Malaika Mihambo ballte die Fäuste, riss die Arme in die Höhe und fiel erleichtert ihrem Trainer Ulli Knapp um den Hals. Nach reichlich Nervenkitzel und zunächst zwei ungültigen Versuchen hat die Weitsprung-Olympiasiegerin mit einem imposanten Sicherheitssprung das Finale bei den Spielen in Paris erreicht und darf weiter auf Gold hoffen.
«Ein bisschen zu spannend» fand die 30-Jährige selbst ihre Qualifikation. «Es war jetzt nicht so, dass ich damit geplant oder gespielt hätte», sagte Mihambo, die Wochen nach ihrer Corona-Infektion immer wieder noch husten muss.
«Mut» ist die Devise
Am Tag nach der Weltrekordshow von Stabhochsprung-Künstler Armand Duplantis, bei der der Schwede 6,25 Meter überquert hatte, kam Mihambo im Stade de France schwer in den Wettkampf. Nach zwei ungültigen Versuchen gab Knapp seiner Top-Athletin bei der Analyse mit dem Smartphone noch einmal wertvolle Hinweise mit auf den Weg - und einen aufmunternden Händedruck.
«Dadurch, dass ich wusste, dass ich in guter Form bin, habe ich mir jetzt nicht so viel Gedanken gemacht», sagte Mihambo. Mut war trotz zwei Fehlversuchen die Devise. «Man muss, obwohl man jetzt zweimal übertreten hat und nur noch eine Chance hat, noch genauso mutig anlaufen.» 30,9 Zentimeter vor dem Brett sprang sie ab und landete bei 6,86 Metern. Die beste Weite gelang der Amerikanerin Tara Davis-Woodhall mit 6,90 Metern, die EM-Zweite Larissa Iapichino aus Italien sprang 6,87 Meter weit.
Mihambo «befreiter» als in Tokio
In Tokio krönte sich Mihambo 2021 zur Olympiasiegerin. Die zweimalige Welt- und Europameisterin könnte die erste Weitspringerin werden, die bei zwei aufeinanderfolgenden Spielen Gold gewinnt. Wie der in der Qualifikation mit 87,76 Metern überzeugende Speerwerfer Julian Weber hat sie gute Aussichten, im Endkampf am Donnerstagabend die Bilanz der deutschen Leichtathleten nach Silber für Zehnkämpfer Leo Neugebauer aufzuhübschen.
«Malaika ist Olympiasiegerin, zweimal Weltmeisterin und zweimal Europameisterin geworden. Ein weiterer Olympiasieg wäre sicherlich toll, aber sie hat nicht diesen Druck wie vielleicht andere», sagte Knapp, der seinen Schützling «befreiter» als vor Tokio erlebt.
Die Weitspringerin arbeitete im olympischen Dorf nebenbei noch Uni-Aufgaben ab und legte zusammen mit Knapp an der Gitarre und Gesangspartnerin Yemisi Ogunleye auf einer Treppe sitzend eine kleine Gesangseinlage ein.
Mihambo hat Platz «in der Sportgeschichte»
«Olympia ist das, was einen zum Helden macht, was einem den Platz in der Sportgeschichte bringt. Das hat Malaika geschafft. Ihr geht es jetzt vielmehr darum, mit einem für sie selbst optimalen Ergebnis aus dem Wettkampf zu kommen», beschrieb es ihr Trainer.
Das unterstrich auch Mihambo auf dem Weg aus dem Stadion. Eine Hochrechnung, was der Sicherheitsabstand plus Weite im Finale bringen könnte, gab es von ihr naturgemäß nicht. Beides ließe jedoch auf eine gute Weite «hoffen», sagte die dreimalige Sportlerin des Jahres. «Ich gebe mein Bestes, dass es sich auch erfüllt. Aber ich versuche immer erst mal, bei mir anzufangen zu schauen: Was kann ich besser machen?»
Corona-Folgen für Mihambo
Die Corona-Infektion, die sie nach ihrem EM-Titel von Rom zur Pause zwang, ändert nichts an ihren Zielen. Aber beeinträchtigt ist Mihambo immer noch, die Regeneration geht langsamer als üblich vonstatten. «Aber trotzdem habe ich nie den Kopf hängen lassen und bin immer mit einem positiven Mindset rangegangen», sagte die Sportlerin von der LG Kurpfalz. Zumindest eines glückte ihr beim Olympia-Start wieder: «Ich habe jetzt das erste Mal seit Corona quasi drei Sprünge nacheinander gemacht.»