Der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn wusste nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Braunschweig deutlicher früher über Abgasmanipulation Bescheid, als er bisher angegeben hat. Spätestens seit Mai 2014 war der Angeklagte über den Einsatz einer illegalen Software in den USA informiert, hieß es bei der Verlesung der ersten Anklageschrift gegen den 77-Jährigen im Landgericht Braunschweig.
Nach Mai 2014 habe Winterkorn es «pflichtwidrig unterlassen», den Verkauf betroffener Autos zu stoppen. Obwohl ihm laut Anklage seine Pflichten als Vorstandschef bewusst gewesen seien, habe er es zugelassen, dass Autos in den USA mit unrichtigen Angaben weiter vermarktet worden seien. Der Verantwortung Winterkorns werden von den Strafverfolgern etwas mehr als 65.000 Autos zugerechnet. Den entstandenen Schaden bezifferte die Staatsanwaltschaft auf rund 1, 3 Milliarden Euro.
«Dieselgate» war im September 2015 durch Nachforschungen von US-Umweltbehörden und Wissenschaftlern aufgeflogen und hatte Winterkorn aus dem Amt gefegt. Der Vorstand übernahm mit seinem Rücktritt die politische Verantwortung, wies aber strafrechtlich relevantes Verhalten zurück.
In dem Verfahren werden dem früheren Konzernboss gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Kurz vor dem Prozessauftakt hatte die Verteidigung Winterkorns sämtliche Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurückgewiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.