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Plötzlich Favorit: Italien will «die Trophäe hochhalten»

30 Partien ungeschlagen, 1055 Minuten ohne Gegentor: Italien geht nach einer perfekten EM-Gruppenphase mit viel Selbstvertrauen in die K.o.-Phase. Die Azzurri spielen sich in den Kreis der Titel-Favoriten.
Roberto Mancini
Italiens Trainer Roberto Mancini gibt Anweisungen. © Alessandra Tarantino/AP Pool/dpa

Nach einer Vorrunde der Superlative wächst in Italien der Glaube an das große Titel-Ziel. «Wir tun gut daran, groß zu träumen. Wir sind hier, um die Trophäe hochzuhalten», sagte der starke Federico Chiesa nach dem 1:0 (1:0) gegen Wales zum Abschluss der Gruppenphase bei der Fußball-EM.

Die perfekte Bilanz von drei Siegen und 7:0 Toren, der Rekord von inzwischen 30 ungeschlagenen Partien in Serie und 1055 Minuten ohne Gegentor: Für die Squadra Azzurra gibt es vor dem Achtelfinale gegen Österreich viele Gründe, die kommenden Aufgaben voller Selbstvertrauen anzugehen und an die eigene Titelchance zu glauben.

«Jetzt beginnt ein ganz anderes Turnier», kündigte Trainer Roberto Mancini mit Blick auf den ersten Auftritt seines Teams in der K.o.-Phase an. Am Samstag ist im Londoner Wembley-Stadion Österreich der Gegner, der sich mit 1:0 gegen die Ukraine durchsetzte. «Es wird schön, in Wembley zu spielen, das ist ein fantastisches Stadion», sagte Mancini, der sich nach den drei Gruppenspielen in Rom bei den heimischen Fans bedankte und versprach: «Wir wollen gut spielen, um bis zum Ende im Turnier zu sein und dann noch einmal nach Wembley zurückzukehren.»

Ziel: Endspiel in London

Das Finale in London am 11. Juli ist mittlerweile das erklärte Ziel der Italiener, die als Mannschaft ohne große Stars allenfalls als Außenseiter ins Titelrennen gegangen waren. Dreieinhalb Jahre nach der verpassten WM 2018 war auch im Land des viermaligen Weltmeisters vor dem Turnier die Skepsis groß, wie viel der Elf von Mancini eigentlich zuzutrauen ist. Doch mit jedem mitreißenden Auftritt in Rom wuchsen Begeisterung und Zuversicht. «Wir sind ein Märchen», schwärmte der «Corriere dello Sport»: «Wembley, wir kommen!»

Die positiven Erkenntnisse, die Mancini mit ins Achtelfinale nehmen kann, sind nach dem Erfolg gegen Wales durch einen Treffer von Matteo Pessina (39. Minute) noch einmal gewachsen. Auf acht Positionen veränderte der Coach seine Startelf, 25 von 26 Spielern im EM-Kader kamen schon zum Einsatz. Und dennoch funktionierte auch die Ersatz-Mannschaft gegen Wales nach einigen Anlauf-Schwierigkeiten perfekt. «Mancini ist der Star: Er lässt alle spielen und gewinnt die Gruppe», jubelte die «Gazzetta dello Sport». Chiesa, der erstmals in der Startelf stand, sagte: «Wir spielen alle großartig und wollen den Trainer in Schwierigkeiten bringen, wen er aufstellen soll.»

Offene Personalfragen

In der Tat muss Mancini nun gleich mehrere offene Personalfragen beantworten. Mittelfeld-Regisseur Marco Verratti gab gegen Wales ein starkes Comeback, Chiesa überzeugte offensiv. Für beide müssten aber Spieler aus der erfolgreichen Stammelf, die bei den 3:0-Siegen gegen die Türkei und die Schweiz das Publikum begeisterte, weichen. Auch Kapitän Giorgio Chiellini arbeitet nach seiner Verletzung am Oberschenkel auf sein Comeback hin. «Wenn die Jungs so weiterspielen, bin ich glücklich», sagte Mancini. «Mehr verlange ich nicht.»

Eine EM-Gruppenphase ohne Punktverlust gelang den Azzurri zuletzt 2000, damals stand am Ende eine Niederlage im Endspiel gegen Frankreich. Ähnliches haben sich die Italiener wieder vorgenommen. Im Achtelfinale soll nun erst einmal das 31. ungeschlagene Spiel in Serie her, damit würde Mancini Weltmeister-Coach Vittorio Pozzo die Bestmarke endgültig entreißen. Zwischen 1935 und 1939 verlor Italien unter Pozzo 30 Spiele in Serie nicht. Und auch die Siegesserie von inzwischen elf Partien würde Mancini mit seiner Elf gerne fortsetzen, zu den schon 1055 Minuten ohne Gegentor sollen weitere hinzukommen.

Angesprochen auf den historischen Rekord von Pozzo, der 1934 und 1938 Weltmeister und 1936 Olympiasieger wurde, verwies Mancini auf die große Titel-Sehnsucht seiner Landsleute 15 Jahre nach dem WM-Titel von 2006. «Pozzo hat viele andere wichtige Dinge gewonnen», sagte Mancini schmunzelnd. «Da sind wir im Moment noch hinten dran.»

© dpa ⁄ Miriam Schmidt, dpa
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