Fast 5000 Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Internet hat die Plattform Jugendschutz.net im Jahr 2023 erfasst. Das seien zwei Drittel aller im Netz gegen den Jugendschutz registrierten Verstöße und 161 Fälle mehr als im Vorjahr 2022, teilten die Verantwortlichen bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin mit.
Insgesamt registrierte das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern 7645 Verstöße gegen den Kinder- und Jugendschutz im Netz - und damit 282 Fälle mehr als 2022. Bei zwölf Prozent der erfassten Verstöße handele es sich um Pornografie und Sex-Darstellungen, bei elf Prozent um politischen Extremismus, hieß es. Allerdings ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, weil längst nicht alle Fälle gemeldet werden.
Künstliche Intelligenz erhöhe die Risiken für Gewalt und Mobbing
Insgesamt nehme das Gefährdungspotenzial für Kinder und Jugendliche im Netz zu, erklärte der Leiter von Jugendschutz.net, Stefan Glaser. Das liege zum einen an Anwendungen von Künstlicher Intelligenz, die es immer schwerer machten, Realität von Fälschung zu unterscheiden. Dadurch steige auch das Risiko für sexualisierte Gewalt, Mobbing und Extremismus.
Zum anderen würden Betreiber von Online-Diensten «zu wenig tun, um Kinder und Jugendliche zu schützen», beklagte Glaser. «Sie reagieren unzureichend, wenn ihnen Verstöße gemeldet werden. Und sie überprüfen die Altersangaben von Nutzenden nicht angemessen», sagte er.
Zuvor hatte auch die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, strengere Auflagen für Anbieter von Videoplattformen, sozialen Netzwerken und Online-Spielen mit Chatfunktion gefordert. Die bisherigen Pflichten würden nicht ausreichend umgesetzt, beklagte auch Claus.
Tausende Verstöße an Behörden gemeldet
Jugendschutz.net hat nach eigenen Angaben im Jahr 2023 insgesamt 3210 Verstöße an Anbieter und Selbstkontrolleinrichtungen gemeldet. 3582 Fälle habe die Plattform direkt an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt, da kinder- und jugendpornografische Inhalte verbreitet worden seien oder Gefahr für Leib und Leben bestanden habe. Insgesamt seien bis zum Jahresende 90 Prozent der gemeldeten Verstöße (6902) beseitigt worden.