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Ja, mir san mit’m E-Bike da: Radrunde durchs Salzkammergut

Königliche Pflaster, eine kuriose Klo-Sammlung: Die Wegmarken sind abwechslungsreich und dank Alpenkulisse, saftigen Wiesen und kristallklaren Seen auch erwartbar schön. Ein Tour-Bericht in 5 Etappen.
Die Skisprungschanze am Kulm
Schwanenboote und Schwäne auf einem See
Blick auf Schloss Trautenfels
Eine Brücke in der Steiermark
Brücke mit Liebesschlössern in Salzburg
Keramikkünstler Thomas Gschwandtner
Ein Steg am Hallstätter See
Der Attersee in Unterach
Der Park von Bad Aussee
Johannes Weidinger, Leiter des Kammerhofmuseums
Brot, Butter und Bier stehen auf einem Tisch
Eine Holzkapelle zwischen Bad Aussee und Trautenfels
Der Salzkammergut-Radweg

Lieber vom Radeln Schweißperlen auf der Stirn als von der leidigen Parkplatzsuche – allein das ist ein gutes Argument, um das Salzkammergut entspannt per E-Bike zu entdecken. Aber die Gründe sich in der Region auf den Fahrradsattel zu schwingen sind natürlich spezieller: Bilderbuch-Österreich, königliche Geschichte und durchaus kuriose Begegnungen warten am Wegesrand.

Auf 313 Kilometern verknüpft der Salzkammergut-Radweg in weiten Schleifen die schönsten Winkel des historischen Kulturraums miteinander, der etwa 2800 Quadratkilometer umfasst und sich über die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark erstreckt. In den Radweg - in weiten Teilen ein Rundkurs - einsteigen, kann man im gut erreichbaren Salzburg. 

1. Salzburg-Mondsee: 70 Kilometer und kristallklare Gewässer

Zum Auftakt ein Glanzlicht: Salzburgs Altstadt mit dem Dom, dem Residenzbrunnen, Mozarts Geburtshaus. Im musealen Innern steht man im Radler-Outfit vor einem Gemälde, das den siebenjährigen Wunderknaben in Gala-Kleidung zeigt. Eine seltsame Komposition. Soll man sich am Ende des Rundgangs im Shop mit Mozartkugeln als Kalorienreserve für unterwegs eindecken? Oder doch eher mit einem «Mozart»-Eau de Toilette, um nach Radeltagen besser zu riechen?

Draußen übertönt der Sound der Salzach den Nachklang von Mozarts interaktiven Hörproben. Strampelnd löst man sich aus dem Strom der Besuchermassen. Flussabwärts und im Waldstück nach Anthering gewinnt die Ruhe die Oberhand.

Saftig grüne Wiesen geraten ebenso zu Wegbegleitern wie Bildstöcke, verstreute Dörfer, Gehöfte. In Hamberg setzt «Bartl’s Hofladen» auf ehrliche Kunden und den Absatz von Käse und Joghurt: In dem Holzhäuschen liegt das Wechselgeld offen aus.

Beim Seen-Hopping überzeugt der Obertrumer See mit Ministränden in Seeham, gefolgt von Mattsee und Irrsee. Die Gewässer sind kristallklar. Fische flitzen umher. Zur wärmeren Jahreszeit sollte man Badezeug griffbereit haben. Kurz vor dem Etappenziel Mondsee lehrt das hausgemachte Holzofenbrot der Erlachmühle, wie Brot schmecken kann. Dazu ein Bauernmost.

Highlight in Mondsee ist die Basilika mit ihren Hochaltären voller Engelsfiguren, den kunstvollen Schnitzmustern der Bänke. Als Fortschritte der Amtskirche darf man die Kinderspielecke in den heiligen Hallen sowie die Möglichkeit deuten, per Handy und QR-Code zu spenden. Mit Kalendern und Kühlschrankmagneten läuft die Vermarktung des oscargekrönten Hollywoodklassikers «Meine Lieder - meine Träume» (1965), von dem Sequenzen hier gedreht wurden.

2. Mondsee-Gmunden: 66 Kilometer und unendliche Klimt-Kulissen

Filmreif ist der Mondsee, in dem sich Wolken, Steilflanken, Jachten und vorbeiziehende Schwäne spiegeln. Private Boots- und Badestege schieben sich aufs Wasser hinaus.

