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Union geht Ampel-Sicherheitsplan nicht weit genug

Das Sicherheitspaket der Ampel-Koalition nach dem Attentat von Solingen überzeugt die Union noch nicht. Sie will mehr. Die Innenministerin zeigt sich gesprächsbereit. Und sie macht eine Ankündigung.
Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest
Vorstellung Sicherheitspaket nach dem Anschlag von Solingen
Andrea Lindholz

Die Union hält das Maßnahmenpaket der Ampel-Koalition zum Schutz vor islamistischem Terror und gegen irreguläre Migration für unzureichend. Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) verteidigten hingegen die Vorhaben als Konsequenz aus dem Messerangriff in Solingen mit drei Toten und acht Verletzten. Faeser zeigte sich zugleich offen für weitere Schritte nach Gesprächen mit Union und den Ländern. Als Termin ist der Dienstag im Gespräch. Zugleich nimmt die parlamentarische Aufarbeitung des Solingen-Attentats Fahrt auf. 

Nach den Plänen der Koalition sollen Leistungen für Migranten gestrichen werden, für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rücknahme zugestimmt hat. Straffällige sollen einfacher ausgewiesen werden können. Faeser kündigte am Abend in den ARD-«Tagesthemen» an, es werde «sehr bald» auch Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Syrien und Afghanistan geben. Ferner soll es ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, auf Volksfesten und bei anderen Großveranstaltungen geben. Ermittlungsbehörden sollen im Kampf gegen Islamismus öffentlich zugängliche Bilder biometrisch mit den Fotos von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen abgleichen dürfen. 

Scholz drängt zur Eile, Faeser offen für mehr

Bundeskanzler Scholz setzt auf eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen. Er sagte am Rande eines Bürgerdialogs im brandenburgischen Seelow: «Es ist gut, dass es so schnell, so präzise geschehen ist, und ich bin froh, dass heute diese Maßnahmen vorgestellt werden konnten.» Sie sollten nun schnell auf den Weg gebracht werden.

Faeser nannte das Ampel-Paket in der ARD eine «harte Reaktion» auf den Anschlag. Sie setzt auf Einvernehmen mit der Union. Es sei wichtig, dass alle staatlichen Ebenen hier «stark zusammenstehen». Gesprächsangebote nehme sie gern an und ernst. Über weitere Maßnahmen werde man sehr offen reden. «Ich schließe manche Dinge nicht aus», sagte Faeser auf die Frage nach möglichen weiteren Maßnahmen. 

Union geht Ampel-Paket nicht weit genug

«In dem vorgestellten Papier steht nichts Falsches, es sind aber leider nicht die notwendigen Maßnahmen», urteilte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann über die Ampel-Vorhaben. Mit Blick auf die Gespräche mit der Regierung betonte er in der «Rheinischen Post»: «Wenn die Bundesregierung an ernsten Gesprächen interessiert ist, müssen am Dienstag die Themen Zurückweisungen an der Grenze, Anwendung des Dublin-Prinzips und konsequente Abschiebungen auf den Tisch.»

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), befand in der «Bild» ebenfalls: «Die Ampel-Vorschläge reichen bei Weitem nicht aus für eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik und bei der inneren Sicherheit.» CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kündigte eine genaue Prüfung des Maßnahmenpakets der Ampel-Koalition an. «Offensichtlich werden jetzt Dinge möglich, die die Ampel bisher immer abgelehnt hat», sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. 

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) setzt auf einen Schulterschluss mit der SPD. «Das ist kein technisches Problem, sondern die Frage, schaffen wir es, einen Konsens zwischen den großen Parteien hinzukriegen, dass wir da mehr im Recht ändern», sagte Reul dem TV-Sender Phoenix. In der Vergangenheit habe man zu oft gegeneinander gestanden. «Immer, wenn einer einen Vorschlag machte zur Einwanderung, fielen andere über den her.» Diese Zeiten müssten angesichts der Sicherheitslage der Vergangenheit angehören. 

FDP appelliert an die Union 

Die Liberalen erwarten von der Union eine konstruktive Mitwirkung. «Wichtig ist jetzt, dass die demokratischen Parteien auf allen staatlichen Ebenen eng miteinander kooperieren», sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der dpa. Ohne die Länder gehe es nicht. «Ich appelliere daher an CDU und CSU, mit uns an einem Strang zu ziehen und konstruktiv an der schnellen Umsetzung des Sicherheitspakets mitzuarbeiten», sagte Dürr. 

Grüne mit Zustimmung und partieller Skepsis 

 Die Grünen-Innenexpertin Lamya Kaddor, hob im «Tagesspiegel» hervor, das Papier zeige, «dass die Ampel in Fragen der inneren Sicherheit handlungsfähig bleibt, auch in Zeiten der massiven Bedrohung von innen und außen». Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann äußerte sich bei der Mediengruppe Bayern aber skeptisch zum Vorhaben, Leistungen für Asylbewerber zu streichen, für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rücknahme zugestimmt hat. 

Bundestags-Innenausschuss und NRW-Landtag beraten über Attentat

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte der dpa, viele der Hintergründe der entsetzlichen Tat lägen noch im Dunkeln. Sie müssten nun umfangreich und rasch aufgeklärt werden. Sicherheitspolitische Defizite müssten endlich politisch sehr entschlossen angegangen werden, mahnte von Notz, der auch Vorsitzender des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags ist.

Steinmeier kommt zur Trauerfeier

In Nordrhein-Westfalen unterrichtet Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Vormittag den Landtag in einer Sondersitzung über bisherige Erkenntnisse zum Attentat. Zu Beginn der Plenarsitzung wollen die Abgeordneten in einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags gedenken. 

Bei dem Anschlag hatte der Täter drei Besucher des Stadtfestes in Solingen mit einem Messer getötet und acht weitere Menschen verletzt. Der Tat verdächtigt wird ein 26 Jahre alter Mann aus Syrien, der über Bulgarien als Flüchtling nach Deutschland gekommen war. Am Sonntag ist eine Trauerfeier in Solingen geplant, daran wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnehmen. Er will dort eine Rede halten und anschließend am Ort des Anschlags einen Kranz niederlegen und still der Opfer gedenken. 

© dpa
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