Der Sommerschlussverkauf für Fußball-Profis begann mit einer klaren Ansage vom FC Bayern München. Nationalspieler Jonathan Tah komme nicht, auch kein anderer Spieler, verkündete Sportvorstand Max Eberl am Morgen des «Deadline Days», an dem Berater und Clubs - aufgeregt begleitet von den Medien - in zunehmender Hektik doch noch Fakten schaffen wollten. Ruhe also in München - und bei den anderen Vereinen der Bundesliga und 2. Liga?
Den größten Stress hatten offenkundig die Transferexperten, die über die sozialen Medien ständig neue Wasserstandsmeldungen an die interessierten Fans schickten. Wechselt der mehrmalige Nationalspieler Mahmoud Dahoud, der in der vergangenen Rückrunde von Brighton & Hove Albion an den VfB Stuttgart ausgeliehen war, auf den letzten Drücker zu Eintracht Frankfurt? Die Antwort lieferte die Eintracht am Freitagabend gegen 21.00 Uhr per Mitteilung und damit eine Stunde nach dem Ende des Transferfensters: Der Wechsel von Dahoud nach Frankfurt ist perfekt.
Für den Transfer mit dem meisten Gesprächsstoff am «Deadline Day» sorgte Union Berlin: Der Geschäftsführer Profifußball, Horst Heldt, bestätigte beim Streamingdienst DAZN den Weggang von Robin Gosens vor der Partie gegen den FC St. Pauli. «Bis zehn nach vier bin ich davon ausgegangen, dass Robin heute auf dem Platz steht und spielt. Dann kam die Nachricht und dann haben wir das umgesetzt», erklärte Heldt den Ablauf am Freitagnachmittag. Wohin es Gosens zieht, war zunächst noch offen. Medienberichten zufolge wechselt der 30-Jährige zur AC Florenz.
Der Fall Tah
Den ganz großen Sensationstransfer hatte es aber nicht mehr gegeben. Eine Unterschrift von Tah in München wäre ein Stück weit in diese Richtung gegangen, allein schon deswegen, weil sich die Verantwortlichen in den vergangenen Wochen auch öffentlich immer wieder geäußert hatten.
Er habe sich in den vergangenen Wochen «durch den Kakao gezogen und in ein Licht geschoben» gefühlt, das nicht den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen entspräche, sagte Eberl, der vom Leverkusener Entscheider Fernando Carro angegangen worden war («Also, ich halte von Max Eberl nichts, absolut nichts»). Carro hatte sich dafür entschuldigt - der Transfer des Leverkusener Führungsspielers zu den Bayern kam dennoch nicht mehr zustande.
Eberl sagte, dass er nun zum Ende der Transferperiode noch mal nachgefragt habe in Leverkusen wegen Tah für den Fall, dass die Bayern doch noch einen Verkauf tätigen könnten und damit wieder Geld für den Verteidiger da wäre. «Darauf ging Leverkusen nicht ein», sagte Eberl: «Es ist nichts Schlimmes, es wird diskutiert, verhandelt, versucht.»
Die Last-Minute-Suche nach Verstärkungen
Die Bundesliga-Topteams aus München, Leverkusen, Dortmund, Stuttgart und Leipzig hatten in den vergangenen Transferwochen fleißig verhandelt, so dass Notkäufe am letzten Tag nicht mehr zwingend notwendig waren. Abwehrspieler Mohamed Simakan verlässt RB ins Ausland. Berichten zufolge zieht es ihn nach Saudi-Arabien. Dafür kam Lutsharel Geertruida von Feyenoord Rotterdam für eine Ablöse von rund 20 bis 25 Millionen Euro nach Leipzig.
Die beiden Bayern-Transfers von Michael Olise (53 Millionen) und João Palhinha (51 Millionen Euro) blieben die mit Abstand größten Investitionen in der Bundesliga. Teuerster Verkauf ist der von Dani Olmo von Leipzig nach Barcelona für geschätzte 55 Millionen Euro. Auch wegen Olmo musste der langjährige Nationalspieler Ilkay Gündogan die finanziell taumelnden Katalanen verlassen, er kehrte zurück zu Manchester City.
«Kaderplanung ist ein Puzzle von Menschen, und Menschen mit Emotionen, Gefühlen, Stärken und Schwächen, das ist nicht einfach», sagte Eberl. «Ich beschreibe es immer gern mit einem Orchester, das zusammengestellt wird, und wenn die Flöte falsch spielt, ist das ganze Orchester für den A…»
Internationales Kräftemessen
In Madrid ist die Orchester-Theorie aktuell mit dem spektakulärsten Neuzugang zu beobachten: Kylian Mbappé, dessen ablösefreier Wechsel von Paris Saint-Germain zu Real weit, weit vor dem «Deadline Day» feststand, hat in der Primera División immer noch kein Tor geschossen. Reals Stadtrivale Atlético Madrid ließ sich, um konkurrenzfähig zu bleiben, die Dienste des argentinischen Weltmeisters Julián Álvarez von Manchester City rund 75 Millionen Euro kosten.
Man Citys Premier-League-Rivale FC Chelsea zog zwischenzeitlich Hohn und Spott auf sich, weil ständig neue Spieler kamen, aber keiner ging. Der prominente Belgier Romelu Lukaku wechselte mit hohem Werteverlust bei der Ablöse kurz vor dem Schlusstag zur SSC Neapel. Es gebe «weder die ganz großen Ausschläge nach oben noch einen Trend zur Verschlankung bei den Vereinen», schrieb der frühere Bundesliga-Manager Fredi Bobic in seiner «Kicker»-Kolumne. Auffällig seien jedoch «wieder die vielen Leihen mit Kaufoptionen oder Kaufverpflichtungen».