Nach einem deutlichen Absatz-Rückgang bei Tesla will Firmenchef Elon Musk schneller als geplant günstigere Modelle auf den Markt bringen. Sie sollen nun schon vor dem ursprünglich angepeilten Termin im zweiten Halbjahr 2025 in die Produktion gehen. Der Elektroauto-Vorreiter geriet zuletzt unter Druck durch billigere Konkurrenz aus China und das Interesse der Käufer an Hybrid-Modellen. Musk beharrt darauf, dass nur rein elektrischen Antrieben die Zukunft gehöre, und versprach abermals, dass Tesla mit selbstfahrenden Autos die Branche verändern werde.
Der Tech-Milliardär wollte dagegen aber keine Angaben dazu machen, wann genau und zu welchem Preis die günstigeren Teslas auf den Markt kommen sollen. Auch die Frage, ob es sich dabei um komplett neue Modelle oder angepasste Versionen der bisherigen Bestseller Model 3 und Model Y handeln werde, blieb in einer Telefonkonferenz mit Analysten am Dienstag unbeantwortet.
Die Frage war berechtigt. Denn ursprünglich sollte ein günstigeres neues Modell von Tesla auf einer neuen Fahrzeug-Plattform entwickelt werden - ebenso wie ein Robotaxi ohne Lenkrad und Pedale. Musk versprach revolutionäre Produktionstechniken, mit denen die Fertigung so effizient wie noch nie sein werde.
Das Robotaxi, das Tesla am 8. August vorstellen will, soll weiterhin auf der neuen Plattform basieren. Die günstigeren Modelle aber sollen auf heutigen Fertigungslinien mit einer Mischung aus alten und neuen Verfahren gebaut werden, kündigte Tesla nun an. So könne man «in unsicheren Zeiten» die Produktion bei niedrigeren Investitionen ausbauen.
Spürbare Abschwächung beim Wachstumstempo erwartet
Für das laufende Jahr gibt Tesla weiterhin keine konkrete Prognose für die Auslieferungen ab, rechnet aber mit einer spürbaren Abschwächung beim Wachstumstempo im Vergleich zu 2023. Musk betonte in einer Telefonkonferenz mit Analysten, dass er dennoch von einem Verkaufsplus ausgehe. Im vergangenen Jahr steigerte Tesla die Auslieferungen um fast 38 Prozent auf gut 1,8 Millionen Fahrzeuge.
Besonders viel sprach Musk in der Telefonkonferenz aber über selbstfahrende Autos. Dabei bekräftigte er seine bereits vor Jahren verkündete Vision, dass Tesla-Besitzer ihre Autos zum autonomen Geldverdienen losschicken können werden, wenn sie diese gerade nicht brauchen. Man müsse sich das wie eine Mischung aus der Apartment-Plattform Airbnb und dem Fahrdienst-Vermittler Uber vorstellen, sagte Musk. Jederzeit könnten sie das Auto auch nur selbst nutzen - so wie man auch ein zeitweise über Airbnb vermietetes Gästezimmer nur für sich haben könne. Bei der Zahlenvorlage zeigte Tesla auch schon, wie der Fahrdienst in der App der Firma aussehen soll.
Dass Musks langjährige Pläne immer noch nicht Wirklichkeit wurden, liegt allerdings daran, dass es seinen Entwicklern bisher nicht gelang, die Teslas wirklich selbstfahrend zu machen. Es gibt bereits komplett fahrerlose Robotaxi-Dienste - etwa von der Google-Schwesterfirma Waymo in San Francisco und Los Angeles. Doch diese Fahrzeuge haben Spezial-Technik wie relativ teure Laser-Radare, die die Umgebung abtasten. Musk beharrt dagegen darauf, autonomes Fahren nur mit Kameras hinzubekommen.
«Autopilot»-Software bisher nur Assistenzsystem
Als Folge ist auch die fortgeschrittene Version von Teslas «Autopilot»-Software mit dem vielversprechenden Namen «Full Self-Driving» (komplett selbstfahrend) bisher nur ein Assistenzsystem, bei dem der Mensch am Steuer jederzeit bereit sein muss, die Kontrolle zu übernehmen. Jüngst ergänzte Tesla die Bezeichnung «Full Self-Driving» in der aktuellen Version mit dem Zusatz «überwacht» in Klammern.
Die meisten Branchenexperten hatten sich immer wieder skeptisch gezeigt, dass autonomes Fahren nur mit Kameras in absehbarer Zukunft möglich sei, Musk gibt sich nach wie vor überzeugt. Erneut sagte er, dass Tesla in Gesprächen mit einem großen Autokonzern über eine Lizenz für die fortgeschrittene «Autopilot»-Technologie sei. Zugleich schränkte Musk aber ein, dass mit den Entwicklungszeiten in der Branche selbst nach einem möglichen Deal mindestens drei Jahre vergehen würden, bis das System im Fahrzeug eines anderen Herstellers auftaucht.
Teslas humanoider Roboter «Optimus» könne aktuell im Labor einfache Fertigungsaufgaben ausführen, sagte Musk. Man wolle die Maschinen bis Ende des Jahres für einen eingeschränkten Einsatz in die Fertigungshallen bringen. Und bis Ende 2025 sollen sie auch anderen Unternehmen zum Kauf angeboten werden. Musk wiederholte, dass nach seiner Meinung «Optimus» auf lange Sicht wertvoller als alles andere bei Tesla sein werde.
Unansehnliche Quartalsergebnisse
Der Wall Street, die die Tesla-Aktie seit Jahresbeginn um mehr als 40 Prozent fallen ließ, gefielen Musks Visionen. Der Kurs stieg im frühen US-Handel am Mittwoch um rund 14 Prozent.
Dabei fielen die Quartalsergebnisse noch unansehnlicher als erwartet aus. Die Erlöse fielen im Jahresvergleich um neun Prozent auf 21,3 Milliarden Dollar (19,9 Mrd Euro). Analysten hatten im Schnitt mit 22,15 Milliarden Dollar Umsatz gerechnet. Auch beim Ergebnis pro Aktie lag Tesla unter den Markterwartungen. Unter dem Strich fiel der Quartalsgewinn um 55 Prozent auf 1,13 Milliarden Dollar (1,06 Mrd Euro).
Die Rückgänge bei den Geschäftszahlen zeichneten sich ab, nachdem Tesla im ersten Quartal mit Auslieferungen von rund 387.000 Fahrzeugen die Erwartungen verfehlt hatte. Es waren 8,5 Prozent weniger als im Vorjahresquartal - und ein Einbruch von 20 Prozent im Vergleich zum letzten Vierteljahr 2023. Tesla verwies unter anderem auch darauf, dass im ersten Quartal die Produktion im Werk Grünheide bei Berlin nach einem Anschlag auf die Stromversorgung zeitweise ausgesetzt wurde.
Musk lässt gerade mehr als jeden zehnten Job streichen. Übers Wochenende senkte Tesla auch abermals die Preise für einige Modellvarianten.