Nach einem Durchhänger auf der Landstraße versöhnt der Attersee in Unterach mit seiner Stimmung, dem Badeplatz, den Ruhebänken. Am Westufer in Nußdorf eignet sich der Pavillon beim Schiffsanleger für eine Pause. Gegenüber steht ein Friedensbaum, von irgendwoher hallen Kuckucksrufe.

Fast komplett schindelgedeckt ist die Kirche von Abtsdorf, die sich bei der Durchfahrt mit einem Glockenschlag Gehör verschafft. Am Nordsaum des Attersees erinnern im Park in Kammer Infotafeln und ein Hochbeet-Garten an den Maler Gustav Klimt (1862-1918). Viele Jahre lang genoss er hier die Sommerfrische. Am Attersee entstand der überwiegende Teil seiner über 50 Landschaftsgemälde.

Das letzte Drittel der Etappe bis zum Traunsee ist eine unerfreuliche Durststrecke, umso angenehmer dann der Empfang in Gmunden mit dem Seeschloss Ort, der Promenade, den Bergkulissen. Unscheinbar wirkt der Eingang ins Kammerhofmuseum, wo sich Leiter Johannes Weidinger an der Sektion «Klo & so» begeistert.

«Es ist die Geschichte der Toilette in den letzten 200 Jahren, seit der Biedermeierzeit», umreißt er die originelle Sammlung, die sich durch den Bezug zur örtlichen Keramikproduktion erklärt. Prunkstücke sind ein Wasserklosett mit Delfin-Dekoration aus dem Besitz von Kaiserin Sisi, eine Reisetoilette ihres Gemahls Franz Joseph und eine Spezialanfertigung für den Dirigenten Herbert von Karajan, der auf dem stillen Örtchen auf den Einsatz der Hände verzichtete.

Es war eine Toilette «mit Wasserstrahl, Föhn und einem Fußpedal zum Spülen», klärt Weidinger auf. Kurios ist auch die Sammlung historischer Nachttöpfe. In einem anderen Teil des Museums steht das Salz im Fokus, das dem Salzkammergut den Namen einbrachte und seit 7000 Jahren abgebaut wird.

3. Gmunden-Hallstatt: 65 Kilometer und leere Schließfächer

Stärkung gefällig? Konditor Michael Klein hat für sein Gmundener Kaffeehaus «La Sonett» die Salzkammergut-Tarte erfunden. «Ich wollte mit meinem Team eine Tarte kreieren, die die Region widerspiegelt, indem wir die Gmundener Molkereien und das Bad Ischler Salz vereinen», sagt der 34-Jährige.

Basis ist ein Mürbeteig-Tartelette. Darüber kommen Milchcreme, geröstetes Milchpulver, Karamell in Form des Traunsees und drei Haselnüsse als Symbole für das Ortstrio Gmunden, Traunkirchen und Ebensee. Ausgefallen ist auch Kleins Unterkunft über dem Café: das Apartment «Benedict», eingerichtet im einstigen Safe der Volksbank. Durch die erhaltene Safetür geht es ins Bad mit Original-Schließfächern – doch die sind leer.

Die Strecke von Traunkirchen über Bad Ischl und Bad Goisern verliert sich im Mittelmaß und steuert auf ein Highlight zu: den Ostsaum des Hallstätter Sees. Herrlicher geht’s kaum als bis Obertraun, weg vom Verkehr, teils nah am Ufer entlang und über einen breiten Steg mit rutschfestem Untergrund. Die letzte Schleife des Tages führt auf dem Radweg nach Hallstatt.

4. Hallstatt-Trautenfels: 52 Kilometer und teure Lederhosen

«Hallstatt ist kein Museum», mahnen Tafeln auf Chinesisch und Englisch. Manchmal ertrinkt der Ort am Hallstätter See in Besucherfluten. Bei den Andenken rangiert der Tinnef obenan, sodass man die Werke von Keramikkünstler Thomas Gschwandtner fast übersieht.

«Es ist alles Handarbeit», sagt er. Am besten, so der 55-Jährige, verkaufe sich der dreifach gebrannte Lebensbaum zum Aufhängen. Alljährlich im Sommer pflegt er eine besondere Beziehung zum Rad. Bei der «Salzkammergut Trophy», einem Mountainbike-Marathon, mimt er den Teufel und feuert die Teilnehmer an.

