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Wie zähe Bewerbungsprozesse nicht zur Frustfalle werden

Für manche Jobs gibt es umfangreiche Auswahlprozesse mit mehreren Runden. Da heißt es für Bewerber: abliefern, bangen und hoffen, kurz freuen, wieder abliefern. Wie steht man das durch?
Gespräch in einem Büro
Ausgesiebt in Runde 3 von 4: Auch wenn Auswahlverfahren langwierig sein können, bringt einen Frust nicht weiter. © Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Jede Bewerbung ist die Chance auf einen neuen Job. Sich das aber vor Augen zu führen, fällt schwer. Viele verbinden das Thema Bewerbungen vielmehr mit Stress. Einer Umfrage zufolge, die das Marktforschungsinstitut Appinio für Indeed durchgeführt hat, bewirbt sich mehr als jeder dritte Befragte ungern oder sehr ungern (35 Prozent). Über die Hälfte (52 Prozent) nannten Stress und Druck als Hauptgründe dafür.

Besonders nervig ist es, wenn sich Bewerberinnen und Bewerber durch zähe Auswahlprozesse kämpfen müssen. Ein erstes Gespräch, ein Test, ein weiteres Gespräch mit dem Team, ein Tag Probearbeiten. Heißt: Immer wieder hoffen, dass man es in die nächste Runde geschafft hat. Und am Ende klappt es vielleicht doch nicht mit dem Job. Wie verliert man da nicht die Motivation? Mit diesen Tipps stehen Sie es durch:

1. Bewerben als Fulltime-Job sehen

«Bewerben ist auf jeden Fall ein Fulltime-Job», sagt Barbara Rottwinkel-Kröber, die als Jobcoach und Karriereberaterin tätig ist. «Wenn man wirklich nach vorn kommen will, heißt das, Aufwand zu betreiben.» Das sei nicht mit ein oder zwei Stunden am Tag erledigt.

Rottwinkel-Kröber rät auch, «immer mehrere Eisen im Feuer zu haben». In Bewerbungsphasen sollten sich Jobsuchende also nicht nur jeweils auf eine Stelle konzentrieren. «Wenn dann eine Absage kommt, fällt der Bewerber oder die Bewerberin nicht emotional ins Bodenlose. Häufig erlebe ich nämlich genau das», berichtet die Coachin aus ihrem Beratungsalltag.

2. Den richtigen Fokus setzen

Gleichzeitig gilt: Umfangreiche Bewerbungsprozesse kosten Zeit und Ressourcen. «Ich empfehle meinen Klienten hier immer dringend, nicht mehr als drei solcher Bewerbungen gleichzeitig am Laufen zu haben, weil mehr zeitlich oft nicht zu schaffen ist», sagt Rottwinkel-Kröber. 

Bei jedem Prozess gehe es darum, sich zu fokussieren und intensiv mit dem jeweiligen Unternehmen zu beschäftigen. Weil das anstrengend ist, rät die Coachin, in dieser Zeit besonders auf sich selbst zu achten - etwa mit ausreichend Schlaf, guter Ernährung und genug Bewegung. 

Die positive Seite: Je mehr Bewerbungsprozesse jemand durchlaufen hat, desto erfahrener und souveräner wird er oder sie. Wenn es also mal wieder in Runde vier von fünf nicht geklappt hat, sollte man sich vor Augen führen: Mit jedem Bewerbungsprozess gewinnt man Erfahrung.

3. Die Erwartungen nicht zu hoch schrauben

«Motivation hat immer etwas damit zu tun, dass man nur in diesem und keinem anderen Unternehmen arbeiten möchte», sagt Rottwinkel-Kröber. Wer es im Auswahlprozess weit geschafft hat, in einer der letzten Runden aber ausgesiebt wird, fällt häufig in ein Loch - weil man sich so darauf konzentriert hat, nur diesen einen Job haben zu wollen, der angeblich glücklich machen sollte.

