Erst gab es ein Küsschen von ihrem Verlobten und Caddie Reece Phillips, dann die Medaille um den Hals. Esther Henseleit hat bei den Olympischen Spielen in Paris überraschend Silber und damit als erste deutsche Golferin Edelmetall gewonnen.
«Ich bin extrem zufrieden, extrem glücklich», sagte die 25-Jährige nach ihrem Coup. Familie und Freunde hatten Henseleit begleitet, «Team Esthi» stand auf ihren T-Shirts. Am vorletzten Loch habe er Gänsehaut bekommen, verriet Vater Horst. Henseleit genoss die Atmosphäre auf dem Kurs in Guyancourt im Südwesten von Paris sichtlich. Die Zuschauer hätten immer wieder ihren Namen gerufen und sie letztlich «quasi ins Ziel getragen», meinte sie.
Starke Schlussrunde wird belohnt
Dank einer starken Schlussrunde mit sechs Schlägen unter Par schob sich die Deutsche mit insgesamt 280 Schlägen noch auf einen Medaillenrang. Die Hamburgerin war mit fünf Schlägen Rückstand auf Bronze als 13. auf die vierte und letzte Runde gegangen. «Ich wusste am Anfang des Tages, dass ich etwas Besonderes machen muss, um am Ende die Medaille zu tragen», erklärte Henseleit. Gesagt - getan.
Die Neuseeländerin Lydia Ko, die 2016 in Rio bereits Silber und 2021 in Tokio Bronze gewann, setzte sich im olympischen Turnier mit 278 Schlägen durch und holte Gold. Bronze sicherte sich die Chinesin Lin Xiyu mit 281 Schlägen. Die Berlinerin Alexandra Försterling belegte mit 292 Schlägen Platz 35.
Henseleit ließ sich von der Ausgangslage nicht beeindrucken und begann ihre Runde direkt mit zwei Birdies. Nach zwei weiteren Birdies am sechsten und neunten Loch ließ sie sich auch nicht von einem Bogey am zwölften Loch aus der Ruhe bringen und hielt sich auch am anspruchsvollen 15. Loch schadlos. Birdies an den letzten beiden Löchern sicherten ihr letztlich die Silbermedaille. Die Nervenstärke war mal wieder der große Trumpf der Deutschen.
Kurs bereits im Ryder Cup erprobt
Golf für Frauen war 1900 olympisch, wurde dann aus dem Programm genommen und erst 2016 wieder Teil der Sommerspiele. In Rio de Janeiro siegte die Südkoreanerin Park In-bee, vor drei Jahren in Tokio setzte sich die US-Amerikanerin Nelly Korda durch. Die 26 Jahre alte Weltranglistenerste ist die Tochter des früheren tschechischen Tennis-Stars Petr Korda.
Auf dem herausfordernden Albatros-Kurs des Golf National war 2018 der 42. Ryder Cup ausgetragen worden. Unter der Führung von Captain Thomas Bjørn siegte Europa damals deutlich gegen die USA. Nun schrieb Henseleit dort deutsche Golf-Geschichte. Es werde wohl ein paar Tage brauchen, bis sie es richtig realisieren könne, sagte sie mit der funkelnden Silbermedaille um den Hals.