Bundesjustizminister Marco Buschmann sieht gute Chancen für eine Initiative zur Legalisierung der Eizellenspende in Deutschland noch vor der Bundestagswahl im September 2025. Eine entsprechende Reform würde Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch unterstützen.
Zu der von der SPD-Fraktion und Politikerinnen der Grünen angestrebten Reform des Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch erwartet der FDP-Politiker dagegen keine rasche Einigung. «Beim Schwangerschaftsabbruch stellen sich besonders schwierige verfassungsrechtliche Fragen», sagte Buschmann der Deutschen Presse-Agentur. Hierzu gebe es innerhalb der Regierungsfraktionen und in der Gesellschaft sehr unterschiedliche Perspektiven. «Bei der Eizellenspende sehe ich deutlich mehr Übereinstimmungen», erklärte er. Hier sei auch klar: «Eine Erlaubnis der Eizellenspende wäre mit dem Grundgesetz vereinbar.»
«Keine überragenden medizinischen oder psychologischen Risiken»
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP aus dem Jahr 2021 gibt es zu beiden Punkten keine Festlegung, sondern nur den erklärten Willen, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Wörtlich heißt es in der Vereinbarung: «Wir setzen eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird.»
Im April hat die Kommission schließlich ihre Empfehlungen ausgesprochen. Sie habe herausgearbeitet, dass es «keine überragenden medizinischen oder psychologischen Risiken gebe, die gegen eine Legalisierung sprechen», sagte der Justizminister. Das lege auch ein Blick in andere europäische Länder nahe, wo die Eizellenspende legal sei. «Aus meiner persönlichen Sicht sprechen deshalb gute Gründe dafür, das kategorische Verbot der Eizellenspende in Deutschland aufzuheben», sagte Buschmann der dpa.
Kommission nennt Bedingungen für Eizellenspende
Bei anspruchsvollen rechtsethischen Fragen entspreche es allerdings guter Tradition, dass Gesetzentwürfe nicht von der Bundesregierung, sondern aus der Mitte des Bundestags vorgelegt würden. Innerhalb der Regierungsfraktionen gebe es den Wunsch, das auch in diesem konkreten Fall so zu handhaben. «Das respektiere ich», betonte Buschmann.
Die Expertenkommission legt auch nahe, Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft künftig nicht mehr unter Strafe zu stellen. Die bislang bestehende Beratungspflicht vor einem Abbruch stellt sie infrage. Für die Eizellenspende nennt sie mehrere Bedingungen: So sollte unter anderem der Handel mit Eizellen unzulässig bleiben. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung müsse abgesichert werden.
Rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion kündigt Initiative an
Buschmanns Parteikollegin, Katrin Helling-Plahr, beabsichtigt, den Prozess bald anzustoßen. Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion sagte: «Ich beabsichtige, noch in diesem Sommer die Kolleginnen und Kollegen der anderen demokratischen Fraktionen zu kontaktieren und einzuladen, gemeinsam an einem Gruppenantrag zur Legalisierung der Eizellenspende zu arbeiten.» Das aktuell geltende Verbot sei medizinisch sowie gesellschaftlich schon lange nicht mehr begründbar. Schließlich hätten mit Ausnahme von Deutschland und Luxemburg bereits alle EU-Mitgliedstaaten den Weg der Legalisierung beschritten. «Es wird höchste Zeit, dass auch wir im 21. Jahrhundert ankommen und Frauen eine selbstbestimmte Entscheidung darüber ermöglichen, ob sie ihre Eizellen spenden möchten», findet sie. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich bei dem Thema offen für eine Reform gezeigt.
Wie ihr Vorschlag konkret aussehen soll, sagte Helling-Plahr nicht. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob es Frauen generell erlaubt werden sollte, gegen eine Aufwandsentschädigung Eizellen für Frauen, die nicht schwanger werden können, zur Verfügung zu stellen, oder ob man sich womöglich zunächst auf sogenannte überzählige Eizellen beschränken würde. Damit sind Eizellen gemeint, die einer Frau im Zuge einer Kinderwunsch-Behandlung entnommen, dann aber nicht mehr von ihr selbst für eine Schwangerschaft genutzt werden.
Selbstbestimmungsgesetz hat scharfe Debatten ausgelöst
Welche Sprengkraft Themen entwickeln können, die mit geschlechtlicher Identität, gesellschaftlichen und religiösen Normen zusammenhängen, hat die Bundesregierung bereits während der Beratungen zum Selbstbestimmungsgesetz erlebt. Inzwischen ist der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition von Bundestag und Bundesrat gebilligt worden. Die Reform tritt noch in diesem Jahr in Kraft. Das Gesetz macht es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen künftig erheblich einfacher, Geschlechtseintrag und Vornamen behördlich ändern zu lassen. Dazu ist dann nur noch eine Erklärung beim Standesamt nötig. Eine Gerichtsentscheidung und zwei Sachverständigengutachten, die bisher erforderlich waren, braucht es künftig nicht mehr.
Das gesellschaftliche Klima habe sich in den vergangenen Jahren verändert, meint Buschmann. Die Verunsicherung sei gewachsen, die Debatten schärfer geworden. «Ich finde es deshalb nicht überraschend, dass ein Gesetz wie das Selbstbestimmungsgesetz sehr kontrovers diskutiert wird - und das ist als solches ja auch nicht beklagenswert», sagte der Bundesjustizminister. Die Verfassung schütze aber nicht nur die freie Meinungsäußerung, sondern auch das Grundrecht auf Achtung der geschlechtlichen Identität. Und da das geltende Transsexuellengesetz in Teilen verfassungswidrig sei, habe hier «akuter gesetzgeberischer Handlungsbedarf» bestanden.
Für Schlagzeilen hatte kürzlich der Fall einer Transfrau gesorgt, die sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt hatte, nachdem ihr die Mitgliedschaft in einem Frauen-Fitness-Studio in Erlangen verwehrt worden war. Aus Sicht des Bundesjustizministers liefert diese Auseinandersetzung jedoch denjenigen, die sich gegen das Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen haben, keine Argumente. Buschmann sagte: «Das Selbstbestimmungsgesetz tastet das Hausrecht nicht an.» Da, wo es um den Schutz der Intimsphäre geht, könnten unterschiedliche Behandlungen aufgrund des Geschlechts gerechtfertigt sein. Daran werde auch das neue Gesetz nichts ändern.