Luke Littler zog die gigantische Sid-Waddell-Trophy durch den Ally Pally wie ein glückliches Kleinkind sein schönstes Weihnachtsgeschenk. Stolz und überwältigt musste der jüngste WM-Champion der Darts-Geschichte erst einmal seine Gefühle sortieren. Dann machte Littler in London eine Ansage, die der bereits bei dieser WM weitgehend chancenlosen Konkurrenz Angst machen dürfte.
«Vielleicht gewinne ich noch ein paar Weltmeisterschaften mehr. Wenn ich die 16 will, bin ich sicher, dass ich diese Marke möglicherweise erreichen kann», sagte der 17-Jährige nach dem historischen Darts-Tag, der ihm neben dem riesigen Siegerpokal auch ein Preisgeld von rund 600.000 Euro einbrachte. 16 Mal Weltmeister, das ist bis heute die utopische Marke von Legende Phil Taylor, der den Sport über Jahrzehnte dominierte und 2018 Abschied nahm.
Taylor gratuliert
Doch als Taylor erstmals Weltmeister wurde, war er bereits 29. Und Littler, der bereits jetzt zu den bekanntesten britischen Sportstars zählt, spielt als Minderjähriger auf einem Niveau, wie es «The Power» Taylor oder Final-Verlierer Michael van Gerwen zu ihren allerbesten Zeiten spielten. «Was für eine fantastische Leistung, riesige Gratulation», schrieb Taylor nach dem dominanten 7:3-Endspielsieg von Littler über van Gerwen.
Der geschlagene Niederländer, sonst nicht gerade für leise Töne bekannt, räumte noch auf der Bühne ein: «Ich ziehe immer den Hut vor Leuten, die mich in einem tollen Spiel besiegen. So funktioniert der Sport nun mal.» Er habe den Eindruck, dass der Darts-Sport alle 17 Jahre einen neuen Star bekomme.
Wie einst Becker und Graf
Der Star vor 17 Jahren, das war für van Gerwen er selbst. Der Star von heute, das ist für alle zweifellos Littler, der den gesamten Sport auf ein neues Level hievt und das Interesse in riesige Sphären steigert. Selbst Englands Premierminister Keir Starmer gratulierte wenige Minuten nach dem letzten geworfenen Pfeil.
«Eine inspirierende Leistung. Und das unter diesem Druck, die Trophäe zu holen. Du kannst wirklich stolz auf das sein, was Du heute Abend erreicht hast. Nicht nur für Dich selbst, sondern für die gesamte Sportart Darts», schrieb Starmer auf X. Der durch Littler befeuerte Darts-Hype in England erinnert an das deutsche Tennis in den 1980ern, als Boris Becker und Steffi Graf bereits als Teenager Grand-Slam-Turniere gewannen.
Gut zwei Wochen bis zur Volljährigkeit
Schon vor seiner Krönung war Littler 2024 bei Google der meistgesuchte Sportler auf der britischen Insel - unter anderem vor Harry Kane und Jude Bellingham. Nur der designierte US-Präsident Donald Trump und Prinzessin Kate wurden häufiger in die Suchmaschine eingetippt als der Darts-Youngster. Der Hype um den leidenschaftlichen Fan von Manchester United dürfte in den Tagen nach der Machtdemonstration sicher nicht weniger werden. Es sind die letzten Wochen, bevor Littler am 21. Januar gerade einmal 18 wird.
«Ich kann es nicht glauben», sagte Littler, der den Triumph auf der größten Darts-Bühne der Welt mit seiner Familie und seinem Manager Martin Foulds feierte. Im anstehenden Jahr dürfte der Weltmeister in jedes Turnier als der Favorit gehen. «Ich könnte 2025 ohne jeden weiteren Titel beenden, aber die beste Trophäe hätte ich immer noch gewonnen. Ich will mehr als zehn Titel in diesem Jahr gewinnen, aber wenn das nichts wird, habe ich immer noch das ganze große Ding», stellte Littler klar.
«Katz-und-Maus-Spiel» mit van Gerwen
Im Ranking verbessert sich der Engländer von Platz vier auf zwei - und das, obwohl er nur eins der beiden für die Rangliste zählenden Jahre aktiv bestritten hat. Der bereits im Achtelfinale entthronte Weltmeister Luke Humphries führt zwar noch immer mit deutlichem Vorsprung, doch Littlers sportliche Jagd auf ihn ist spätestens mit dem WM-Titel eröffnet.
Für die englischen Boulevardmedien und die übertragenden TV-Sender ist Littler ein riesiges Geschenk. Auch Experten und Ehemalige haben ihre helle Freude an dem Teenager, der im größten Spiel des Jahres quasi keine Nerven zeigte. «Es ist fast wie ein Katz-und-Maus-Spiel, das Littler hier mit van Gerwen betrieben hat», sagte Ex-Weltmeister John Part.