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Der Mann fürs Bunte - Oliviero Toscani gestorben

Mit «Schockwerbung» für eine Modemarke machte sich der Italiener Oliviero Toscani weltweit einen Namen. Seine Fotos sorgten mehr als ein Mal für einen Skandal. Nun ist der Starfotograf gestorben.
Oliviero Toscani gestorben
Der italienische Star-Fotograf Oliviero Toscani ist gestorben. (Archivfoto) © Daniel Bockwoldt/dpa

Als Fotograf, zumal als einer der bekanntesten der Welt, wusste Oliviero Toscani natürlich um die Kraft solcher Bilder: ein alter Mann an Krücken, schlecht rasiert, schlank geworden, kaum noch Haare auf dem Kopf, die Hose in den Kniekehlen, das T-Shirt zwei Nummern zu groß. Man sah es auf den ersten Blick: Der Mann auf dem Foto ist alles andere als gesund. Es war Toscani selbst.

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Auf diese Weise tat der Italiener im August vergangenen Jahres kund, was bis dahin nur Freunde und Familie wussten. Mit einem Interview im «Corriere della Sera» machte Toscani publik, dass er unheilbar an Amyloidose erkrankt war - einer seltenen Krankheit, die zu Organversagen führt. Jetzt ist Toscani, der mit seinen Werbekampagnen für die Modemarke Benetton unzählige Debatten auslöste, gestorben. Er wurde 82 Jahre alt.

«Schockfotos» machten Toscani rund um die Welt bekannt

Für den gebürtigen Mailänder, dessen Vater selbst für den «Corriere» fotografiert hatte, waren die Aufnahmen vom Krankenlager gewissermaßen der logische Schlusspunkt. Mit sogenannten Schockfotos, wie man das damals nannte, hatte Toscani in den 80er und 90er Jahren die gesamte Branche aufgemischt. 

Als Fotograf und später Kreativdirektor der Pulloverfirma erhob er die «United Colors of Benetton» zum Programm. Die Bilder von Menschen aller Hautfarben, von Paaren gleich welcher Geschlechter, fanden sich nahezu überall auf der Welt in den Illustrierten. Überlebensgroß hingen die Plakate in den Fußgängerzonen. An Toscani kam damals kaum jemand vorbei. 

Manche hielten ihn für einen der besten Fürsprecher eines Lebens in Vielfalt. Andere sahen in ihm einen Zyniker. Jedenfalls war er ein Mann fürs Bunte.

Aus heutiger Sicht kann man sich fragen, warum damals so viel Skandal daraus gemacht wurde. Aber Toscani gewann mit seinen Werbemotiven den Kampf um Aufmerksamkeit fast jedes Mal. Mit dem Priester und der Nonne, im Kuss vereint. Mit dem blutverschmierten Neugeborenen noch an der Nabelschnur. Mit dem Aids-Kranken auf dem Sterbebett. Mit Kondomen in allen möglichen Farben. Mit der Uniformhose und dem blutgetränkten T-Shirt des toten bosnischen Soldaten. 

Werbung aus Todestrakt war selbst Benetton zu viel 

«Jeder kann sich ein Bild anschauen», sagte er. «Aber mancher erträgt die Emotionen nicht, die es auslöst.» Kurz nach der Jahrtausendwende übertrieb es Toscani allerdings selbst für seinen Arbeitgeber mit der Provokation. Nachdem er für eine neue Kampagne in US-Gefängnissen zum Tode verurteilte Häftlinge in fast schon heiliger Pose fotografiert hatte, nahmen Filialen in den USA die Strickware aus dem Sortiment. Benetton setzte ihn vor die Tür. 

Später arbeitete man kurz nochmals zusammen, aber dann war Schluss. Seit einigen Jahren galt der Mann, dessen Markenzeichen bunte Brillen waren, aber längst wieder als rehabilitiert. Das hat auch mit gesellschaftlichen Veränderungen zu tun: Heute wären die meisten seiner Fotos kaum noch größere Aufregung wert. Die letzten Jahre hatte Toscani bereits mehrere Ausstellungen in Museen, auch in Deutschland.

Prägende Jahre in New York

Im Museum für Gestaltung in Zürich lief bis vor kurzem eine Werkschau über sein Lebenswerk. Toscani war nach der Schule nicht lange in Italien geblieben. Der erste Preis für eine Schwarz-Weiß-Studie über den Zürcher Flughafen brachte ihn Mitte der 60er Jahre nach New York, wo er sich im Kreis um Pop-Art-Künstler Andy Warhol (1928-1987) bewegte. Es war die große Zeit von Disco, Schwulenbewegung und schwarzer Subkultur. So erschließt sich einiges.

Die letzten Jahre verbrachte Toscani wieder in seiner italienischen Heimat. Im Sommer 2023 wurde bei ihm dann Amyloidose diagnostiziert, was er selbst so erläuterte: «Praktisch lagern sich Proteine an bestimmten lebenswichtigen Punkten ab und blockieren den Körper. Und man stirbt. Es gibt keine Heilung.» 

Innerhalb weniger Monate nahm er 40 Kilogramm ab. «Nicht einmal mehr Wein kann ich trinken», klagte er. «Mein Geschmackssinn hat sich durch die Medikamente verändert.» 

Hinzu kamen eine Lungenentzündung und eine Covid-19-Erkrankung. «Ich glaube, ich war für ein paar Minuten auch tot. Ich erinnere mich an ein abstraktes Etwas mit etwas psychedelischen Farben.» Seine Antwort auf die Frage nach dem Sterben: «Nein, ich habe keine Angst. Solange es nicht wehtut. Außerdem habe ich zu viel und zu gut gelebt.» Er hinterlässt eine Frau und sechs Kinder.

© dpa ⁄ Christoph Sator, dpa
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