Ein Film zum Genießen
The Menu ist ein brillanter Film: ein Kammerspiel voller Wendungen und Pointen, gespickt mit optischen und schauspielerischen Delikatessen und nach einem außergewöhnlichen Rezept zubereitet. Kurz: The Menu ist feinste Kinounterhaltung.
Aber es kann sein, dass Dir dieser Film etwas schwer im Magen liegt. Denn die spannende Handlung hat einen doppelten Boden. Die Inszenierung von Regisseur Mark Mylod („Game of Thrones”) wirkt so verführerisch wie ein Degustationsmenü, aber unter der schönen Oberfläche lauern einige harte Brocken.
Das Ende von The Menu erklärt: Eine Insel des teuren Geschmacks
Ralph Fiennes gibt in The Menu den Meisterkoch Slowik, der in seinem Edel-Restaurant Hawthorne auf einer Insel vor der US-Ostküste exklusive Gourmet-Events veranstaltet. Seine Menüs sind unverschämt teuer, die Gäste handverlesen.
Es sind Vertreter der Elite: Millionäre, Banker, Künstler. Darunter sind auch der junge Tyler (Nicholas Hoult) und seine Begleitung Margot (Anya Taylor-Joy). Margot passt nicht in diese Truppe der Chefkoch-Verehrer und Möchtegern-Gourmets.
Wie sich herausstellt, ist sie für eine andere Frau eingesprungen – als Prostituierte ist sie das gesellschaftliche Gegenprogramm zu den übrigen Gästen. Sie ist auch die Einzige, die das Menü überlebt.
Essen als Exzess für Gourmets
The Menu lässt sich auf mehreren Ebenen genießen. Ganz oben liegt das, was wir sehen: einen Film über, wie es heißt, einen der besten Köche der Welt und seine Kreationen. Folgerichtig ist The Menu auch ein Film über die Exzesse der Haute Cuisine.
Der Film zeigt minutiös, wie diese Kreationen entstehen – den Stress in der Küche, den selbstherrlichen Chefkoch, die edlen Zutaten, die raffiniert zubereiteten Häppchen. In und auf jedem Teller stecken mehr Ressourcen, als sie den meisten Menschen für die tägliche Ernährung einer ganzen Familie zur Verfügung stehen.
Und die Menschen, die im Hawthorne sitzen und das alles vertilgen, tun das meist, ohne den kulinarischen Aufwand wirklich würdigen zu können. Sie können es sich leisten, also tun sie es. Sie essen nicht, weil sie hungrig sind, sie lassen sich bekochen, weil dieses Menü ein Statussymbol ist. Ihre Zungen sind nicht so fein wie sich die Damen und Herren geben.
#TheMenu is now #CertifiedFresh at 91% on the #Tomatometer, with 101 reviews: https://t.co/PWxg25chEF pic.twitter.com/o32kti0k6v
— Rotten Tomatoes (@RottenTomatoes) November 17, 2022
Das kann man auch dekadent nennen. Wie wir am Ende von The Menu sehen, hat der Chefkoch dieses Schauspiel satt. Er ist von seiner Arbeit desillusioniert und sehnt sich zurück zu den Tagen, als er noch Cheeseburger und Pommes brutzelte – ein einfaches Essen für einfache Leute.
Er ist so abgestoßen von seiner Arbeit, dass er schließlich Restaurant, Mitarbeiter und Gäste in Flammen aufgehen lässt. Die grausige Gourmet-Pointe ist dabei, dass seine gutbetuchten Gäste als proletarisches Dessert enden – als Marshmallows am Stock über einem Feuer.
Das Ende von The Menu erklärt: Das Menü als Kunstwerk
Der Film lässt sich aber auch als kunstästhetische Kritik verstehen. Kochen kann eine Kunst sein, eine hoch dekorierte noch dazu. Das zelebriert The Menu ausgiebig und in beeindruckenden Bildern.
Die Kunst des Hawthorne-Meisterkochs überwältigt seine Fans. Seine Gäste beten ihn an. Tyler etwa schwärmt von Slowiks Brillanz und Radikalität und davon, wie er das Menü als Erzählung konzipiert habe.
Das Menü erscheint als Gesamtkunstwerk, das alle Sinne beansprucht: vom Riechen über das Hören und Schmecken bis zum Sehen. Und zum krönenden Abschluss dieser Vorführung gibt es noch haptische Erlebnisse, nämlich die Zubereitung der Gäste selbst als letzten Gang mittels körperlicher Gewalt.
Der Künstler liefert hier ein Werk, das seine Betrachter vollkommen gefangen nimmt und befriedigt. Aber es erfordert Opfer, nämlich das Leben der Betrachter. The Menü lässt sich also auch als Mahnung verstehen: Wir sollen uns nicht überwältigen lassen von (vermeintlich) großer Kunst, manchmal müssen wir einen Schritt zurückzutreten, auch dann, wenn alle anderen sich von ihrer Begeisterung mitreißen lassen.
Das gilt ironischerweise auch für das Filmkunstwerk The Menu selbst.
Der Widerstand gegen den Küchen-Diktator
Ein Klatschen lässt Belegschaft und Gäste des Hawthorne regelmäßig zusammenzucken. Chefkoch Slowik liebt den großen Auftritt und duldet keine Widerrede. Wenn er etwas zu sagen hat, klatscht er einfach in die Hände und bringt alle zum Schweigen.
Er herrscht wie ein Diktator über seine Küchenbrigade, er entscheidet für seine Gäste, was auf den Teller kommt. Die sollen “nicht essen, sondern schmecken.” Tyler und Konsorten sind vor dem ersten Bissen dem Chefkoch hörig, sie schlucken alles kritiklos, was Slowik ihnen serviert.
Margot zweifelt an seinen Kreationen. Sie findet den Mann und sein Menü suspekt. Als klar wird, dass der Abend auf der Insel mit einem tödlichen Finale für alle Beteiligten enden soll, ist Margot die Einzige, die sich gegen den Untergang stemmt.
Während alle anderen dem Küchen-Diktator willfährig folgen, eingelullt von seinen Schäumchen und Süppchen, ist sie die Stimme des Volkes, das gar nicht am Tisch sitzt. “Selbst Ihre heißen Gerichte sind kalt”, kanzelt sie den Meister ab.
Anya Taylor-Joy as Margot Mills in The Menu (2022) pic.twitter.com/T5833hs2wD
— ✧ (@CINEMAGEMS) November 13, 2022
Sie spielt dieses elitäre Spiel nicht mit, sie bestellt einen Cheeseburger und findet für sich einen Ausweg aus der Sackgasse. Die Metapher dieser Versuchsanordnung im Edel-Restaurant ist klar: Slowik ist der Autokrat, der sein Reich mit eiserner Hand regiert und dem sich die kapitalistische Elite auf Gedeih und Verderb ausgeliefert hat.
Der Widerstand kommt aus dem rechtlosen Proletariat, das zwar nicht den Untergang abwenden, aber immerhin seine eigene Haut retten kann. Margot beißt in ihren Burger, während sie aus der Ferne beobachtet, wie eine Explosion das Restaurant und alle Anwesenden vernichtet.
The Menu: Das Ende erklärt
Fassen wir zusammen: The Menu zeigt und kritisiert die Exzesse der Haute Cuisine und ist zugleich eine Warnung davor, allzu kritiklos mit gehypten Kunstwerken umzugehen. The Menu funktioniert auch als (recht plakative) Sozialkritik: Wer sich einem Diktator unterwirft und das Volk ignoriert, stürzt sich und die Gesellschaft ins Verderben.
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