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Karlspreis für Oberrabbiner Goldschmidt

Viele Staatsmänner haben den Karlspreis schon bekommen. Am Donnerstag wurde der Präsident der Europäischen Rabbiner-Konferenz geehrt. Er überraschte damit, dass er Spross einer Familie aus NRW ist.
Pinchas Goldschmidt
Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt ist mit dem Internationalen Karlspreis zu Aachen ausgezeichnet worden. © Henning Kaiser/dpa

Der Präsident der Europäischen Rabbiner-Konferenz, Pinchas Goldschmidt, hat in Aachen den Internationalen Karlspreis 2024 erhalten. Damit sei das Signal verbunden, «dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und in Europa kein Platz für Antisemitismus sein darf», erklärte das Karlspreis-Direktorium.

Der 60 Jahre alte Oberrabbiner wurde für sein Eintreten für europäische Werte, Verständigung und den interreligiösen Dialog geehrt. Zusammen mit Goldschmidt wurden die jüdischen Gemeinden in Europa ausgezeichnet. Der Karlspreis besteht aus einer Urkunde und einer Medaille und wird für Verdienste für die Verständigung in Europa verliehen.

Zeichen gegen Antisemitismus

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte in seiner Festrede, mit der Preisvergabe setze die Jury des Karlspreises ein Zeichen gegen Antisemitismus, der in diesen Jahren ausgeprägter als seit langem sei. Er würdigte den von Goldschmidt mitgetragenen interreligiösen Dialog auch zwischen Muslimen und Juden - Goldschmidt ist Mitgründer des europäischen Muslim-Jewish Leadership Council. Weiterer Redner war der albanische Regierungschef Edi Rama.

Der orthodoxe Rabbiner Goldschmidt wies in seiner Rede auf die Zunahme antisemitischer Straftaten hin. Er sagte, es werde viel geleistet, um Antisemitismus zu bekämpfen und den jüdischen Menschen Sicherheit zu geben. Doch was getan werde, reiche nicht. «Jüdische Menschen trauten sich nicht, als jüdisch erkennbar zu sein», sagte er eindringlich. Sie änderten ihre Namen bei Paket- und Lieferdiensten aus Angst vor Gewalt.

Die Schutzausstattung vieler Gemeinden benötige ein Update staatlicher Unterstützung überall in Europa. Die Anstrengungen zur Ermittlung und Verurteilung von Urhebern antijüdischer Straftaten sollten intensiviert werden, forderte er. Es gebe in Europa starke Analysen und Werkzeuge, um Antisemitismus zu bekämpfen. «Ich bitte sie, setzen sie sie um, konsequent, national, international», sagte er mit Nachdruck.

Jahrzehnte in Moskau

Der 60 Jahre alte jüdische Geistliche ist seit 2011 Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner, in der mehr als 700 Rabbiner vertreten sind. Der in Zürich geborene Rabbiner lebte mehr als 30 Jahre in Moskau. Nachdem er sich geweigert hatte, den russischen Angriff auf die Ukraine zu unterstützen, verließ er 2022 mit seiner Familie das Land.

Goldschmidt sagte, er wünsche sich mehr Solidarität mit dem jüdischen Staat. Auch er habe Probleme mit der heutigen israelischen Regierung, mit den «rechtsextremen Ministern». Mit Blick auf den Gaza-Krieg sagte er, die Hamas habe den Krieg begonnen und könnte ihn sofort beenden, indem sie die Geiseln freilasse und die Waffen strecke.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte auf der Plattform X anlässlich der Verleihung, die jüdischen Gemeinden hätten einen festen Platz in Europa und in Deutschland. Ihr Wirken müsse selbstverständlich sein. «Dass der Aachener Karlspreis an sie und Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt geht, ist ein wichtiges Zeichen für Toleranz und gegen Antisemitismus», erklärte der Kanzler.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte. Er hob die Konsequenz hervor, mit der Goldschmidt nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sein Amt als Oberrabbiner von Moskau niedergelegt und Russland den Rücken gekehrt habe. «Sie haben nie gezögert, Differenzen klar aufzuzeigen und für Ihre Haltung einzustehen», erklärte Steinmeier. Er sei dankbar, dass die Europäische Rabbinerkonferenz seit dem vergangenen Jahr ihren Sitz in München habe.

Wurzeln in Nordrhein-Westfalen

Der von seiner Familie begleitete Goldschmidt überraschte das Publikum in Aachen mit der Bemerkung, er sei Spross einer nordrhein-westfälischen Familie, die vor 250 Jahren in einem heutigen Ortsteil von Olsberg im Sauerland lebte. Er könne dort die Gräber seiner Vorfahren besuchen.

Mit dem Karlspreis wurden seit 1950 viele Staatsmänner und Persönlichkeiten geehrt, darunter Emmanuel Macron, Helmut Kohl, Tony Blair, Bill Clinton und Papst Franziskus. 2023 bekam der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Preis.

Am Rande der Verleihung gab es mehrere Demonstrationen. Bei einer Kundgebung wurde ein Transparent mit antisemitischem Inhalt gezeigt. Insgesamt seien die Veranstaltungen friedlich verlaufen, erklärte die Polizei.

© dpa
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