Deshalb empfiehlt die Coachin: Erwartungsoffen in das Bewerbungsverfahren gehen - und sich nicht nur auf den einen vermeintlichen Traumjob konzentrieren. «Erfahrungsgemäß kommt der neue Job meistens aus einer Ecke oder von einem Arbeitgeber, den man häufig gar nicht auf dem Schirm hatte.»

4. Offen und ohne Scheu kommunizieren

Bin ich nun in der finalen Auswahl oder kommt noch eine Aufgabe auf mich zu? Besonders anstrengend sind Bewerbungsprozesse oft, wenn Kandidatinnen und Kandidaten nicht wissen, woran sie sind. Laut Barbara Rottwinkel-Kröber sollte man Termine und Fristen daher am besten schon in der ersten Runde ganz offen kommunizieren.

So kann man konkret fragen: Wie geht es weiter? Was sind die nächsten Schritte? Wann kann ich mit einer Antwort rechnen? «Bewerber sind Partner auf Augenhöhe und keine Bittsteller», sagt die Coachin.

Sollte der Arbeitgeber diese Fragen offenlassen, dürfen Bewerberinnen und Bewerber auch mit Nachdruck gezielt nachfragen. Wer keine Rückmeldung bekommt, könne drei bis vier Tage nach einer vereinbarten Frist nachfassen. Spätestens nach einer Woche sei ein guter Zeitpunkt, sich zum Stand der Dinge zu erkundigen. 

«Am geschicktesten und unverfänglichsten ist es, im ersten Step den zuständigen Ansprechpartner über LinkedIn anzuschreiben», rät Barbara Rottwinkel-Kröber. Andernfalls bietet sich eine E-Mail an. Telefonieren sei dagegen oft schwierig. Häufig komme man gar nicht bis zum Ansprechpartner durch.

5. Keine Brücken abbrechen

Auch wenn manch potenzieller Arbeitgeber einem mit dem ausufernden Bewerbungsprozess auf die Nerven gehen mag - «das Wichtigste ist immer, freundlich bleiben, nicht beschweren, keine Brücken abbrechen», rät Gerhard Helm, Business-Coach und Geschäftsführer der Münchner Akademie für Business Coaching.

Was helfen kann: Sich klarmachen, dass es ein Suchprozess für beide Seiten ist. «Nicht nur ich will einen Job, sondern auch das Unternehmen sucht einen Mitarbeiter», sagt Helm. Kommt dann eine Absage, auch wenn man schon viel Zeit für eine Bewerbung aufgebracht hat, heißt das schlicht: Es hat aus irgendwelchen Gründen nicht gepasst. 

«Frust bringt einen nicht weiter», so Coach Helm. Eine Absage könne viele Gründe haben. Wichtig sei, sie nicht zu persönlich zu nehmen und daraus Glaubenssätze abzuleiten wie «Ich bin unfähig». «Da muss ich mir sagen: Okay, dann sollte es nicht so sein, das muss ich akzeptieren», sagt Helm und empfiehlt, den Blick nach vorn zu richten. «Jetzt kommt etwas anderes. Und irgendwann wird man sich sagen: Gut, dass es damals nicht geklappt hat - sonst wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.» 

6. Hilfe holen und an sich selbst arbeiten

Zähe Bewerbungsphasen mit mehreren Absagen können nicht zuletzt Anlass sein, sich Hilfe zu holen und etwa mit Freunden oder ehemaligen Kolleginnen darüber zu reden, was man selbst ändern kann. «Was kann ich beim persönlichen Auftreten oder bei der Gesprächsführung noch verbessern?», schlägt der Business-Coach vor. Die Frage sei immer, was man selbst tun könne, um die Chancen zu erhöhen. Auch wenn die beste Vorbereitung keine Zusage garantiere: «Es bleibt immer ein Würfelspiel.»

© dpa ⁄ Amelie Breitenhuber, dpa
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