Drei typische Teenager aus den Neunzigern, die sich plötzlich in einer ganz finsteren Parallelwelt wiederfinden: Das ist das Setting der kommenden Dark Fantasy-Serie. Neben dem Antagonisten und bösem Machthaber Der Greif müssen sie sich dort gegen finstere Kreaturen wie Gargoyles behaupten. Klingt nach einem wilden Ritt? Wir haben die Serie bereits für Dich unter die Lupe genommen und verraten Dir in unserer Kritik zu der Greif, ob sich die Reise für Dich lohnt.
Der Greif: Die Handlung der Serien-Adaption
1984, Krefelden: In einer Nacht-und-Nebel-Aktion schnappt sich Karl Zimmermann (Golo Euler) seine beiden Söhne Mark und Thomas und ein altes Buch und flieht. Vor irgendetwas. Was genau, erfahren wir erst später. Seine Frau Petra (Sabine Timoteo) lässt er allein zurück.
10 Jahre später: Karls Sohn Mark Zimmermann (Jeremias Meyer) ist mittlerweile 16 Jahre alt. Gerüchte über seine psychischen Probleme brandmarken ihn als Außenseiter. Damit tritt er in die Fußstapfen seines großen Bruders Thomas (Theo Trebs), der mittlerweile von der Schule geflogen ist und den Plattenladen „Orakel von LP” betreibt. Kontakt zu seinen Mitschüler:innen hat Mark vor allem eher nur dann, wenn er Mixtapes für fünf Euro verjubelt. Die neue Mitschülerin Becky (Lea Drinda) hingegen, hat direkt einen guten Draht zu Mark und interessiert sich nicht für dessen schwierige Vorgeschichte – vorerst.
Neben seinem Außenseitertum, trägt Mark bald eine weitere Last mit sich herum: „Die Chronik“. Jenes seltene Buch, das alle Jungs aus der Familie Zimmermann im Alter von 16 Jahren bekommen und das ihm sein Bruder Thomas plötzlich überreicht. Damit beginnt ein ganz neues Abenteuer für Mark und seine einzigen Freund:innen Becky und „Memo“ (Zoran Pingel). Denn die Chronik offenbart Mark Einblicke in die Welt des Schwarzen Turms, ein Reich, das vom „Greif“ beherrscht und unterjocht wird. Und womöglich ist Mark dazu auserkoren, diese Welt zu befreien. Denn er ist der „Weltenwanderer“, der sich beliebig zwischen den Dimensionen bewegen kann. Ein dunkles Fantasy-Abenteuer beginnt.
Die Menschenwelt: Charmante Jugendfiguren und schwierige Erwachsene
Die Jungdarsteller:innen machen hier einen verdammt guten Job! Jeremias Meyer (Mark) und Lea Drinda (Becky) konnten bereits in der Amazon-Studios-Produktion „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ überzeugen. In den ersten drei Episoden, die wir uns anschauen konnten, ist ihre Chemie auf dem Bildschirm ein dickes Pro-Argument für die Serie. Unter den Nebenfiguren tummeln sich hingegen allerlei Stereotype: eine verwöhnte Göre, die im reichen Elternhaus vernachlässigt wird; die beste Freund:innen mit unerwiderter Liebe und obendrauf viele Kinder, die nur schwer aus dem Schatten ihrer Eltern treten können. Über den Verlauf der gesamten Staffel, bekommen jedoch auch die Nebenfiguren etwas mehr Raum zur Entfaltung.
Hier und da sind wir über die Dialoge gestolpert, etwa: „Alles Gute zum Geburtstag, kleiner Bruder“. Bei solchen und ähnlichen Sätzen, stellen sich uns die Nackenhaare auf. Warum? Sie erklären auf furchtbar unnatürliche Weise Beziehungskonstellationen, weil man glaubt, das Publikum könnte es sonst nicht schnallen. Ist für uns aber nur ein kleiner Aufreger, weil die Dialoge ansonsten überwiegend in Ordnung sind und gut präsentiert werden.
Unter den Erwachsenen schieben sich erst mit der zweiten Staffelhälfte interessantere Figuren ins Rampenlicht. So richtig sympathisch werden trotzdem die wenigsten. Das ist bei Coming-of-Age-Geschichten allerdings nichts Ungewöhnliches. Für uns hebt sich Sabine Timoteo als Mutter Petra Zimmermann, dank ihres intensiven und ausdrucksstarken Spiels, vom Rest des Casts ab. Emotionale Momente wie Wutausbrüche, Ratlosigkeit und Verzweiflung sind auf den Punkt und haben uns begeistert. Wir sind gespannt, wie sich die angespannte Beziehung zu ihren Söhnen entwickelt. Armin Rohde versprüht wie üblich genug bodenständigen Charme mit, um seine Nebenrolle des Kommissars Bräker zumindest nicht egal wirken zu lassen.
Der Schwarze Turm: Fantasy-Ödland mit schreienden Fischen und Gargoyles
In der Welt des Schwarzen Turms gibt es mystische Wesen mit Hörnern und steingrauer Haut , welche stark an Gargoyles – diese gruselig anmutenden Wasserspeier, die ihren festen Platz in gotischer Architektur haben – erinnern . Sie sprechen eine eigene Sprache, die freundlicherweise per Untertitel übersetzt wird. Ob und wie realistisch die Dialoge sind – keine Ahnung. Dazu haben wir zu wenig Referenzwerte in puncto Gargoyles. Aber: Effekte und Effekt-Make-up funktionieren gut und müssen sich hinter anderen Produktionen nicht verstecken. Diese Kreaturen dienen dem Greif, einem mächtigen Wesen, das die Welt des Schwarzen Turms unterjocht und mit jeder Episode an Präsenz gewinnt. Auch weitere Details tragen zur Fantasy-Stimmung bei, etwa Fische, die an Land plötzlich mit menschlichen Stimmen losschreien. Unangenehm.
Wenn gigantische Monolithen bis in den Himmel ragen, dann sieht die „andere Welt“ wirklich bösartig aus. Alles auf Bodenhöhe erinnert hingegen meist an Mischwald oder Mojave-Wüste. Bei wenigen Szenen wirkt dies zu vertraut, um als Fantasywelt durchzugehen. Gerade in der zweiten Staffelhälfte punktet die Serie dann allerdings in beiden Welten mit ordentlichen Creature- und Action-Spitzen.
Unser Fazit: Der Türöffner für deutsche Fantasy-Adaptionen
Das Intro wirkt etwas uninspiriert und einige Dialoge sind eher weniger Oscar-verdächtig. Im Großen und Ganzen überzeugt uns Der Greif trotzdem mit spannenden Figuren, ansehnlichen Effekten, einem authentischen 90er-Feeling und vor allem einer schönen Fantasy-Geschichte. Gegen eine zweite Staffel hätten wir definitiv nichts einzuwenden. Und wichtiger: Womöglich ermutigt es deutsche Produktionen, den bisher fast unangetasteten Schatz deutscher Genre-Literatur endlich ins bewegte Bild zu übertragen. Also liebe Streaming-Anbieter, wann bekommen Professor Zamorra, John Sinclair und die Gespenster-Krimis grünes Licht?
Der Greif | |
Originaltitel: | Der Greif |
Genre: | Fantasy, Coming-of-Age, Dark Fantasy |
Start: | 26. Mai 2023 |
Laufzeit: | Staffel 1: 6 Episoden je ca. 55 Minuten |
Altersempfehlung: | tba |
Showrunner: | Sebastian Marka, Erol Yesilkaya |
Basiert auf: | „Der Greif“ (1989) von Wolfgang und Heike Hohlbein |
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