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Kein Bundesgesetz zu Fußfessel für brutale Ex-Partner

Wenn Ex-Partner gewalttätig sind, kann eine elektronische Fußfessel für mehr Sicherheit sorgen. Buschmann will dazu aber selbst keine Reform anstoßen. Auch beim Cybermobbing ist er zurückhaltend.
Bundesjustizminister Buschmann
Elektronische Fußfessel
KINA - Fertig machen im Internet

Bundesjustizminister Marco Buschmann hält eine bundeseinheitliche Regelung zum Einsatz elektronischer Fußfesseln bei häuslicher Gewalt für unnötig. Damit stellt er sich gegen eine entsprechende Forderung, die im Juni bei der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern (IMK) erhoben worden war. 

Auch der Vorschlag der Innenministerinnen und Innenminister, im Strafgesetzbuch eine zusätzliche Regelung zum Cybermobbing zu schaffen, ist aus Sicht des FDP-Politikers überflüssig. Unter Cybermobbing versteht man die Beleidigung, Bedrohung, Bloßstellung oder Belästigung von Menschen auf Websites, in Foren, sozialen Netzwerken oder Chats. 

Buschmann sieht nach eigener Aussage zwar ebenfalls eine Notwendigkeit, den Schutz vor Gewalt durch Partner beziehungsweise Ex-Partner zu verbessern. Länder, die dafür elektronische Fußfesseln nutzen wollten, könnten dies aber selbst regeln, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die elektronische Fußfessel übermittelt den Aufenthaltsort - nähert sich jemand trotz eines Annäherungs- und Kontaktverbots etwa der Wohnung der Betroffenen, wird die Polizei alarmiert. 

«Häusliche Gewalt bedeutet für die Betroffenen unerträgliches Leid», betonte Buschmann. Er sei sich mit den Innenministern auch einig, dass es hier mehr Schutz brauche. «Als Justizminister tue ich konkret etwas dafür», fügte er hinzu. Sein Ministerium arbeite derzeit an Reformen des Kindschaftsrechts und des Familienverfahrensrechts. Bei beiden Vorhaben gehe es um einen besseren Schutz vor häuslicher Gewalt.

Buschmann: Länder können elektronische Fußfessel im Polizeirecht regeln 

Wenn die Innenminister die Fußfessel für ein sinnvolles Instrument im Kampf gegen häusliche Gewalt hielten, könnten sie diese über das Polizeirecht, das Ländersache sei, sofort einführen, meinte Buschmann. «Wenn man die Fußfessel will, wäre eine Regelung darüber im Polizeirecht auch gut aufgehoben», sagte der FDP-Minister. Denn schließlich wendeten sich Opfer häuslicher Gewalt typischerweise zunächst einmal an die Polizei. «Deshalb ergibt es auch Sinn, dass die Polizei über die Anordnung der Fußfessel entscheidet.» 

Das Polizeirecht in Bayern und in Hamburg ermögliche die Fußfessel sowohl bei Anordnung einer polizeilichen Maßnahme als auch parallel zum Zivilrechtsschutz, führte Buschmann aus. «Niemand hindert die anderen Länder daran, sich hier ein Beispiel zu nehmen.»

Verbote, die Wohnung zu betreten und sich der Frau zu nähern, müssten «konsequent durchgesetzt und engmaschig kontrolliert werden», hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der IMK im Juni gesagt. Sie sei dazu im Austausch mit Buschmann. Wenn die Täter mit einer elektronischen Fußfessel überwacht würden, könne die Polizei im Ernstfall schneller einschreiten und Gewalt gegen Frauen besser verhindern. Als Vorbild hatte Faeser entsprechende Regelungen in Österreich genannt. 2023 sind laut Polizeistatistik in Deutschland 155 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner umgebracht worden - 22 mehr als im Vorjahr. Unter den Männern waren es 24. 

«Um eine dauerhafte und nicht nur kurzfristig wirkende Möglichkeit zu haben, gerichtliche Kontakt- oder Näherungsverbote mit einer Fußfessel zu kontrollieren, muss die Fußfessel ins Gewaltschutzgesetz aufgenommen werden», meint dagegen Hessens Justizminister, Christian Heinz (CDU). Einen entsprechenden Vorstoß hatte auch die Unionsfraktion kurz vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag gemacht. 

