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Eine Stunde mehr in Deutsch und Mathe - neue Sprachtests

Lernstandstests zeigen immer wieder: Bei viel zu vielen Schülern hapert es schon beim Lesen, Schreiben und Rechnen. NRW will jetzt Gegenmaßnahmen an den Grundschulen verstärken.
Eine Stunde mehr in Deutsch und Mathe - neue Sprachtests
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Eine Stunde mehr in Deutsch und Mathe - neue Sprachtests

Düsseldorf (dpa/lnw) -Nordrhein-Westfalen stärkt die Basiskompetenzen an den Grundschulen: Ab dem zweiten Halbjahr des kommenden Schuljahres soll es dort in jeder Jahrgangsstufe jeweils eine Unterrichtsstunde mehr für Deutsch und Mathematik geben. Das kündigte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) in Düsseldorf an. «An unseren Grundschulen werden dann von Klasse 1 bis 4 fast durchgehend sechs Stunden Deutsch und fünf bis sechs Stunden Mathematik pro Woche unterrichtet», erklärte sie.

Lehrerverbände lobten den positiven Impuls, äußerten sich aber besorgt über den anhaltenden Fachkräftemangel.

Flächendeckende Tests zur Sprachkompetenz von Vorschulkindern

Feller kündigte außerdem ein neues Testverfahren an, das den rund 2.800 Grundschulen im kommenden Herbst zur Verfügung gestellt werden soll, um den Sprachstand der Kinder bei der Anmeldung systematisch zu erfassen. Das Instrument sei von der Universität Halle-Wittenberg entwickelt worden, wissenschaftlich erprobt und praktisch bereits bei den Grundschulanmeldungen in Berlin und in Brandenburg im Einsatz, erläuterte Feller.

«Zur Wahrheit gehört, dass die Kinder heute mit großen unterschiedlichen Sprachkenntnissen eingeschult werden», sagte Feller. «Wenn aber ein nennenswerter Teil der neu eingeschulten Kinder nicht gut genug Deutsch spricht und versteht, um im Unterricht mitarbeiten zu können, dann können unsere Lehrkräfte das alleine auf Dauer nicht auffangen.»

Verbindliche Förderung fehlt noch

Künftig würden alle Kinder nach den gleichen Maßstäben getestet. «Es bedeutet eine Entlastung für die Lehrkräfte, die keine eigenen Tests mehr erarbeiten müssen», sagte Feller. Noch gibt es allerdings keine staatlich organisierte verbindliche Förderung für die getesteten Kinder. Dazu müsse erst eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, erläuterte die Ministerin.

Nach dem Test erhalten die Eltern die Ergebnisse mit der Aufforderung, die Monate bis zum Schulbeginn zu nutzen, um Förderlücken zu schließen. Beim Rechnen sei das leichter als etwa sprachlich innerhalb eines halben Jahres auf Stand zu kommen, räumte Feller ein. Die Eltern sollen Hinweise auf Übungsmaterial und auf Unterstützungsmöglichkeiten erhalten.

Ohne Eigeninitiative der Eltern geht es nicht

Sie könnten sich auch mit den Kitas besprechen, sagte die Ministerin. Manche Schulen hätten bereits Absprachen mit den Kitas ihrer Umgebung für vorschulisches Lernen. Feller appellierte an die Eltern: «Nehmen Sie alle Förderangebote wahr.»

Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürften die Testergebnisse nur mit Zustimmung der Eltern an die Kitas weitergegeben werden. Auf lange Sicht sei das grundsätzlich erforderlich, warb die Schulministerin: «Die Kinder profitieren enorm davon.»

Der Einstieg in die flächendeckenden Tests wird noch mit händisch ausgefüllten Materialien erfolgen. Ebenfalls in diesem Herbst soll aber an rund 130 Grundschulen schon ein digitales Diagnose- und Förderinstrument erprobt werden, das dann ein Jahr später flächendeckend ausgerollt werden soll. Mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) werde dabei sofort eine systematische Auswertung hinterlegt - etwa mit einem Diagramm der Stärken und Schwächen der getesteten Kinder, erläuterte Feller.

KI nutzen, aber keinen Roboter vor die Klasse stellen

«Im September werden wir hier in NRW ein wegweisendes Pilotprojekt zum Einsatz von KI im Unterricht starten, das von der Landesregierung mit über einer Million Euro gefördert wird», kündigte die Ministerin an. Gemeinsam mit der Universität Siegen und mit Unterstützung eines mittelständischen IT-Unternehmens aus NRW sollen 25 Projektschulen in den kommenden drei Jahren konkrete Unterrichtseinheiten für die Fächer Deutsch und Mathematik entwickeln. «Sie sollen zeigen, wie KI sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden kann, um die Basiskompetenzen zu fördern», erklärte Feller. «Keine Sorge: Es soll kein Roboter vor der Klasse stehen.»

Die Vermittlung der Basiskompetenzen sei nicht zuletzt wichtig für die vielen jungen Menschen, die neu nach NRW zuwandern oder vor Krieg und Gewalt flüchten. «Im vergangenen Schuljahr haben landesweit mehr als 100.000 Kinder und Jugendliche in der sprachlichen Erstförderung Deutsch gelernt», berichtete Feller. «Zum neuen Schuljahr sind über 30.000 von ihnen aus der Erstförderung in Regel-Schulklassen übergegangen.»

Manche hätten noch nie eine Schule besucht und müssten neben der deutschen Sprache Lesen, Schreiben und das lateinische Alphabet lernen. «Wie viele Kinder und Jugendliche das genau betrifft, werden wir ab diesem Schuljahr systematisch erfassen», kündigte Feller an. «Wir gehen nach ersten Schätzungen von einer fünfstelligen Zahl aus.» Neben den bereits vorhandenen Förderangeboten werde es in den nächsten Tagen einen Praxisleitfaden zur Alphabetisierung geben.

Schulministerin hält an Lehrer-Abordnungen fest

Feller ging bei der traditionellen Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt auch auf den jüngsten Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster zu Lehrer-Abordnungen an unterversorgte Schulen in NRW ein. Das Gericht hatte die umstrittene Praxis in der vergangenen Woche in zwei Fällen mit der Begründung gestoppt, die Auswahlkriterien seien nicht sachgerecht gewesen.

Grundsätzlich habe das Gericht aber bestätigt, dass Beamte mit einer Versetzung oder temporären Abordnung rechnen müssten, stellte die Ministerin klar. Klare Auswahlkriterien gebe es bereits. Bei der Abordnungsauswahl im Regierungsbezirk Münster sei es aber zu einem Anwendungsfehler gekommen.

«Münster wird daraus lernen und wird das auch entsprechend handhaben», sagte Feller. Leichtfertig sei die Bezirksregierung nicht vorgegangen. Es sei aber zu prüfen, ob die Kommunikation und das Werben für die zum Wohle einer landesweit gleichmäßigen Unterrichtsversorgung notwendigen Abordnungen gut gewesen seien.

Der Verband Lehrer NRW warnte: «Der Lehrkräftemangel lässt sich nicht mit der Brechstange bekämpfen.» Abordnungen könnten nur eine Notlösung sein. Im Hinblick auf die Attraktivität des Lehrberufs wirkten sie kontraproduktiv. Immerhin bleibe der Lehrkräftemangel angesichts von mehr als 6.000 unbesetzten Stellen die größte Herausforderung. Ähnlich äußerten sich auch weitere Lehrerverbände. 

© dpa
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