Die heutige Etappe ist von Landschaftswechseln und Streckenführung her, teils auf Erdwegen, die attraktivste. Sie schlängelt sich ins entlegenste Eck des Salzkammergut-Radwegs: durch die Steiermark nach Trautenfels.

In der Trachtenhauptstadt Bad Aussee ist Christian Raich einer der letzten Lederhosenmacher der Region. Der 54-Jährige fertigt kurze Modelle, nur nach Maß und aus gegerbtem Reh-, Hirsch- oder Gamsleder. «Die Lederhose kommt nicht aus der Mode», sagt er. 

Selbst zu einem Begräbnis könne man in der Lederhose erscheinen: «Das ist bei uns traditionell.» Die Bestellung braucht Geduld. Raich hat ein Jahr Vorlaufzeit. Das günstigste Modell kostet 1700 Euro.

Es geht durch Wiesen- und Waldland, vorbei an einer Holzkapelle. Davor stehen Blumenkübel und eine Milchkanne. Majestätisch steigt der Gebirgsstock des Grimming (2351 Meter) auf. Weitere Fotomotive sind die Steildächer der steirischen Häuser, die Skisprungschanze am Kulm, zum Schluss das Schloss von Trautenfels.

Da der Fernradweg kein komplett geschlossener Rundweg ist, nimmt man bei Trautenfels am Bahnhof Stainach-Irdning den Zug und rauscht mit dem Bike an Bord zurück nach Bad Ischl.

5. Bad Ischl-Salzburg: 60 Kilometer und die alte Wiener Sommerfrische

In Bad Ischl lernte Franz Joseph seine Sisi kennen, das Paar residierte später in der Kaiservilla. Die österreichischen Royals bereiteten den Boden als historisches Promi-Pflaster, hier fand die Wiener Sommerfrische-Gesellschaft zusammen. 

Fixpunkt in der Ferienlandschaft ist St. Wolfgang am Wolfgangsee mit hübschen Gassen, Touristenkommerz, der Kirche und dem legendären «Im weissen Rössl». Das Hotel war Schauplatz vieler Verfilmungen und Kulisse der gleichnamigen Operette von Ralph Benatzky.

Die Radlermuskeln entspannen auf dem Schiff nach St. Gilgen, Berg- und Seekulissen sind hier das große Kino. Letztes Gewässer auf der Tour ist der Fuschlsee. Später verflachen die Eindrücke mit der Landschaft. Das Finale ist eine schöne Trasse durch Wald- und Wiesenland. Willkommen zurück in Salzburg. An einer Brücke klemmen Liebesschlösschen. Im Hintergrund werfen sich die Festung und eisweiße Bergspitzen auf.

Links, Tipps, Praktisches:

Reisezeit: Radsaison ist von Mitte Mai bis Mitte Oktober; im Juli und August ist die rechtzeitige Reservierung von Unterkünften ratsam.

Anreise: Mit dem Auto fährt man etwa ab München gut zwei Stunden nach Salzburg, ab Hamburg neuneinhalb und ab Berlin siebeneinhalb Stunden. Von Deutschland aus gibt es auch zahlreiche Direktverbindungen mit der Bahn.

Der Radweg: Der Salzkammergut-Radweg ist mit grün-weißen Radschildern markiert und als «R 2» – in der Steiermark: «R 19» – ausgewiesen. Der Schwierigkeitsgrad ist niedrig, Alpenpässe müssen nicht bewältigt werden. Es geht über Asphalt, Pfade, Schotter, Wanderweg und Nebenstraßen. Vereinzelt findet man an der Strecke kostenlose Rad-Servicestationen mit Pumpe und Werkzeug. Auch E-Bike-Ladestationen gibt es.

Planung und Organisation: Entweder in Eigenregie oder als Paket-Arrangement mit Radverleih, Unterkünften und Gepäcktransport von Quartier zu Quartier über Salzkammergut Touristik oder OÖ Touristik.

Unterkunft und Versorgung: Unterwegs ist die Infrastruktur mit Quartieren, Einkehr- und Einkaufsmöglichkeiten gut. Bei den Unterkünften reicht die Auswahl von privaten Zimmervermietern (auf dem Land auch auf Bauernhöfen) über Gasthöfe bis zu komfortablen Sterne-Hotels.

Weitere Auskünfte: salzkammergut.at

© dpa ⁄ Andreas Drouve, dpa
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