Trainer Luis Enrique warf den Fans erleichtert Kusshände zu, seine überglücklichen Spieler starteten ihre Ehrenrunde im Estadio La Cartuja zu den Klängen von «E viva Espana».
Mitfavorit Spanien hat die erste Fußball-Fiesta gefeiert und ist mit seinem höchsten Sieg bei einer EM-Endrunde ins Achtelfinale gestürmt. Trotz eines erneut verschossenen Elfmeters feierte der dreimalige Europameister am Mittwoch im Glutofen von Sevilla beim souveränen 5:0 (2:0) gegen die ausgeschiedene Slowakei den ersten Erfolg bei diesem Turnier und geht mit großem Selbstvertrauen ins K.o.-Spiel gegen Vizeweltmeister Kroatien.
«Das wird ein schweres Spiel, aber wir gehen mit viel Zuversicht in die Runde der besten 16 Mannschaften», sagte Enrique und kündigte an: «Jetzt ist auch mal Zeit zu feiern. Wir werden auf der Heimreise nach Madrid auch ein Bier trinken.» Ähnlich zufrieden äußerte sich Kapitän Sergio Busquets: «Das war genau das, was wir gebraucht haben. Dieser Sieg ist ein riesiger Moralschub», sagte er und fügte mit Blick auf das Duell mit den Kroaten am kommenden Montag in Kopenhagen hinzu: «Wir sind zuversichtlich. Hoffentlich werden wir gut drauf sein.»
Furiose «Furja Roja»
Nach der Führung durch ein Slapstick-Eigentor des slowakischen Torhüters Martin Dúbravka (30. Minute) sorgten Aymeric Laporte (45.+3), Pablo Sarabia (56.), Ferran Torres (67.) und ein weiteres Eigentor von Juraj Kucka (71.) für ausgelassenen Jubel der 12.580 Zuschauer. «Es hat nicht alles geklappt, aber ich bin glücklich, weil wir den Leuten Freude bereitet haben und die Spieler sich selbst auch», resümierte Enrique. Noch euphorischer war Abwehrspieler Laporte: «Es ist ein Traum, heute hier zu sein und das mit den Leuten zu erleben, die so viel Freude dabei hatten.»
Selbst Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich beeindruckt. «Dass die Spanier mal explodieren, habe ich schon auch erwartet. Wenn Spanien mal ins Laufen kommt, ist es exzellent», sagte Löw kurz vor dem Gruppenfinale der DFB-Auswahl gegen Ungarn im ZDF.
Den bisher höchsten EM-Sieg hatte die diesmal furiose «Furja Roja» beim Titel-Triumph vor neun Jahren gefeiert - damals gab es zweimal ein 4:0, unter anderem im Finale gegen Italien. «Spanien betritt die EM», titelte die spanische Zeitung «Marca» und «As» schrieb treffend: «Spanien entkorkt.»
Auf Eigentore folgt Schützenfest
Angetrieben von Corona-Rückkehrer Busquets präsentierte sich das Team von Luis Enrique, der RB Leipzigs Dani Olmo dieses Mal auf die Bank setzte, deutlich verbessert. Nach zwei mageren Unentschieden gegen Schweden (0:0) und Polen (1:1) könnte das Schützenfest nun eine Initialzündung für den Titel-Mitfavoriten sein, der die Gruppe E mit fünf Punkten als Zweiter hinter Schweden (7) abschloss.
Bei hochsommerlichen Temperaturen ließen es beide Teams zu Beginn erst einmal ruhig angehen - und doch hätten die Spanier früh in Führung gehen können. Jakub Hromada kam im eigenen Strafraum gegen Koke einen Tick zu spät, nach Ansicht der Videobilder entschied Schiedsrichter Björn Kuipers auf Strafstoß. Nachdem Gerard Moreno gegen Polen vom Punkt vergeben hatte, schnappte sich Morata den Ball. Doch sein Schuss geriet zu unplatziert, so dass Dúbravka im slowakischen Tor parieren konnte. Zwei Elfmeter innerhalb der regulären Spielzeit hatte bei einer EM-Endrunde zuletzt die Niederlande vor 21 Jahren verschossen.
Die Gastgeber steckten den Stimmungsdämpfer jedoch unbeeindruckt weg und drückten vehement auf das Führungstor. Das fiel dann auch, allerdings unter Mithilfe des Gegners. Nach einem Lattenknaller von Sarabia wollte Dúbravka den kurz vor der Torlinie herunterfallenden Ball über die Latte fausten, bugsierte diesen aber zum Entsetzen seiner Mitspieler ins eigene Netz. Es war bereits das siebte Eigentor bei diesem Turnier, dem später durch Kucka noch das achte folgen sollte - so viele gab es nie zuvor bei einer EM-Endrunde.
Auch beim zweiten Treffer der klar überlegenen Spanier durch einen Kopfball von Laporte machte der 32 Jahre alte Torwart vom englischen Premier-League-Club Newcastle United eine unglückliche Figur. Nach dem Wechsel ruhten sich die Spanier nicht auf dem komfortablen Polster aus, sondern stürmten munter weiter. Die Tore gegen völlig überforderte Slowaken fielen fast zwangsläufig.
So sollte Enrique recht behalten, der vor der Partie zur bisherigen Torflaute seines Teams erklärt hatte: «Es ist wie eine Flasche Cava, die nur geöffnet werden muss, und dann sprudelt es heraus.» Nach dem Abpfiff konstatierte er: «Wir haben die Flasche Cava aufgemacht. Nun ist es Zeit, die nächste zu öffnen.»