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Ärzte reden im Traunsteiner Missbrauchs-Prozess

Steht einem Mann, der als Kind von einem Priester missbraucht wurde, Schmerzensgeld zu? Und wenn ja, wie viel? Vor dem Landgericht Traunstein zieht sich die Antwort auf diese Frage hin.
Prozess in Traunstein
Der Kläger Andreas Perr (M) und seine Anwälte Andreas Schulz (l) und Markus Goldbach (r) nehmen ihren Platz im Gerichtssaal des Landgericht Traunstein ein. © Peter Kneffel/dpa

Vor dem Landgericht Traunstein ist am Mittwoch der Zivilprozess um einen Missbrauchsfall im Erzbistum München und Freising fortgesetzt worden. Der Kläger, ein früherer Ministrant, gibt an, Mitte der 1990er Jahre von einem Priester in Garching an der Alz einmal sexuell missbraucht worden zu sein. Andreas Perr fordert in dem Zivilprozess mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum.

Die entscheidende Frage des Prozesses lautet: Sind die psychischen Probleme des Mannes und seine schwere Drogensucht auf den Missbrauch zurückzuführen? 

Um diese Frage zu klären, hatten seine Anwälte zwei Mediziner als Zeugen benannt, die ihn im Laufe der Jahre begutachtet und behandelt hatten. Eine Mitarbeiterin des Versorgungsamtes kam in ihrem 2011 erstellten Gutachten zu dem Schluss, «dass der sexuelle Missbrauch eine annähernd gleichwertige Mitursache für die späteren resultierenden psychischen Störungen sind», wie sie vor Gericht ausführte. Perr hatte damals einen Antrag auf Entschädigung nach dem Opferschutzgesetz gestellt. Er habe «die Bilder im Kopf mit der Sucht wegkriegen» wollen.

Der Leiter einer Psychiatrie, in der er 2005 und 2019 behandelt wurde, nachdem er straffällig geworden war, schilderte ihn als «schwerst drogenabhängig». Erst bei seinem zweiten Aufenthalt habe er thematisiert, dass er von einem Pfarrer sexuell missbraucht worden war.

Der Psychiater sagte, «dass es ein komplexes Gefüge war, das letztendlich zum Suchtmittelkonsum beigetragen hat» und dazu, dass Perr schon mit zwölf Jahren angefangen habe, Suchtmittel zu nehmen: zunächst Zigaretten, dann Alkohol, mit 14 Cannabis. Später nahm er laut einer weiteren Medizinerin Heroin, Kokain, LSD, Tabletten - um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Zu diesem «komplexen Gefüge» gehöre «die häusliche Situation» mit abwesendem Vater und viel arbeitender Mutter, aber eben auch der Missbrauch und dass ihm nicht geglaubt worden sei. Perrs ebenfalls als Zeugin geladene Mutter verweigerte die Aussage.

Um die Frage zu klären, welche Rolle der Missbrauch für Perrs schwierige Entwicklung spielte, soll ein vom Gericht bestellter Sachverständiger ein Gutachten dazu verfassen. Er war am Mittwoch ebenfalls im Gerichtssaal anwesend, um sich ein Bild zu machen.

Das Verfahren wird sich darum noch länger hinziehen. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, war zunächst völlig unklar - auch, weil unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt noch weitere von den drei Anwälten des Klägers benannte Zeugen gehört werden sollen. Auch Perr selbst sollte ursprünglich zu Beginn des Verhandlungstages aussagen, verspätete sich aber um anderthalb Stunden, weshalb die weiteren Zeugen vom Gericht vorgezogen wurden.

Der Prozess hatte vor allem deshalb bundesweit Schlagzeilen gemacht, weil unter den Beklagten ursprünglich auch der inzwischen gestorbene Papst Benedikt XVI. war. Als damaliger Kardinal Joseph Ratzinger war er Erzbischof von München und Freising, als der betreffende Priester in sein Bistum versetzt wurde.

Das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt, weil nach seinem Tod noch immer unklar ist, wer seine Rechtsnachfolge antritt und damit gewissermaßen auch das Verfahren erbt. Deshalb bleibe das Verfahren in diesem Zusammenhang ausgesetzt, erläuterte das Landgericht.

Das Erzbistum hatte über seinen Anwalt bereits zu Prozessbeginn generell akzeptiert, dass der Kläger einen Anspruch auf Entschädigung hat, sich aber nicht auf eine konkrete Summe festgelegt. Der Anwalt beantragte, die Schmerzensgeld-Klage in der geforderten Höhe abzuweisen. Vielmehr sollte das Gericht eine eigene Einschätzung zu einer Summe geben.

Die Fortsetzung des Prozesses war mehrfach verschoben worden. Der Prozess hatte am 20. Juni begonnen, der zweite Verhandlungstag war ursprünglich für den 12. September geplant gewesen und zunächst auf den 2. November verlegt worden; dann wurde er erneut vertagt.

© dpa
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