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Pistorius verteidigt Raketen-Stationierung

Die USA und Deutschland haben vereinbart, ab 2026 weitreichende US-Waffen in Stellung zu bringen. In der Ampel gibt es bei der Kanzlerpartei SPD Bedenken. Kritiker fordern eine offene Debatte.
Verteidigungsminister Pistorius besucht Hawaii
Verteidigungsminister Pistorius besucht Pearl Harbor
Ralf Stegner (SPD)
Grünen-Chefin Ricarda Lang

Angesichts der geplanten Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland äußern Vertreter der Kanzlerpartei SPD weiterhin Bedenken. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius - ebenfalls SPD - verteidigte die Pläne dagegen erneut. Vom grünen Regierungspartner und aus der Union kommt Kritik an der Kommunikation der Entscheidung zur Stationierung der Waffen durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Pistorius sagte am Dienstag (Ortszeit) am Rande eines Besuchs im US-Bundesstaat Hawaii, es gehe bei der Stationierung um konventionelle Waffen, die nicht als Waffen mit nuklearen Sprengköpfen vorgesehen seien. «Das muss man zur Beruhigung all derer, die sich hier Sorgen machen, sehr deutlich unterstreichen.» Russland verfüge über Waffen dieser und anderer Reichweiten schon seit geraumer Zeit und habe dazu den Rüstungskontrollvertrag INF verletzt und aufgekündigt, der nukleare Mittelstreckensysteme regelt. Bei der Stationierung weiterreichender Waffen mit konventionellen Sprengköpfen gehe es nun um «echte Abschreckung», sagte Pistorius.

SPD-Abgeordneter Stegner: Mit Russland verhandeln

Man dürfe «die Welt nicht gefährlicher machen, nicht in einen neuen Rüstungswettlauf eintreten», warnte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner im WDR 5-«Morgenecho». «Wir müssen sehen, dass wir mit Russland in Verhandlungen eintreten. Das ist schwierig, das ist mir klar, aber Aufrüstung ist die schlechteste Variante, die wir gebrauchen können.»

Stegner ist nicht die einzige kritische Stimme in der SPD. Fraktionschef Rolf Mützenich hatte vor dem Risiko einer militärischen Eskalation gewarnt. Der frühere Parteichef Norbert Walter-Borjans bemängelte eine fehlende Debatte über die Entscheidung der Bundesregierung.

Lang: Entscheidung transparent kommunizieren

Am Rande des Nato-Gipfels vor drei Wochen hatten die USA und Deutschland die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern, SM-6-Raketen und neuen Hyperschallwaffen von 2026 an angekündigt und als Reaktion auf Bedrohungen durch Russland rechtfertigt. Die gemeinsame Entscheidung kam für viele Bundestagsabgeordnete überraschend. Kritik und die Forderung, dass das Thema auf die Tagesordnung des Bundestags gehöre, gab es aus mehreren Parteien, auch aus Pistorius' SPD.

Grünen-Chefin Ricarda Lang zeigte sich in der Sendung «Frühstart» von RTL/ntv dafür offen: «Ich fände es sinnvoll, eine gesellschaftliche und politisch stärkere Debatte darüber zu führen.» Sie kritisierte die Kommunikation bei dem Thema: «Es wäre gut gewesen, wenn Olaf Scholz als Bundeskanzler die Chance genutzt hätte, diese Entscheidung transparent der Bevölkerung zu kommunizieren und die Beweggründe offenzulegen.»

Lang forderte mit Blick auf mögliche Sorgen in der Bevölkerung eine offene Kommunikation. Ihre Parteikollegin, die Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger, sagte der «Rheinischen Post»: «Auch wenn ich die Stationierung für nachvollziehbar und richtig halte, bin ich doch über die Art der Kommunikation stark irritiert. Der Kanzler muss eine Entscheidung solcher Tragweite dringend erklären und einordnen.»

Kritik kam auch von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der kurz vor einer wichtigen Landtagswahl steht. Man müsse mit der Bevölkerung darüber sprechen, sagte er bei RTL/ntv. «Diese Politik par ordre du mufti und wir machen das einfach, das geht so nicht.» Er stehe zu einem Raketenabwehrschirm für Europa. «Aber das einfach zu machen und nicht zu reden, im Gegenteil, solche Worte wie "kriegstüchtig" zu verwenden, das sorgt dann für Fragen, sorgt für Kritik, sorgt für Unsicherheit und wahrscheinlich auch für falsche Gedanken.»

Regierung: Bundestag wurde informiert

Formell wurde der Bundestag mit dem Thema nach Angaben der Bundesregierung bereits befasst. Gut eine Woche nach dem Nato-Gipfel ging demnach am 19. Juli ein entsprechendes Schreiben von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt an Vertreter aller Fraktionen in den Ausschüssen für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, hatte das Bundespresseamt mitgeteilt. Gefordert wird darüber hinaus aber eine Debatte im Parlament. 

Verteidigungsminister Pistorius sagte, es spreche nichts dagegen, über dieses Thema im Bundestag offen zu sprechen. «Aber es ist originär kein Thema, was zuvor im Parlament diskutiert werden müsste. Es ist auch nicht vergleichbar mit dem Nato-Doppelbeschluss aus den 80er Jahren. Von daher sollten wir hier die Dinge sorgfältig auseinanderhalten.»

© dpa
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