Auch Erika Krause-Schöne von der Gewerkschaft der Polizei sähe in einer Reform des Gewaltschutzgesetzes einen guten Weg - auch wenn die Einzelheiten dann von den Ländern geregelt werden müssten. Sie halte es für richtig, dass das Tragen einer elektronischen Fußfessel bei gravierenden Fällen häuslicher Gewalt für die mehrheitlich männlichen Täter «vielleicht auch Teil der Strafe sein könnte». 

Die Opferhilfeorganisation Weißer Ring warf Buschmann vor, er lasse nicht nur die betroffenen Frauen in ihrem Leid allein, sondern ignoriere auch den Beschluss der Justizministerkonferenz. «Das Gewaltschutzgesetz, das Frauen vor häuslicher Gewalt schützen soll, ist ein Bundesgesetz», sagte der Bundesvorsitzende Patrick Liesching in Mainz. «Daran anknüpfende Regelungen wie die elektronische Überwachung von Gewalttätern fallen deshalb selbstverständlich ebenfalls in die Bundeskompetenz.»

Hessens Justizminister Heinz kündigte an, für einen stärkeren Schutz vor häuslicher Gewalt und zur Einführung einer elektronischen Fußfessel werde Hessen bald eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen. 

Buschmann: Cybermobbing kann jetzt schon bestraft werden

Der IMK-Vorsitzende, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), hatte bei dem Treffen in Potsdam auch auf vor allem für Jugendliche oft erheblichen Folgen von Mobbing in sozialen Medien und Chats hingewiesen. Er sagte: «Cybermobbing ist ein wachsendes Phänomen, das bisher unterschätzt wird, obwohl es für die Opfer zu schwerwiegenden Auswirkungen in vielen Lebensbereichen führt.» Die Justizminister sollten daher prüfen, ob sie die Einführung eines gesonderten Straftatbestands für sinnvoll erachten. Anders als bei einer Beleidigung in der realen Welt, etwa auf dem Schulhof, seien die Folgen einer solchen Tat durch die Verbreitung im virtuellen Raum für die Betroffenen viel gravierender.

In der Analyse stimmt Buschmann den Innenministern zu. Cybermobbing könne Menschen extrem unter Druck setzen, ihre bürgerliche Existenz gefährden, zu Gesundheitsschäden oder noch Schlimmerem führen, sagte er. Zugleich betonte er: «Mir sind die Rufe der Innenminister nach Verschärfungen des Strafrechts aber etwas zu reflexhaft.» Denn der Rechtsstaat halte schon sehr viele Instrumente bereit, etwa im Strafgesetzbuch. «Da gibt es den Nachstellungsparagrafen, der auch auf Cybermobbing-Konstellationen anwendbar ist und bei einfacher Begehung eine Bestrafung mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ermöglicht - bei schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahre.» Solche Straftaten müssten vor allem konsequent ermittelt und zur Anklage gebracht werden. Hier könnten die Landesinnenminister durch entsprechendes Personal, Fortbildung und Sachmittel einen wichtigen Beitrag leisten.

Quick Freeze statt Vorratsdatenspeicherung

Zu weitgehend findet Buschmann die Wünsche von Bundesinnenministerin Faeser und ihrer Länderkollegen auch in Bezug auf die Speicherung von IP-Adressen. Sein Entwurf für das alternative Quick-Freeze-Verfahren sei fertig «und entspricht dem, was wir regierungsintern besprochen haben», sagte der Minister. Da die Sozialdemokratie weiter über die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen diskutieren und nachdenken wolle, habe sein Ministerium seinen Vorschlag entsprechend angepasst, um dies zu ermöglichen. Der Entwurf sei «überreif, um nun in die Ressortabstimmung zu gehen». 

Im April hatten sich Buschmann und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf das Quick-Freeze-Verfahren geeinigt. Dabei werden Daten erst dann gespeichert, wenn ein Verdacht auf eine Straftat erheblicher Bedeutung besteht. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu diesem Vorhaben dauert noch an. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Speicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden. Faeser tritt für eine neue rechtskonforme Regelung für eine anlasslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten der Telekommunikation ein - vor allem um den Kampf gegen Darstellungen von sexuellem Missbrauch an Kindern zu erleichtern.

© dpa ⁄ Anne-Beatrice Clasmann, dpa
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