Regisseur Scott Mann ist nicht für großes Charakterdrama bekannt, eher für kurzweiliges Unterhaltungskino wie „The Tournament“ (2009). Sein aktueller Film Fall – Fear Reaches New Heights will mit mehr Komplexität überzeugen. In diesem Versuch lässt er uns zwiegespalten zurück. Warum das so ist und ob er für Dich trotzdem ein Highlight wird, schauen wir uns jetzt an.
Fall– Fear Reaches New Heights: Gefangen auf einem Fernsehturm
Während einer Klettertour muss Becky (Grace Caroline Currey) zusehen, wie ihr Ehemann Dan (Mason Gooding) in den Tod stürzt.
Ein Jahr später ertränkt sie ihre Trauer in Alkohol und entfremdet sich von ihren Mitmenschen. Darunter befinden sich auch ihr Vater (Jeffrey Dean Morgan) und ihre Freundin Hunter (Virginia Gardner). Diese ist mittlerweile als Extremsport-Vloggerin auf den Sozialen Medien unterwegs und will Becky aus der Depression helfen. Damit sie mit dem Tod ihres Mannes abschließen kann, überredet Hunter Becky, den stillgelegten Fernsehturm B67 zu erklimmen, um Dans Asche zu verstreuen. Der stählerne Koloss ragt knapp 600 Meter in die Höhe und steht irgendwo verlassen im staubigen Herzen Arizonas.
Der waghalsige Plan wird den beiden Freundinnen schließlich zum Verhängnis. Zwei fehlende Stahlschrauben später, stecken sie nämlich auf der winzigen Plattform an der Spitze des Turms fest – ohne Aussicht auf Hilfe.
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Fallstudie: Becky und Hunter
Fall war ursprünglich als Kurzfilm geplant. Das wäre wohl auch passender gewesen, denn wie bei vielen Survival-Thrillern reicht die eigentliche Prämisse für nicht mehr als das aus. Ein Überlebenskampf an einem abgelegenen Ort, bedeutet eben oft vergeblich nach Lösungen suchen, warten, müde sein und ausharren.
Hier vergeht leider auch anfangs erst eine geschlagene halbe Stunde, bevor die Protagonistinnen überhaupt an der Spitze des Radioturms sind. Bis dahin sehen wir in Rückblicken dramatische Szenen mit Alkohol, Tabletten plus Dialoge mit Beckys Vater.
Gefühlschaotisch wird es vor allem auf der Spitze des Turms. Eine Offenbarung folgt der nächsten, Tränen fließen und irgendwie soll uns das um Protagonistin Becky bangen lassen. Schwierig. Denn ironischerweise hat ihre Freundin Hunter, ein für uns interessanteres Charakterprofil geschrieben bekommen: Selbstinszenierung durch Extremsport-Vlogging als Trauerbewältigungsmechanismus.
Die Darstellerinnen zeigen vollen Einsatz und holen uns mit ihrer Performance und der Dramatik der Handlung ab. Das sie aber gegen ein Skript, geprägt von Logiklücken, spielen, entgeht uns leider trotzdem nicht.
Seltsame Drehbuchkonstruktionen mit Rostflecken
Halten wir zwischendurch mal Folgendes fest: Zwei Menschen, gefangen in 600 Metern Höhe – das ist an sich eine gute Voraussetzung für einen adrenalingeladenen Survival-Thriller. Die Handlung von Fall – Fear Reaches New Heights ist an manchen Stellen aber so wackelig und löchrig, wie die verrostete Leiter des Sendeturms, auf den die zwei Frauen kraxeln.
Wir spoilern nicht, wenn wir folgende Fragen stellen:
• Warum rüttelt man aus Spaß an einer Leiter, die offensichtlich durchgerostet ist – in 550 Metern Höhe?
• Warum tragen die Protagonistinnen ihre Rucksäcke nicht einfach?
• Ab welcher Höhe fällt in Arizona der Mobilfunk-Empfang aus?
Fall könnte auch „Schlimmstfall-Szenario“ heißen. Die Story reiht eine Unwahrscheinlichkeit nach der anderen aneinander. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass die Filmemacher:innen möglichst viele Spannungsmomente eingebaut haben, damit der Streifen nicht vorzeitig endet. In der Realität wäre eine Anreihung solcher pechbehafteten Zwischenfälle schon doch eher unrealistisch. Wenn Du zu den Glücklichen gehörst, die es schaffen, sich auf das Gesehene einzulassen und solche Details zu ignorieren, wirst du ihren Überlebenskampf dennoch gebannt verfolgen.
Effekte aus der Wundertüte
Ein Film wie Fall – Fear Reaches New Heights kommt naturgemäß nicht ohne Effekte aus. Film-Make-Up, wie etwa eine offene Wunde oder die von der Witterung angegriffene Haut, überzeugen bis zu einem gewissen Maß. Sequenzen, in denen Geier eine Rolle spielen sind hübsch anzuschauen, entstammen aber wohl auch einer Stockfootage-Datenbank – zumindest dem Abspann nach.
Regisseur Scott Mann weiß diese Ressourcen dennoch effizient einzusetzen und macht die Höhe und die Lebensgefahr trotzdem greifbar. Aber so sehr wir uns der Survival-Stimmung auch hingeben wollen, wirken an einigen Stellen die visuellen Effekte dermaßen unrealistisch, dass es uns aus dem Film gerissen hat. Das ist eigentlich schade, da die Produktion viel Aufwand betrieben hat um für Zuschauer:innen ein authentisches Höhenfeeling einzufangen. Für Fall wurde nämlich eine rund 30 Meter hohe Kulisse am Rand einer Schlucht gebaut. Grundsätzlich kommt diese eigentlich auch gut zur Geltung. Wenn nicht einem plötzlich ein Gewitter in PlayStation 2-Optik entgegen rauscht und Personen über offensichtlichen Greenscreen-Abgründen baumeln würden.
Fall: Unser Fazit zum Survival-Thriller
„Fall – Fear Reaches New Hights“ landet nicht auf unserer Liste der besten Survival-Filme. Aber die Abenteuer der zwei tapferen Frauen, die in 600 Metern Höhe gegen Durst, Vögel und persönliche Dramen kämpfen hat seine reizvollen Momente. Wer das Höhenspektakel vollends genießen will, sollte die Fähigkeit mitbringen, über holprige Effekte, Dialoge und Storys hinwegzusehen.
Fall – Fear Reaches New Heights ist ein Filmtipp, für Fans von „Frozen“ (2010), „127 Hours“ (2010), „Everest“ (2015) und „The Shallows“ (2016).
Fall – Fear Reaches New Heights | |
Originaltitel: | Fall |
Genre: | Thriller // Survival |
Start: | 1. Dezember 2022 (VoD) 15. Dezember (Blu-ray, DVD) |
Laufzeit: | 107 Minuten |
Altersfreigabe: | Ab 16 Jahren (FSK), ungeschnitten |
Regie: | Scott Mann |
Drehbuch: | Jonathan Frank, Scott Mann |
Basiert auf: | „Fall“ (1978); Film von John Carpenter |
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