Mit Kundgebungen, Demonstrationen und Aufrufen zur Stimmabgabe ist in Deutschland der Europawahlkampf zu Ende gegangen. Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte beim Wahlkampfabschluss der SPD in Duisburg am Samstag seine Ukraine-Politik und sagte, dass es keine Nato-Soldaten in dem Land geben werde. Frankreich berät allerdings über die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine.
In mehreren Städten gingen Menschen am Tag vor der Wahl gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen hatte dazu unter anderem in Berlin, Hamburg, München, Köln und Dresden aufgerufen. Allein in Berlin etwa kamen nach Angaben der Polizei etwa 15.000 Menschen zusammen.
Der Wahlkampf war bis zuletzt auch durch Angriffe auf Politiker geprägt. In Dresden wurde am Samstag ein AfD-Politiker angegriffen. Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte nach einer körperlichen Attacke am Freitagabend mehrere Termine ab.
Scholz: Keine Nato-Soldaten in der Ukraine
«Wir werden weiter verhindern, dass es zu einer Eskalation kommt», sagte Scholz bei der SPD-Kundgebung in Duisburg. Dazu gehöre auch die klare Aussage des amerikanischen Präsidenten Joe Biden und von ihm selbst: «Es wird von unseren Ländern keine Soldaten in der Ukraine geben und auch nicht von der Nato.» Frankreich berät mit Partnern nach Angaben von Präsident Emmanuel Macron über die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine. Die USA wollen sich daran nicht beteiligen. Scholz sagte, die Maßstäbe für die deutsche Unterstützung ließen sich unter einer Überschrift zusammenfassen: «Besonnenheit, Besonnenheit, Besonnenheit.»
Merz: Wahl mit Denkzettel an die Ampel verbinden
CDU-Chef Friedrich Merz rief vor der Europawahl in seiner wöchentlichen Mail an Unterstützer und Interessierte am Samstag zur Unterstützung der Konservativen auf und warb in dem Zusammenhang für die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Diese genieße in ganz Europa und auf der Welt höchsten Respekt, schrieb Merz. Die Wähler könnten «mit ihrer Wahl für Kontinuität in Europa auch einen klaren Denkzettel an die Adresse der Ampel in Berlin verbinden».
Wahl läuft in anderen Ländern schon
Während die Parteien in Deutschland noch für die Wahl am Sonntag warben, wurde anderswo bereits gewählt: in Tschechien seit Freitag, in Malta, Lettland, der Slowakei und Italien (bis Sonntag) am Samstag. Irland und die Niederlande sind mit der Wahl schon durch. Rund 360 Millionen Menschen in allen EU-Mitgliedstaaten dürfen bestimmen, von welchen Politikern oder Politikerinnen sie in den nächsten fünf Jahren im Europaparlament vertreten werden. Es geht um Mandate für 720 Abgeordnete - 96 von ihnen werden aus Deutschland kommen. In Deutschland sind rund 65 Millionen Bürgerinnen und Bürger zur Wahl aufgerufen. Das neu gewählte Parlament kommt am 16. Juli zu seiner ersten Plenartagung in Straßburg zusammen.
Wahlkampf auch von Gewalt gegen Politiker geprägt
SPD-Generalsekretär Kühnert erinnerte am Samstag an den Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke Anfang Mai in Dresden. «Gewalt darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung werden in unserem Land», sagte er. Er rief dazu auf, «dass wir einander aushalten, dass wir uns nicht mit den Fäusten begegnen, sondern dass wir verbal unsere Argumente austauschen». In Dresden war es zuvor erneut zu einem Übergriff gekommen: Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete, Hans-Jürgen Zickler wurde an einem Wahlstand von einem Mann geschlagen, wie die Polizei bestätigte.
In Dänemark war Ministerpräsidentin Frederiksen am Freitag in der Kopenhagener Innenstadt von einem Mann angegriffen worden. «Der Schlag hat ein leichtes Schleudertrauma verursacht», teilte ihr Büro mit. Sie sei ansonsten in guter Verfassung, aber durch den Vorfall erschüttert. Die Polizei nahm einen 39-jährigen Mann fest, der nun vor Gericht erscheinen soll. Die Hintergründe der Tat waren zunächst unklar.
Mehr als vier Wochen nach dem Attentat auf ihn gab der slowakische Ministerpräsident Robert Fico am Samstag im Krankenhaus seine Stimme ab. Bei Facebook postete der 59-Jährige ein Foto von sich, wie er auf eine Krücke gestützt seinen Wahlzettel in eine mobile Wahlurne steckt.
Rechte Parteien in etlichen Ländern laut Umfragen stark
Umfragen zufolge dürften in etlichen der 27 EU-Staaten rechte Parteien bei der Wahl stark abschneiden, unter anderem in Österreich, Frankreich und Italien. In Deutschland können CDU und CSU laut Umfragen damit rechnen, die Europawahl mit großem Vorsprung zu gewinnen. Dahinter liegen SPD, Grüne und AfD in etwa gleichauf.