Franka Potente ist wenige Wochen vor ihrem 50. Geburtstag ein gefragter Interviewgast in US-Medien. Das hat die Wahlkalifornierin ihrer ikonischen Rolle in «Run Lola Run» zu verdanken. Unter diesem Titel war der Kultfilm «Lola rennt» von Regisseur Tom Tykwer vor 25 Jahren in die amerikanischen Kinos gekommen. Hauptdarstellerin Potente wird heute doppelt so alt.
Passend zum 25. Jubiläum, Anfang Juni, kehrte der Film als neue 4K-Restaurierung in US-Kinos zurück. Die zweifache Mutter aus dem nordrhein-westfälisch Dülmen blickt in Interviews nostalgisch zurück.
Was «Run Lola Run» so zeitlos mache, wollte ein Reporter vom Sender KTLA in Los Angeles wissen. «Der Film hat ein schnelles Tempo und ein recht einfaches Erzählmuster. Du hast 20 Minuten Zeit, um deinen Freund zu retten - das hat heute die gleiche Energie wie vor 25 Jahren», sagt Potente. Mit langen, blonden Haaren strahlt sie in die Kamera, die feuerrote Lola-Frisur hatte sie gleich nach dem Dreh wieder abgelegt.
Lola rennt ohne Training
Das war im Sommer 1997, damals war Potente 23 Jahre alt und hatte schon erste Filmerfahrung. Ihr Berufswunsch habe schon mit 15 Jahren festgestanden, sagte sie damals. Zwei Jahre studierte sie in München Schauspiel, dazu kamen Seminare am Lee Strasberg Theatre Institut in New York. Die erste Hauptrolle spielte sie 1995 in der Coming of Age-Komödie «Nach Fünf im Urwald». Der Durchbruch kam dann mit dem preisgekrönten Actionthriller «Lola rennt», der in Deutschland im Herbst 1998 startete.
Darin hat die rothaarige Lola (Potente) zwanzig Minuten Zeit, um 100.000 Mark aufzutreiben und damit ihren kleinkriminellen Freund Manni (Moritz Bleibtreu) zu retten. Lola rennt los, quer durch Berlin, in drei Versionen - mit viel Tempo, Techno und digitalen Effekten. Jeder Versuch ist ähnlich, aber kleine Veränderungen haben jeweils große Folgen.
Natürlich musste Potente bei den Dreharbeiten viel rennen, doch trainiert hatte sie dafür nicht. «Ich hatte mich darauf gar nicht vorbereitet», erzählte sie im Juni dem US-Branchenblatt «Variety». Damals habe sie auch noch zwei Schachteln Zigaretten am Tag geraucht. Sie sei von der Energie am Set einfach mitgerissen worden.
Problematischer war die Haarfarbe. Ihre pechschwarz gefärbten Haare mussten acht Mal hintereinander gebleicht werden. Sie habe ihre Haare während des Drehs nicht waschen dürfen, denn die rote Farbe hätte sich sonst rausgewaschen.
Zwischen der Schauspielerin und Regisseur Tykwer funkte es damals, sie wurden ein Paar. Gleichzeitig war dies der Startschuss für Potentes internationale Karriere. Ihr Hollywood-Debüt gab sie an der Seite von Johnny Depp in «Blow» (2001), über den Aufstieg und Fall des Kokaindealers George Jung in den Siebzigerjahren. Mit «Herr der Ringe»-Star Elijah Wood drehte sie kurz danach die Komödie «Try Seventeen». Das führte auch zu einer Romanze, die aber nach wenigen Monaten platzte.
Lob aus Hollywood
Es folgten die Spionage-Thriller «Die Bourne Identität» (2002) und «Die Bourne Verschwörung» (2004) mit Matt Damon als Agent, der sein Gedächtnis verloren hat, und Potente als seine Geliebte und Retterin. «Franka ist wirklich eine sehr, sehr gute Schauspielerin», bescheinigte Damon ihr damals. «Sie ist professionell, diszipliniert und talentiert. Sie arbeitet sehr hart, vielleicht ist das tatsächlich eine deutsche Eigenschaft.»
Im Herbst 2004 packte sie die Koffer, um in Los Angeles das Glück zu suchen. Nach knapp einem Jahr kehrte sie nach Berlin zurück, drehte aber weiter mit internationalen Stars. US-Regisseur Steven Soderbergh holte sie mit Benicio Del Toro in «Che» über das Leben des kubanischen Revolutionärs Ernesto Che Guevara vor die Kamera.
Zwei Kinder dazu
Potente übernahm die Hauptrolle in dem biografischen Drama «Beate Uhse - Das Recht auf Liebe» (2011) über die Sex-Unternehmerin. In dem Jahr wurde die Schauspielerin, nun wieder in den USA lebend, erstmals Mutter. 2012 heiratete sie den US-Schauspieler Derek
Richardson, den sie beim Dreh zu einer Folge von «Dr. House» kennengelernt hatte. Ein Jahr später kam ihre zweite Tochter auf die Welt.
Auf Deutsch schrieb die Wahlamerikanerin ihren ersten Roman «Allmählich wird es Tag» (2014). Darin schildert sie das Schicksal eines Manns in den Endvierzigern, der auf einen Schlag seinen Job und seine Ehefrau verliert und nach Antworten sucht.
Dann wechselte sie hinter die Kamera und stellte 2021 als Regisseurin ihr Langfilm-Debüt «Home» vor. Schauplatz ist das ärmliche, amerikanische Hinterland, in das ein Mann (Jake McLaughlin) nach 17 Jahren Haft zurückkehrt. Oscar-Preisträgerin Kathy Bates spielt seine kranke Mutter. Lange Einstellungen bringen Ruhe in den Independent-Film. Rasantes Tempo hat Potente als rennende Lola schon bewiesen.