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Tödlicher Polizeieinsatz: Gericht prüft Ansprüche von Witwe

Die Stimmung in einer Flüchtlingsunterkunft ist nach einem Missbrauch aufgeheizt. Polizisten schreiten ein. Es fallen tödliche Schüsse. Aus Notwehr, wie es heißt. Daran gibt es Zweifel.
Prozess um Schmerzensgeld nach tödlichem Polizeieinsatz
Blick in den Saal 142 zu Beginn eines Prozesses am Landgericht, bei dem es um Schmerzensgeld nach einem tödlichen Polizeieinsatz im Jahr 2016 geht. © Joerg Carstensen/dpa

Nur wenige Monate nach seiner Ankunft in Deutschland stirbt der dreifache Familienvater bei einem Polizeieinsatz in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Moabit. Beamte schießen auf den Iraker, als der 29-Jährige auf einen Mitbewohner losgeht, der sich an seiner Tochter vergangen hat. Rund siebeneinhalb Jahre später beschäftigt der Fall noch immer die Berliner Justiz. Seit Mittwoch prüft das Landgericht in einem Zivilprozess Ansprüche der Familie gegen das Land Berlin. Im Fokus steht dabei die Frage: Haben die Polizisten auf einen unbewaffneten Mann geschossen?

«Die Situation war sehr stressig und angespannt», beschrieb ein Polizeibeamter vor Gericht die Stimmung an jenem 27. September 2016 in der Gemeinschaftsunterkunft. Der 36-Jährige sollte gemeinsam mit zwei Kolleginnen und einem Kollegen den Mann, der sich an der sechsjährigen Tochter des später Getöteten vergangen hatte, von der aufgebrachten Menge trennen. Als der Täter bereits im Polizeiwagen saß, stürzte sich der Familienvater auf ihn - mit einem Messer, wie es später von der Polizei hieß. Mehrere Polizisten zogen daraufhin ihre Waffe und schossen auf den Angreifer. Der 29-Jährige starb später in einem Krankenhaus.

Zeuge: Kein Messer bei Opfer gesehen

Nach den Schüssen habe er Erste Hilfe bei dem am Boden liegenden Mann leisten wollen, schilderte der Beamte. Ein Kollege habe gefragt, wo das Messer sei. «Ich habe unter ihm geguckt und ihn auch angetastet. Ich habe keines gefunden - und das auch dem Kollegen gesagt», berichtete der 36-Jährige weiter.

Auch eine Polizistin hat kein Messer gesehen. Allerdings saß die 42-Jährige mit dem Beschuldigten im Polizeiwagen. «Ich habe wahrgenommen, dass geschossen wurde», schilderte sie. Im ersten Moment sei sie allerdings davon ausgegangen, dass jemand auf Polizeikollegen geschossen habe, schilderte sie noch spürbar beeindruckt von dem Erlebten. Ein 54 Jahre alter Polizeibeamter gab an, wenig Erinnerungen an Details zu haben, was die Kläger-Anwälte anzweifelten. Ein Messer habe aber auch er nicht gesehen, sagte der Mann.

Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt

Drei weitere beteiligte Polizisten machten von ihrem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern, weil strafrechtliche Ermittlungen gegen sie bis zum heutigen Tag nicht abgeschlossen sind. Die Staatsanwaltschaft hatte nach dem Tod des Asylbewerbers nach Angaben einer Sprecherin wegen Totschlags ermittelt. Im Mai 2017 wurde das Verfahren nach Behördenangaben eingestellt mit dem Verweis auf Notwehr und Nothilfe.

Die Witwe des Mannes ging dagegen juristisch vor und zog bis vor den Berliner Verfassungsgerichtshof. Nachdem ihre Verfassungsbeschwerde Erfolg hatte, ist erneut das Kammergericht gefragt. Dort steht eine Entscheidung noch aus. Nicht nur die Kläger-Anwälte, sondern auch der Rechtsanwalt des Landes Berlin kritisierte dies.

Witwe klagt auf Schmerzensgeld und Schadenersatz

Parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen will die Witwe das Land Berlin in die Pflicht nehmen. Die 33-Jährige fordert nach Angaben ihrer Anwältin insgesamt mindestens 20 000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen entgangener Unterhaltszahlungen für ihre drei Kinder im Alter von 10, 14 und 15 Jahren. Zugleich erhofft sich Zaman Gatea durch das Zivilverfahren weitere Erkenntnisse. «Sie erhofft sich Frieden - und vor allem Gerechtigkeit», übersetzte ein Dolmetscher ihre Antwort auf die Frage nach ihrer Erwartung für den Prozess.

Das Gericht will die Verhandlung am 17. April mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortsetzen. Wann es ein Urteil geben könnte, ist bislang offen. Der Mann, dessen Handeln den Einsatz in der Gemeinschaftsunterkunft 2026 ausgelöst hatte, wurde zwischenzeitlich abgeschoben. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den damals 27-Jährigen im September 2017 wegen sexuellen Missbrauchs zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung.

© dpa ⁄ Marion van der Kraats, dpa
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