Wer an Gefangenenaustausch denkt, kommt an der Zeit des Kalten Kriegs kaum vorbei. Aber auch danach gab es noch spektakuläre Übergaben. Eine Auswahl spektakulärer Fälle:
Kalter Krieg: Tauschaktionen zwischen West- und Ost-Mächten
Der erste große Agentenaustausch zwischen West und Ost findet am 10. Februar 1962 auf der Glienicker Brücke zwischen West-Berlin und Potsdam statt. Mit Gary Powers darf ein US-Pilot die Grenze passieren. 1960 über der Sowjetunion abgeschossen, konnte er sich mit dem Fallschirm retten. Er wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im Gegenzug darf der in den USA gefasste sowjetische Spitzenspion Rudolf Abel über die Brücke gehen.
Über zwei Jahrzehnte später kommt es zum größten Agenten-Ringtausch im Kalten Krieg: Am 11. Juni 1985 wechseln 25 in der DDR aufgeflogene CIA-Spione nach West-Berlin. Im Gegenzug übergeben die West-Alliierten vier Ost-Agenten. Beim dritten und letzten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke gehen am 11. Februar 1986 vier im Westen und fünf im Osten Inhaftierte über die Flussgrenze, unter ihnen der sowjetische Bürgerrechtler Nathan Scharanski, auf dessen Freilassung die USA gedrängt hatten.
DDR-Spion Günter Guillaume kehrt zuvor im Oktober 1981 bei einem Agentenaustausch in den Osten zurück. Seine Enttarnung und Festnahme Ende April 1974 führte zum Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt einige Wochen später. Von der 1975 verhängten Freiheitsstrafe von 13 Jahren hatte Guillaume, der von 1972 bis 1974 Brandts persönlicher Referent war, weniger als die Hälfte verbüßen müssen. In den Schlagzeilen wurde die Übergabe Anfang Oktober 1981 als «größte Tauschaktion» zwischen der Bundesrepublik und der DDR bezeichnet.
Hamas-Führer, Hisbollah, israelischer Soldat: Austausche im Nahen Osten
Anfang Oktober 1997 kehrt der von Israel freigelassene schwer kranke Hamas-Gründer Scheich Ahmed Jassin nach Gaza zurück. Dem Flug stimmt Israel jedoch nur zu, weil Jordanien zwei Mossad-Agenten auf freien Fuß lässt. Im Austausch gegen die Agenten werden weitere 22 palästinensische Häftlinge freigelassen.
Der bis zu diesem Zeitpunkt größte Gefangenenaustausch seit zwei Jahrzehnten im Nahostkonflikt wird unter deutscher Vermittlung Ende Januar 2004 erfolgreich abgeschlossen. Auf dem Flughafen Köln-Bonn übernehmen israelische Gesandte von den libanesischen Hisbollah-Milizen den entführten Geschäftsmann Elchanan Tennenboim sowie die Leichen von drei israelischen Soldaten.
Im Austausch bringt ein deutscher Luftwaffen-Airbus etwa 30 von Israel freigelassene Araber nach Beirut, unter ihnen die Guerillaführer Scheich Abdel Karim Obeid und Mustafa Dirani sowie der Deutsche Steven Smyrek. Gleichzeitig lässt Israel im Westjordanland und im Gaza-Streifen über 400 Palästinenser frei und übergibt die Leichen von etwa 60 Hisbollah-Kämpfern.
Spektakulär ist einige Jahre später auch der Fall Gilad Schalit, der am 18. Oktober 2011 mit seiner Freilassung endet. Nach mehr als fünf Jahren Verhandlungen willigen Israel und die islamistische Hamas in einen umfassenden Gefangenenaustausch ein. Der im Juni 2006 entführte israelische Soldat Schalit darf gehen - im Austausch gegen insgesamt 1027 palästinensische Häftlinge.
Von Spionageskandalen bis Cannabis-Kartuschen: Russland und die USA
Auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es spektakuläre Gefangenenaustausche zwischen den USA und Russland: Am 28. Juni 2010 heben amerikanische Ermittler ein Netz von Agenten aus, die für Russland in den USA spioniert haben sollen. Seit den 1990ern sollen sie Informanten rekrutiert und Informationen für Moskau gesammelt haben. Am 9. Juli werden die zehn festgenommenen Spione nach Russland ausgewiesen, Moskau lässt im Gegenzug vier Personen frei. Es gilt bis dato als der größte Agentenaustausch seit dem Ende des Kalten Kriegs.
Am 11. November 2010 enthüllen russische Medien, dass der Leiter der US-Abteilung C des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Oberst Schtscherbakow, die Spione verraten haben soll. Rund ein halbes Jahr später verurteilt ihn ein Moskauer Gericht in Abwesenheit zu 25 Jahren Haft, da er den Amerikanern die Namen von zwölf russischen Spionen preisgegeben hatte - unter anderem auch die als Meister-Spionin bezeichnete Anna Chapman.
Für mediales Aufsehen sorgt auch der Fall Brittany Griner: Kurz vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird die US-Basketballerin im Februar 2022 bei ihrer Ankunft am Moskauer Flughafen wegen Drogenbesitzes festgenommen. Die Zollbehörden in Moskau finden bei einer Kontrolle des Gepäcks sogenannte Vape-Kartuschen mit Cannabis-Öl. Als Konsequenz soll die zweifache Olympiasiegerin neun Jahre in Haft. Nach fast zehnmonatiger Gefangenschaft und monatelangen Verhandlungen zwischen Moskau und Washington wird Griner im Dezember 2022 im Rahmen eines Austausches gegen den in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler Viktor Brut freigelassen.