Ob erster richtiger Job oder ein Wechsel nach langer Zeit: Wer vor der Aufgabe sitzt, eine überzeugende Bewerbung zu verfassen, hat schnell viele Fragen im Kopf. Was kommt ins Anschreiben? Braucht man das heute überhaupt noch? Und wie lang darf mein Lebenslauf sein?
Eines sollte man nach Ansicht der Berliner Karriereberaterin Esther Kimmel bei jeder Bewerbung bedenken: Im Wort «Bewerbung» steckt das Wort Werbung - und zwar in eigener Sache. Sich für die eigene Bewerbung Mühe zu geben, lohnt sich dann doppelt. Denn gute Bewerbungsunterlagen, so sagt sie, steigern auch das eigene Selbstbewusstsein. «Mit Stolz auf das eigene Leben zu schauen, ist immer eine gute Basis für das Job-Interview.»
Also: An die Arbeit!
Der Lebenslauf: Auf Schlüsselqualifikationen setzen
Den Lebenslauf oder CV (Curriculum Vitae) sollten Bewerberinnen und Bewerber leistungsorientiert formulieren - und sich auf glasklare Key-Performance-Indikatoren konzentrieren, sagt Sebastian Kohler, Co-Founder und Managing Partner bei der Personalberatungsfirma Kempkens x Kohler. «Was ich erbracht habe, muss sich in drei Sätzen wie einer Pyramide widerspiegeln.»
Das kann in etwa so aussehen:
1. Verantwortlichkeit: War ich Geschäftsführer, Team-Leader oder Mitarbeiter?
2. Performance: Was habe ich in den vergangenen Jahren erreicht? Habe ich ein Team aufbauen können? Oder war ich in einer Verkäufer-Position und habe den Umsatz steigern können?
3. Eigenanteil: Habe ich etwas zugeliefert? War ich Teil eines Teams oder habe ich die vollumfängliche Verantwortung für das Erbringen dieser Leistung gehabt? Mehr als auf Zeugnisse oder Bescheinigungen früherer Arbeitgeber würden Personalentscheider heute auf diese KPIs und Faktoren achten, die die Profile voneinander unterscheiden können. Spätestens im Job-Interview kommen sie zufolge zur Sprache.
Esther Kimmel rät dazu, den Lebenslauf so an die ausgewählte Position anzupassen, dass die geforderten Schlüsselqualifikationen gleich ins Auge springen. «Ein Lebenslauf sollte keine lästige Pflichtübung, sondern eine gelungene Arbeitsprobe sein, die dem Personaler ermöglicht einzuschätzen, ob die Bewerberin der Stelle gewachsen ist.»
Ein «frisches Design» nach dem Motto «form follows function» unterstreicht dabei die Übersichtlichkeit der wichtigsten Informationen. Am besten verteilen sich die Informationen klug und ästhetisch ansprechend auf zwei Seiten.
Das Anschreiben: Weg von Standardformulierungen
«Bloß keine Standardformulierungen wählen und bloß nicht zu lang schreiben», sagt Personalberater Sebastian Kohler. Auch Esther Kimmel rät: «Das Anschreiben sollte immer luftig auf eine Seite passen.» Und vor allem sollte man nicht den Fehler machen, darin den Lebenslauf noch einmal zu verschriftlichen: «Das ist in der Regel redundant und langweilig.»
Während der Lebenslauf eher die Vergangenheit abdeckt, blickt das Anschreiben nach vorn und nimmt auch Soft Skills wie Kommunikations- und Teamfähigkeiten oder Führungsqualitäten in den Blick. Zum Beispiel: Mut, auch unangenehme Dinge anzusprechen und gute Lösungen zu finden oder ein Umfeld schaffen zu können, in dem Mitarbeitende motiviert arbeiten.
Vor allem aber sollte das Anschreiben klarmachen, welchen Mehrwert eine Bewerberin oder ein Bewerber mitbringt. Außerdem sollte daraus hervorgehen, was Sie an einem bestimmten Unternehmen reizt, was Sie motiviert und was Sie sich von der neuen Position erhoffen.
Für Sebastian Kohler gibt es in jeder Bewerbung eine Standardlogik: «Ich bin der oder die Richtige für den Job!» Das zu vermitteln, gelinge, «indem man das Wichtigste herunterbricht: konkret, plausibel und präzise, in echten Zahlen» - nicht durch ellenlange Anschreiben und ausschweifende Lebensläufe.
Persönlichkeit preisgeben: Was macht mich aus?
Und wie viel sollten Bewerberinnen und Bewerber heute von sich preisgeben? «Hobbys interessieren oft sehr», sagt Sebastian Kohler. «Manchmal ist die kulturelle Passung von einem Kandidaten zu einem Unternehmen entscheidender als eine Qualifikation aus seinem alten Job.» Spannend für Personalentscheider sind auch ehrenamtliche Tätigkeiten. In Zeiten, in denen Bewerbungen eher zur «Massenware» geworden seien, gehe es vor allem darum, den menschlichen Faktor mit ins Profil zu bekommen, so Kohler.
Esther Kimmel zufolge müssen die Hobbys, die man angibt, aber keinesfalls ausgefallen sein. «Es ist gut zu sehen, dass der Mensch sich auch neben der Arbeit für Dinge interessiert.»
Das Profil im Karrierenetzwerk: Schlagworte klug wählen
Für eine gelungene Bewerbung sollten Jobsuchende nicht zuletzt auf Job-Netzwerke wie Xing und LinkedIn setzen. Personalentscheider nutzen sie aktiv für das Recruiting. «Also empfehle ich meinen Bewerbern, sich leicht finden zu lassen und die Hemmschwelle für die Kontaktaufnahme möglichst niedrig zu setzen», sagt Coachin Esther Kimmel.
Wer auf sich aufmerksam machen möchte, sollte solche Netzwerke als Datenbanken denken. Kimmels Tipp: «Schlüsselwörter klug wählen und platzieren und sich fragen, mit welchen Keywords ich am ehesten für Wunschpositionen gefunden werde.» Für jemanden in der Öffentlichkeitsarbeit in einer nachhaltigen Branche eignen sich beispielsweise Schlagworte wie PR-Experte, PR-Leiter, CSR, Nachhaltigkeitsstrategie oder Corporate Communications Manager.
Nicht zuletzt könnten die Kontakte über Xing oder LinkedIn helfen, seinem Interesse an einem Unternehmen oder einer Bewerbung mehr Nachdruck zu verleihen. Etwa, indem man der verantwortlichen Mitarbeiterin in der Personalabteilung eine Vernetzungsanfrage stellt - mit einer persönlichen Nachricht, dass man sich gerade auf einen bestimmten Job im Unternehmen beworben hat.