Kernbereich der Länder»

Der bayerische Kunstminister Markus Blume lehnt Kultur als Staatsziel im Grundgesetz ab und verweist auf Länderkompetenzen. «Die Kulturpolitik ist völlig zu Recht Kernbereich der Eigenstaatlichkeit der Länder», sagte der CSU-Politiker in München. «Garant für das vielschichtige, vielseitige und regional verwurzelte kulturelle Profil unseres Landes ist der Föderalismus. Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen ist reine Symbolpolitik. Das braucht es nicht, damit sich der Staat zur Bedeutung von Kunst und Kultur bekennt.»

© dpa
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