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Deutsche Wirtschaft in Herbst-Tristesse - Prognose gesenkt

Die Wirtschaft steckt in einer Wachstumskrise fest. Es gibt viele strukturelle Probleme. Private Konsumenten legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante.
Konjunktur
Vorstellung der Wirtschaftsdiagnose Herbst 2024
Vorstellung der Wirtschaftsdiagnose Herbst 2024

Die deutsche Wirtschaft ist in einer Herbst-Tristesse. Ein Wort prägt die Lage: Unsicherheit - bei Unternehmen und privaten Haushalten. Und führende Wirtschaftsforschungsinstitute senken ihre Konjunkturprognose. Für das laufende Jahr wird nun eine sinkende Wirtschaftsleistung erwartet, für das kommende Jahr nur ein kleines Plus. Die Wirtschaft tritt weiter auf der Stelle.

Institute sind pessimistischer

Die Institute erwarten für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um 0,1 Prozent. Für die kommenden beiden Jahre wird nur eine schwache Erholung mit Zuwächsen von 0,8 Prozent im Jahr 2025 und 1,3 Prozent im Jahr 2026 erwartet. Im Frühjahr hatten die Institute für 2024 noch ein minimales Plus von 0,1 Prozent vorhergesagt und für 2025 mit einem Wachstum von 1,4 Prozent gerechnet. 

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Eine «schwungvolle Erholung» sei nicht zu erwarten, sagte Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Im Gegenteil: Vor allem der durch den demografischen Wandel ausgelöste Fachkräftemangel bremst mittel- und langfristig das Wachstum. 

Wenig Investitionen - Konsumenten sparen 

Das nach wie vor hohe Zinsniveau und die hohe wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit belasten laut der «Gemeinschaftsdiagnose» die Investitionstätigkeit der Unternehmen. «Die privaten Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt Geld für neue Wohnbauten oder Konsumgüter auszugeben.» Die Sparquote lag demnach zuletzt mit 11,3 Prozent über ihrem langfristigen Niveau. Und das, obwohl viele Menschen nach höheren Lohnabschlüssen wieder mehr Geld zur Verfügung haben. 

Konsum schwächelt

Der private Konsum hilft der Konjunktur schon seit vielen Monaten nicht mehr auf die Sprünge. Zwar ist die Stimmung unter den Verbrauchern dem neuesten GfK-Konsumklimaindex zufolge zumindest nicht schlechter geworden. Das bedeutet aber nur eine Stabilisierung auf sehr niedrigem Niveau. Die zunehmende Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes angesichts von Nachrichten über Insolvenzen und Arbeitsplatzabbau lasse die Verbraucher zusätzlich vorsichtig werden, was Anschaffungen angehe. Allerdings ist der Arbeitsmarkt durchaus noch immer robust. . 

Immerhin: Die längere Zeit hohe Inflation ist deutlich gesunken. Die Institute erwarten in diesem Jahr einen Anstieg der Verbraucherpreise von 2,2 Prozent und 2,0 Prozent im Jahr
2025.

Strukturelle Probleme

Der Export als Zugpferd der deutschen Wirtschaft schwächelt. Zunehmende Konkurrenz durch hochwertige Industriegüter aus China verdrängten deutsche Exporte auf den Weltmärkten, so die Institute. Außerdem gibt es viele strukturelle Probleme: So belasten im internationalen Vergleich hohe Energiepreise viele deutsche Firmen. 

Die Produktion energieintensiver Industrien liegt laut der «Gemeinschaftsdiagnose» der Institute etwa 15 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2021. Unternehmen beklagen außerdem eine ausufernde Bürokratie, zu viele Vorgaben zum Beispiel in der Klimapolitik oder lange Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Strukturwandel hat Folgen

Viele Unternehmen stecken in einem Strukturwandel - hin zu einer klimafreundlicheren Produktionsweise. Hohe Energiepreise und andere Probleme aber belasten den Umbau. Das bleibt nicht ohne Spuren. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte vor kurzem, das Risiko einer De-Industrialisierung durch die stille Abwanderung und Aufgabe gerade vieler Mittelständler nehme kontinuierlich zu und sei teils schon eingetreten. 

«Die Stimmung in einer wachsenden Zahl von Unternehmen in allen Regionen unseres Landes ist dramatisch schlecht», sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. «Mich erreichen immer mehr Hilferufe von Betrieben, die vor dem Aus stehen.»

Unternehmen in der Krise 

Namhafte Traditionsfirmen sorgten zuletzt für Schlagzeilen. Beispiel Miele: Der Hausgeräte-Hersteller kündigte an, in Deutschland etwa jede neunte Stelle abbauen zu wollen - rund 1.300 Stellen. Die Nachfrage schwächelt. Unter Druck geraten ist auch eine der deutschen Schlüsselbranchen, die Autoindustrie. Sie befindet sich in einem grundlegenden Wandel.

Allerdings ist die Nachfrage nach Elektroautos eingebrochen. Das trifft Hersteller, aber auch Zulieferer. So kündigte ZF an, in den kommenden vier Jahren bis zu 14.000 Stellen in Deutschland zu streichen. 

Viel Wirbel ausgelöst hat der Schritt von Volkswagen, die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufzukündigen - Werksschließungen und betriebsbedingte Entlassungen sind nicht mehr ausgeschlossen. Dagegen gibt es erbitterten Widerstand von Betriebsrat und IG Metall. 

Ampel sorgt für Unsicherheit 

Die Wirtschaftsforschungsinstitute blicken kritisch auf den Zustand der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP angesichts auch von öffentlich ausgetragenen Dauerstreitigkeiten. Es gebe einen «weiteren deutlichen Anstieg der politischen Unsicherheit», so die Institute. Die Ampel-Partner verfolgten unterschiedliche politische Ziele. Obwohl die Bundesregierung einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 verabschiedet habe, bleibe die Sorge über eine mögliche «Handlungsunfähigkeit» der Regierungskoalition. 

Wachstumspaket zu kleinteilig

Die Bundesregierung will mit einer «Wachstumsinitiative» mit insgesamt 49 Maßnahmen die Konjunktur ankurbeln. Geplant sind etwa steuerliche Verbesserungen für Firmen sowie Anreize, um das Arbeitsangebot auszuweiten. Erwartung der Regierung: Das Wachstumspaket könnte im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen.

Das sehen die Institute nicht. Zwar biete die «Wachstumsinitiative» einige gute Ansätze. Diese seien aber noch längst nicht umgesetzt. Es handle sich zudem um viele kleinteilige Maßnahmen, sagte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Mit dem Paket werde man das Ruder nicht umreißen lassen. 

© dpa ⁄ Andreas Hoenig, dpa
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