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Einig über Aufrüstung - und ein Abweichler bei Ukraine-Hilfe

Die EU will sich nicht mehr auf den Schutz der USA verlassen und startet bei ihrem Krisengipfel eine Aufrüstungsinitiative. Bei einem anderen Thema sorgt ein Freund Donald Trumps wieder für Ärger.
EU-Gipfel in Brüssel
EU-Gipfel in Brüssel
EU-Gipfel in Brüssel
EU-Sondergipfel in Brüssel

Als Reaktion auf den außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump will die EU massiv aufrüsten. In der Ukraine-Politik findet sie wegen eines einzelnen Trump-Freunds unter den 27 Staats- und Regierungschefs aber keine gemeinsame Linie: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban wollte sich beim EU-Krisengipfel in Brüssel einer gemeinsamen Erklärung zur anhaltenden Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes nicht anschließen. 

Die anderen 26 Mitgliedsstaaten bekräftigten daraufhin ohne ihn, dass sie die «Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen» weiterhin und uneingeschränkt unterstützen - inklusive Waffenlieferungen. Außerdem forderten sie für eine Beendigung des Krieges unter anderem glaubwürdige Sicherheitsgarantien und dass Friedensverhandlungen nicht ohne ukrainische oder europäische Vertreter stattfinden.

Bis zu 150 Milliarden Euro für Kredite

Weitreichender ist die Gipfelerklärung zu massiven Investitionen in die Streitkräfte. Damit will die EU den wachsenden Zweifeln gerecht werden, ob Europa noch auf den Schutz der USA zählen kann. Alle 27 Mitgliedstaaten stellten sich grundsätzlich hinter die Initiative der EU-Kommission, nach der bis zu 150 Milliarden Euro an EU-Krediten für Verteidigungsinvestitionen bereitgestellt und Ausnahmen in den EU-Schuldenregeln für Verteidigung ermöglicht werden sollen. 

Grundlage der Beratungen war ein Anfang der Woche von der EU-Kommission vorgestellter Plan mit dem Namen «ReArm Europe» (etwa: Europa wieder aufrüsten). Ziel ist es, insgesamt fast 800 Milliarden Euro zu mobilisieren. Unter anderem soll die Europäische Investitionsbank (EIB) ihre Regeln für die Kreditvergabe so ändern, dass mehr Investitionen in Rüstungsprojekte gefördert werden können. 

Von der Leyen wertet Gipfel als historisch

«Heute wird Geschichte geschrieben», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu den Ergebnissen. Man sei entschlossen, mehr, besser und gemeinsam schneller zu investieren. Bis zum nächsten Gipfeltreffen in zwei Wochen sollen detailliert ausformulierte Vorschläge der Kommission darlegen, wie die Beschlüsse rechtlich umgesetzt werden können. 

Selenskyj holt sich bei Europäern Rückendeckung

Zu dem Gipfel reiste auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an, der sich bei der EU für die bisher geleistete Hilfe bedankte. «Sie haben ein starkes Signal an das ukrainische Volk, an die ukrainischen Krieger, an die Zivilbevölkerung, an alle unsere Familien gesendet», sagte er. «Wir sind sehr dankbar, dass wir nicht allein sind. Das sind nicht nur Worte. Wir fühlen es.» Der zuletzt bei seinem Besuch im Weißen Haus von Trump und dessen Vize J.D. Vance öffentlich gedemütigte ukrainische Präsident wurde in Brüssel mit offenen Armen empfangen.

Macron will europäischen Nuklearschirm

Für Gesprächsstoff sorgte der französische Präsident Emmanuel Macron mit seinem erneuten Vorstoß für einen europäischen nuklearen Schutzschirm, der auf französischen Atomwaffen basiert. Er habe vorgeschlagen, ein strategisches Gespräch mit den Mitgliedstaaten zu eröffnen, die interessiert seien, in dieser Frage voranzukommen, sagte er nach dem Gipfel. «Einige meiner Kollegen sind zu mir gekommen.» Man werde jetzt einen Austausch auf technischer Ebene starten, anschließend solle es Gespräche auf Ebene der Staats- und Regierungschefs geben. In ein paar Monaten werde sich dann zeigen, ob neue Zusammenarbeit entstehen könnte.

Scholz will bei Nato-System bleiben

Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will allerdings am bisherigen Nato-Abschreckungssystem auf Basis der US-Atomwaffen festhalten. «Niemand plant, von der heutigen Situation wegzugehen, dass wir eine Vereinbarung in der Nato haben. Und das ist auch die gemeinsame Position aller relevanten Parteien in Deutschland», sagte er. «Ich glaube, das ist auch etwas, was realistisch ist, wenn man sich einmal die Größenordnung der Handlungsmöglichkeiten anschaut.»

Die USA haben im Vergleich zu den europäischen Atommächten Großbritannien und Frankreich ein weitaus größeres Nuklearwaffenarsenal. Expertenschätzungen zufolge haben sie noch etwa 100 Atombomben in Europa stationiert - einige davon auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Auch in Belgien, den Niederlanden, Italien und in der Türkei sollen noch US-Atombomben gelagert sein. Offizielle Angaben gibt es dazu nicht.

© dpa
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