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Raport Pileckiego: Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Film

Ein Drama vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs: Der polnische Film „Raport Pileckiego” bei Netflix erzählt die Geschichte des einzigen bekannten Menschen, der sich freiwillig gefangen nehmen und ins KZ Auschwitz-Birkenau deportieren ließ. Aber was brachte Witold Pilecki überhaupt zu diesem gefährlichen Schritt? Hier erfährst Du die wahre Geschichte hinter der Biografie Raport Pileckiego.
Raport Pileckiego: Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Film
Raport Pileckiego: Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Film © picture alliance / NurPhoto | Artur Widak

Seit dem 1. Juni 2024 kannst Du bei Netflix Raport Pileckiego streamen. Der Film des polnischen Regisseurs Krzysztof Łukaszewicz war am 1. September 2023 in den Kinos angelaufen. Mit dem Start bei dem Streaming-Giganten dürfte sich nun auch die internationale Reichweite deutlich erhöhen – und damit auch die Bekanntheit des Protagonisten Witold Pilecki, der in dem Drama eindringlich von Przemysław Wyszyński gespielt wird.

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Regisseur Łukaszewicz übrigens nennt Pilecki „einen der mutigsten Polen der Geschichte”. Und auch die EU ehrt ihn im März 2023 (siehe Titelbild). Warum das so ist, liest Du im Folgenden.

Wer ist Witold Pilecki?

Hauptmann Witold Pilecki (geboren 1901 im Russischen Kaiserreich) gründet als Offizier der polnischen Armee im Zweiten Weltkrieg eine geheime Widerstandsbewegung. Die Tajna Armia Polska (übersetzt: Geheime polnische Armee, kurz TAP) ist ab 1939 eine der ersten Untergrundgruppen in Polen, das zu der Zeit bereits von den Nazis besetzt ist.

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1940 umfasst die Organisation rund 8.000 Menschen und hat Sitze in diversen polnischen Großstädten. Zu dem Zeitpunkt ist wenig über die Aktivitäten in den Konzentrationslagern bekannt. Pilecki fasst den Plan, sich nach Auschwitz einliefern zu lassen, um mehr über die Vorgänge dort zu erfahren und den Widerstand zu organisieren.

Am 19. September 1940 geht Pilecki nach Absprache mit seinen Vorgesetzten unter falschem Namen bei einer Razzia auf die Straße und wird von den Deutschen verhaftet. Nach zwei Tagen Folter in einem Lager der Wehrmacht kommt er nach Auschwitz, wo er die Häftlingsnummer 4859 erhält.

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945 Tage Haft in Auschwitz

Witold Pilecki verbringt von nun an 945 Tage in dem KZ. Er gründet hier die Związek Organizacji Wojskowej (übersetzt: Vereinigung militärischer Organisationen, kurz ZOW). Die Organisation beschafft Nachrichten von außerhalb, organisiert Kleidung und Nahrungsmittel für ihre Mitglieder und baut ganze Informationsnetzwerke auf. Von den Ortsansässigen bekommt sie außerdem wertvolle medizinische Hilfsmittel.

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Pilecki schafft es mit der ZOW, seinen eigentlichen Plan zu erfüllen: Der TAP Informationen über die Zustände im Inneren des Lagers zu liefern. 1940 gelangen seine Berichte über den Massenmord an Juden und Jüdinnen sowie anderen Minderheiten nach Warschau, ein Jahr später dann auch nach London.

Der Untergrundkämpfer hofft darauf, dass die Alliierten einen Angriff auf Auschwitz initiieren würden, wenn sie nur die Wahrheit über das Lager kennen. Als er 1943 realisieren muss, dass das nicht passieren wird, plant er seine Flucht.

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Flucht aus Auschwitz und der Raport Pileckiego

Als Pilecki am 26. April 1943 seine Nachtschicht in der Lagerbäckerei außerhalb des Zauns antreten muss, überwältigt er mit zwei Mitstreitern die diensthabende Wache und durchtrennt die Telefonleitung. Ihm gelingt fürs Erste die Flucht mit Dokumenten, die er den Nazis entwendet hat. Allerdings stellt er sich darauf ein, im Fall einer Festnahme das Gift Cyanid zu nehmen, damit die Deutschen unter keinen Umständen von ihm und seinem Hintergrund erfahren.

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Mithilfe der örtlichen Bevölkerung gelingt Pilecki die Flucht aus der Region und die Kontaktaufnahme mit der Heimatarmee. Zurück in Warschau verfasst er einen weiteren detaillierten Bericht über die Situation in Auschwitz, den sogenannten Raport Pileckiego oder auch Raport Witolda.

Dennoch haben seine Berichte nicht den gewünschten Effekt, denn die Alliierten entscheiden sich gegen eine Befreiung von Auschwitz; Pileckis Ausführungen werden als Übertreibung gedeutet.

Die wahre Geschichte von Witold Pilecki: Was geschieht nach Auschwitz?

Der Widerständler wird Teil der geheimen antikommunistischen Organisation NIE, die sich als Teil der Heimatarmee auf eine drohende russische Besatzung vorbereitet. Ab August 1944 kämpft Pilecki als Freiwilliger im Warschauer Aufstand und landet nach dessen Niederschlagung in Gefangenschaft in Murnau. Als die USA das Lager 1945 befreien, geht er nach Italien und verschriftlicht erneut seine Berichte über das Lager.

Als er nach Polen zurückkehrt, um für die polnische Exilregierung in London Informationen aus dem sowjetischen Polen zu beschaffen, verhaften ihn die kommunistischen Behörden und verurteilen ihn als Spion zum Tode. Präsident Bolesław Bierut lehnt eine mögliche Begnadigung ab. Das Urteil gegen Hauptmann Pilecki wird am 25. Mai 1948 in Warschau vollstreckt; der Kriegsheld stirbt drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

Nach Pileckis Tod: Ehrung in Brüssel 2023

Die kommunistischen Behörden haben die Erinnerung an Pilecki nach dessen Tod konsequent ausgelöscht. Seine sterblichen Überreste werden an einem unbekannten Ort begraben, sein Gut Sukurcze im heutigen Weißrussland vernichtet.

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Seine Familie, Ehefrau Maria und die zwei Kinder, erfährt Repressionen. So dürfen Sohn Andrzej und Tochter Zofia Pilecki nicht studieren und haben Schwierigkeiten, einen Beruf anzutreten. Im engsten Familien- und Freundeskreis bleibt die wahre Geschichte von Witold Pilecki jedoch lebendig, sodass seine Berichte nach 1989 zurück an die Oberfläche finden.

Welch große Bedeutung der Kämpfer für Demokratie und Freiheit auch heute noch in Polen und in ganz Europa hat, macht ein aktueller Anlass deutlich. So wird im März 2023 einer der Säle des Europäischen Parlaments in Brüssel nach ihm benannt.

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© Vodafone GmbH ⁄ Janine Ebert
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