Als Reaktion auf die schweren Böllerschäden und Todesfälle durch sogenannte Kugelbomben werden Rufe nach Konsequenzen laut. «Der Import verbotener Feuerwerkskörper - Kugelbomben - aus dem östlichen Ausland muss durch noch schärfere Grenzkontrollen unterbunden werden», sagte der innenpolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, der Deutschen Presse-Agentur. «Diese bereits verbotenen Feuerwerkskörper waren hauptursächlich für die Verletzungen und Sachbeschädigungen.»
Klinik: «Kugelbomben sind ein Horror!»
Wegen schwerer Verletzungen mit Silvesterfeuerwerk werden allein im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) inzwischen 42 Menschen behandelt. «Es kommen immer noch weitere Patienten aus anderen Krankenhäusern zu uns», sagte Sprecherin Angela Kijewski. Teils würden Betroffene aus Berliner Kliniken in die Spezialklinik verlegt, teils auch aus dem Umland.
Mehrere Patienten seien von sogenannten Kugelbomben schwer an Händen, Gesicht und Augen verletzt worden, darunter auch Kinder. Andere Betroffene hätten infolge der Explosion dieser Sprengkörper schwere Hörschäden bis hin zu einem dauerhaften Hörverlust erlitten.
«Die illegalen selbstgebastelten oder aus dem Ausland importierten sog. Kugelbomben sind ein Horror!», hieß es von der Klinik auf dem Portal X. «Das größte Problem ist die extreme Sprengkraft der Kugelbomben», erklärte die Sprecherin. «Dadurch bekommt das Auge nicht mehr die Zeit, das Lid zu schließen.»
Nach Angaben Kijewskis wird im Unfallkrankenhaus ein Mann behandelt, der sein Augenlicht verloren hat durch Verletzungen infolge einer Kugelbombe. «Ein junger Mann erlitt eine so schwere Halsverletzung, dass er fast sein Leben gelassen hätte.»
49 Patientinnen und Patienten in Charité
An der Berliner Universitätsmedizin Charité wurden 49 Personen mit feuerwerksbezogenen Verletzungen behandelt, wie Sprecherin Manuela Zingl mitteilte. Die Zahl bezieht sich auf den Zeitraum zwischen dem 31.12.2024 um 8 Uhr und dem 1.1.2025 um 8 Uhr. «Auffällig waren die Häufung von „Kugelbomben“ und Berichte von gezieltem Feuerwerksbeschuss auf Passanten», so Zingl.
36 Wohnungen vorläufig unbewohnbar
Kugelbomben sind wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen. Fachleute beobachteten über den Jahreswechsel in Berlin, dass solche gefährlichen Sprengkörper vermehrt und oft unkontrolliert explodierten.
In Schöneberg wurden von der Wucht einer Detonation Häuserfassaden und Autos schwer beschädigt, viele Fensterscheiben gingen zu Bruch. 36 Wohnungen sind vorerst unbewohnbar. Ein Feuerwehrsprecher sprach von einem «Schlachtfeld». Drei Personen wurden nach der Explosion festgenommen.
Ebenfalls wohl bei der Explosion einer Kugelbombe im Stadtteil Tegel erlitt ein Siebenjähriger lebensgefährliche Verletzungen, er musste in einem Krankenhaus notoperiert werden.
«Warum akzeptieren wir diese Bedrohung?»
Berlins Innensenatorin Iris Spranger plädiert für ein generelles Böllerverbot in Deutschland und sieht dabei den Bund in der Pflicht. Gleichzeitig fordert die SPD-Politikerin Änderungen im Sprengstoffrecht, die es den Ländern erlauben würden, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Der Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen sei im Sprengstoffrecht des Bundes geregelt - aktuell könnten also weder Senat noch Abgeordnetenhaus ein grundsätzliches Verbot für privates Silvesterfeuerwerk außerhalb ausgewiesener Orte aussprechen, sagte Spranger der dpa.
Für ein pauschales Verbot privat genutzter Pyrotechnik plädiert Michael Müller (SPD), einer der Amtsvorgänger Wegners als Berliner Bürgermeister. «Es gibt doch überhaupt keinen Grund, warum wir 364 Tage im Jahr akzeptieren, dass nur professionell ein Feuerwerk stattfinden darf. Und an einem Tag im Jahr darf jeder machen, was er will. Warum eigentlich?», sagte Müller in der Sendung «Frühstart» von RTL und n-tv. «Warum akzeptieren wir diese Bedrohung?»
Tödlicher Kugelbomben-Fall in Brandenburg: Polizei ermittelt
Im Zusammenhang mit dem tödlichen Kugelbomben-Unfall eines 21-Jährigen am Silvesterabend auf einem Feld im brandenburgischen Kremmen ermittelt die Polizei wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. Der junge Mann war durch die Wucht der Sprengstoff-Explosion unmittelbar vor Ort gestorben. Nach ersten Erkenntnissen wurde die Pyrotechnik auf dem Feld in einem Rohr gezündet. Es handelte sich laut Polizei um Feuerwerk der Kategorie 4, für dessen Erwerb ein Fachkundenachweis nötig ist. Die Kriminalpolizei will klären, woher die Kugelbombe stammte.
«Sprengstoff nicht in die Hände von alkoholisierten Feierwütigen»
Auch die Grünen im Berliner Landesparlament sprechen sich für ein bundesweites Verkaufsverbot für Böller aus. «Sprengstoff gehört in die Hände von Profis und nicht von alkoholisierten Feierwütigen», sagte der Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco der Deutschen Presse-Agentur. «Die einzig konsequente Maßnahme ist ein vollständiges Verkaufsverbot für Pyrotechnik.»
Auf die Frage, ob ein bundesweites Böllerverbot hilfreich wäre, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke: «Ja, ein Böllerverbot und eine Regulierung des Verkaufs sind Bausteine zur Verbesserung des Silvestergeschehens. Berlin und große Städte müssen aber mit ihren Gewerbeämtern und anderen zuständigen Behörden den illegalen Verkauf unter der Ladentheke in den Griff bekommen.»
Während der Böllerei in der Silvesternacht hatte die Berliner Polizei 400 Menschen wegen Straftaten festgenommen - etwa so viele wie vor einem Jahr. Etliche griffen Einsatzkräfte oder andere Menschen mit Pyrotechnik an, andere hatten illegale Waffen oder Böller dabei. Wieder andere fielen wegen Gewalttaten oder Brandstiftung auf. Die Polizei leitete 670 Strafverfahren ein.