Fünf Tage pro Woche acht Stunden im Büro arbeiten? Für viele Beschäftigte ist so ein starres Modell inzwischen nicht mehr attraktiv. Doch nicht alle Unternehmen sind aufgeschlossen, wenn sich Arbeitnehmende (mehr) Tage im Homeoffice wünschen. Oder verkürzte Arbeitszeiten. Diverse Unternehmen betonen vielmehr, dass sie Beschäftigte gerne wieder häufiger im Büro sehen würden.
Einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice gibt es in Deutschland nicht. Es kommt immer darauf an, was Arbeitgeber und Mitarbeiter vereinbaren. Wie können Beschäftigte also geschickt verhandeln? Welche Argumente können bei der Führungskraft etwa bewirken, welche gehen im schlimmsten Fall nach hinten los? Ein Leitfaden.
Strategien für das Verhandlungsgespräch
Wer gerne vermehrt im Homeoffice arbeiten würde, sollte überwiegend aufgaben- oder jobbezogen argumentieren. Es geht darum, Bedenken des Arbeitgebers zu entkräften - etwa, dass Beschäftigte im Homeoffice weniger leisten würden. Hilfreich können hier Vereinbarungen über bestimmte Ziele sein, die Beschäftigte innerhalb einer festgelegten Zeit erreichen müssen.
Daneben sollten die Gründe, die Beschäftigte für den Wunsch nach mehr Homeoffice vorbringen, hauptsächlich die Vorteile für das Unternehmen betonen. Diese Argumente können Sie sich für die Verhandlung auf Ihren persönlichen Spickzettel nehmen:
- Mehr Produktivität: «Mitarbeitende im Homeoffice sind wesentlich produktiver», sagt Business-Coachin Ute Gietzen-Wieland. Verschiedene Studien zeigen, dass die Produktivität im Homeoffice steigen kann, besonders wenn Beschäftigte nur an wenigen Tagen pro Woche im Homeoffice tätig sind. Wer seinen Arbeitstag flexibel gestalten kann, arbeitetet oft konzentrierter.
- Weniger Pendeln: Statt zwischen Wohnung und Büro zu pendeln und dabei in der Bahn zu sitzen oder im Auto im Stau zu stehen, lässt sich die Zeit im Homeoffice effektiv zugunsten des Unternehmens nutzen. «Mit diesem Argument kann man vor allem bei Auftragsspitzen in der Firma punkten», so Gietzen-Wieland.
- Weniger Kosten: Unternehmen sparen durch Homeoffice bei Nebenkosten wie Strom, Reinigung oder gegebenenfalls Fahrtkostenzuschüsse. Zudem kann die Krankheitsquote im Unternehmen sinken, weil die Gefahr, sich bei Kollegen anzustecken, geringer ist.
- Mehr Umweltfreundlichkeit: Weil der Weg zur Arbeit entfällt, verbessert sich die CO₂-Bilanz des Unternehmens.
- Bessere Work-Life-Balance: Homeoffice ermöglicht in vielen Fällen eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben. «Aber diesen Punkt sollte man gegenüber dem Arbeitgeber nur am Rande einfließen lassen; besser ist es, objektive Argumente vorzubringen», sagt Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig.
Diese Argumente können nach hinten losgehen
Eigentlich liegt es nahe: Wer kleine Kinder hat oder pflegebedürftige Eltern versorgen muss, profitiert von regelmäßigen Homeoffice-Tagen. Bei der Führungskraft sollten Beschäftigte mit diesen Begründungen aber zurückhaltend sein. «Bloß nicht Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen als Argumente für Homeoffice nennen», sagt Hannes Zacher. Unter Umständen weckt das beim Arbeitgeber nur die Vermutung, dass Beschäftigte im Homeoffice eigentlich anderen Tätigkeiten nachgehen wollen - und nicht produktiv sind.
Auch von Argumenten «Ich muss die Kinder aus der Schule abholen» oder etwa «Ich möchte mittags mit meinem Partner essen» sollte man nicht erwarten, dass sie den gewünschten Effekt bei der Führungskraft haben. Die Work-Life-Balance ist aus Sicht von Unternehmen in hybriden Arbeitsmodellen eine Frage der Selbstorganisation.
Wie man die Verhandlung strategisch klug angeht
Und wann ist der richtige Zeitpunkt, das Thema endlich mal anzusprechen? «Im Idealfall nutzen Beschäftigte dazu das Jahresgespräch», sagt Zacher. Dabei können sie darauf verweisen, dass die Abläufe beispielsweise bei bislang einem Tag in der Woche im Homeoffice hervorragend funktioniert haben und man nun etwa zwei Tage pro Woche daheim arbeiten möchte.
In einem bestehenden Arbeitsverhältnis können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch die bisherigen Erfolge und das Vertrauensverhältnis mit dem Arbeitgeber als Ausgangspunkt für ihre Argumentation nutzen. «Arbeitgeber sind oft eher bereit auf Wünsche einzugehen, wenn sie den Mitarbeiter kennen und gleichzeitig mit der geleisteten Arbeit und Zusammenarbeit zufrieden sind», so Gietzen-Wieland.
Wichtig sei, sich auf das Gespräch gut vorzubereiten und bei Bedenken des Arbeitgebers Lösungsmöglichkeiten parat zu haben, so die Coachin. Eine Option kann sein, dem Arbeitgeber eine Testphase vorzuschlagen. Hilfreich sind auch Vereinbarungen über bestimmte Ziele, die innerhalb einer festgelegten Zeit erreicht werden sollen.
Wann es Zeit ist, die Verhandlung abzubrechen
Was aber, wenn der Arbeitgeber trotz wohlüberlegter Argumente keinerlei Flexibilität zeigt?Hier kommt es immer auf die eigenen Bedürfnisse an. Hannes Zacher empfiehlt, dann über einen Jobwechsel nachzudenken, «wenn einem im bestehenden Arbeitsverhältnis etwa das Pendeln enorm stresst oder etwa der Lärmpegel im Büro einen krank macht».
Wer dann auf der Suche nach einem Job mit passenden Bedingungen ist, achtet im besten Fall schon in der Stellenausschreibung auf die entsprechenden Hinweise. Im Vorstellungsgespräch sollten Bewerberinnen und Bewerber dann Fragen zur konkreten Auslegung von Flexibilitätsangeboten stellen, so Gietzen-Wieland.